Medicus 02 - Der Schamane
bevorstehenden Wahl zu erzählen. Er hatte beschlossen, sich um ein Staatsamt zu bewerben, und wollte sich zum Vertreter ihres Distrikts in der Legislative wählen lassen. Es wäre sehr hilfreich, sagte er allen Ernstes, wenn Doc Cole bei seinen Hausbesuchen die Leute auffordere, seinen guten Freund zu wählen.
Eine Veränderung
Zwei Wochen nach der Entfernung des großen Steins wollte Rob J. Sarah Bledsoe von dem kleineren Stein in ihrer Blase befreien, doch sie sträubte sich. In den ersten Tagen nach dem Eingriff hatte sie noch mehrmals mit dem Urin Kristalle ausgeschieden, manchmal unter Schmerzen. Doch seit die letzten Reste des zertrümmerten Steins ihre Blase verlassen hatten, war sie symptomfrei. Zum erstenmal seit dem Beginn ihrer Krankheit hatte sie keine lähmenden Schmerzen mehr, und ohne diese Krämpfe gewann sie auch die Kontrolle über ihren Körper zurück.
»Sie haben noch immer einen Stein in Ihrer Blase«, erinnerte er sie. »Ich will ihn nicht entfernen lassen. Er tut nicht weh.« Sie sah ihn trotzig an, senkte dann aber den Blick. »Ich habe jetzt mehr Angst als beim erstenmal.« Ihm fiel auf, dass sie bereits besser aussah. Ihrem Gesicht war zwar das lange Leiden noch immer anzusehen, doch sie hatte etwas mehr Fleisch auf die Wangen bekommen und wirkte nicht mehr so abgezehrt. »Der große Stein, den wir entfernt haben, war früher auch ein kleiner. Sie wachsen, Sarah«, sagte er sanft. Also stimmte sie zu. Wieder saß Makwa-ikwa bei ihr, während er den kleinen Stein, der nur etwa ein Viertel so groß war wie der andere, aus ihrer Blase entfernte. Sie hatte kaum Schmerzen, und danach überkam sie ein Gefühl des Triumphes.
Doch als diesmal nach der Operation das Fieber einsetzte, begann ihr Körper zu glühen. Er erkannte sehr früh die drohende Gefahr und verfluchte sich, weil er ihr den falschen Rat gegeben hatte. Noch vor Einbruch der Nacht bestätigte sich Sarahs angstvolle Vorahnung: Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte der kleinere Eingriff zu einer massiven Infektion geführt. Vier Nächte und fünf Tage lang hielten er und Makwa-ikwa Wache an Sarahs Bett, während in ihrem Körper ein verzweifelter Kampf wütete. Wenn Rob ihre Hände in die seinen nahm, spürte er das Schwinden ihrer Lebenskraft. Manchmal schien Makwa-ikwa etwas anzustarren, das gar nicht da war. Sie sang dann in ihrer Sprache und erklärte Rob J., sie bitte Panguk, den Dämon des Todes, diese Frau zu verschonen. Viel mehr konnten sie nicht tun für Sarah, außer sie mit feuchten Tüchern zu waschen, ihr Flüssigkeit einzuflößen und ihre gesprungenen Lippen mit Fett einzureihen. Eine Zeitlang wurde sie immer schwächer, doch am fünften Morgen - war es Panguk oder ihr eigener Geist, oder vielleicht der Weidenrindentee? - begann sie zu schwitzen. Ihre Nachthemden waren schneller durchnässt, als sie sie wechseln konnten. Nach einigen Stunden fiel sie in einen tiefen, erholsamen Schlaf, und als Rob J. am Nachmittag Sarahs Stirn berührte, fühlte die sich beinahe so kühl an wie seine eigene.
Makwa-ikwas Gesichtsausdruck veränderte sich kaum, doch inzwischen kannte er sie, und er glaubte zu erkennen, dass sie sich über seinen Vorschlag freute, auch wenn sie ihn zunächst nicht ernst nahm. »Mit dir arbeiten? Die ganze Zeit?«
Er nickte. Es schien ihm durchaus sinnvoll zu sein. Er hatte gesehen, dass sie wusste, wie ein Patient zu behandeln war, und sie hatte prompt getan, was er bei der Operation jeweils verlangte. Die Zusammenarbeit konne für beide von Vorteil sein, sagte er ihr. »Du kannst etwas von meiner Art der Medizin lernen, und mir kannst du so vieles beibringen über Pflanzen und Kräuter: wo sie helfen und wie man sie anwendet. Zum erstenmal sprachen sie im Buckboard darüber, nachdem sie Sarah heimgebracht hatten. Doch er drängte sie nicht. Er sagte nichts mehr und ließ sie darüber nachdenken.
Ein paar Tage später besuchte er das Sauk-Lager, und sie unterhielten sich bei einer Schüssel Haseneintopf noch einmal darüber. Am wenigsten gefiel ihr an seinem Angebot, dass er darauf bestand, sie müsse in der Nähe seiner Hütte leben, damit er sie in einem Notfall schnell erreichen könne.
»Ich muss bei meinen Leuten sein.«
Über den Sauk-Clan hatte er bereits nachgedacht. »Früher oder später beanspruchen die Weißen jedes Fleckchen Land, auf dem ihr euer Dorf oder euer Winterlager aufschlagen wollt. Es wird keinen Platz mehr für euch geben, außer in dem Reservat, aus dem ihr
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