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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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»Kann ich nicht sagen. Aber sie haben sich nicht gerade überschlagen vor Begeisterung.«
    »Ich glaube, die gehören nicht zu denen, die sich so leicht überschlagen. Das sind Leute, die denken«, sagte Gwen.
    Was die Geromes gesehen hatten, hatte ihnen immerhin so zugesagt, daß sie noch einmal kamen, diesmal zu einem viertägigen Besuch. R.J. hätte sie gerne bei sich untergebracht, aber aus dem Gästezimmer war inzwischen Davids Büro geworden. Überall im Zimmer lagen Kapitel seines Manuskripts verstreut, und er arbeitete fieberhaft am Abschluß des Romans. Gwen war noch nicht so komplett eingerichtet, daß sie Gäste beherbergen konnte, aber die Geromes fanden ein Zimmer mit Frühstück an der Main Street, nur zwei Häuserblocks von R.J.s Praxis entfernt, und so gaben sich diese und Gwen damit zufrieden, die Gäste jeden Abend zu bewirten.
    Insgeheim hoffte R.J. bereits, daß die Geromes in die Gegend ziehen würden. Die Ausbildung und Berufserfahrung der beiden war ideal, und sie stellten vernünftige, praxisorientierte Fragen, als R.J. mit ihnen über die lockere, HMO-ähnliche Ärztekooperative sprach, die sie mit Gwen im Hügelland aufbauen wollte. Die Geromes brachten die vier Tage damit zu, durch die Gegend zu fahren und mit Leuten in Rathäusern, Geschäften und Feuerwachen zu reden. Der Nachmittag des vierten Tages war kühl und bewölkt, aber R.J. machte trotzdem mit ihnen einen Spaziergang auf ihrem Waldpfad. Peter fand Gefallen am Catamount. »Sieht aus wie ein gutes Forellengewässer.«
    R.J. lächelte. »Ja, es ist ein sehr gutes.«
    »Dürfen wir darin fischen, wenn wir hierherziehen?«
    R.J. war hocherfreut »Aber natürlich.«
    »Na, damit ist die Sache wohl entschieden«, sagte Estie Gerome.
    Veränderung - nicht nur die jahreszeitliche - lag in der kühlen, bleigrauen Luft. Toby hatte zwar noch kaum zwei Drittel ihrer Schwangerschaft hinter sich, verließ aber R.J.s Praxis trotzdem. Sie hatte vor, sich einen Monat lang auf das Baby vorzubereiten und dann Dr. Gerome bei der Suche nach Praxisräumen und dem Aufbau der Praxis zu helfen.
    Danach sollte sie die Verwaltung der geplanten Ärztekooperative, der Hilltown Medical Cooperative, wie sie sie nennen wollten, übernehmen und für die Praxen von R.J., Peter und Gwen Rechnungsstellung, Einkauf und Buchhaltung erledigen.
    Toby selbst schlug ihre Nachfolgerin als R.J.s Sprechstundenhilfe vor, und R.J. stellte die Frau auch ein, da sie wußte, daß Toby ein feines Gespür für Menschen hatte. Mary Wüson hatte dem Gemeindeplanungsausschuß angehört, als R.J. dort die Genehmigungen für die Renovierung ihrer Praxis beantragt hatte. Mary versprach, eine sehr gute Sprechstundenhilfe abzugeben, aber R.J. wußte, daß ihr etwas fehlen würde, wenn sie Toby nicht mehr jeden Tag sah. Und um Tobys neuen Job zu feiern, luden R.J. und Gwen sie zum Abendessen in das Restaurant in Deerfield ein.
    Sie trafen sich nach der Arbeit. Toby wollte wegen ihrer Schwangerschaft keinen Alkohol trinken, aber die drei waren auch ohne Wein sehr schnell in bester Stimmung, und sie stießen mit Preiselbeersaft auf das Baby und den neuen Job an. R.J. empfand eine tiefe Zuneigung für beide Freundinnen, und sie amüsierte sich sehr gut.
    Auf der Heimfahrt begann es etwa auf halber Höhe des Woodfield Mountain zu regnen.
    Als R.J. Toby zu Hause abgesetzt hatte, goß es in Strömen, und R.J. fuhr langsam und starrte angestrengt an den Scheibenwischern vorbei auf die Straße.
    Sie hatte sich so aufs Fahren konzentriert, daß sie schon beinahe an Gregory Hintons Milchfarm vorbei war, als sie merkte, daß im Stall Licht brannte. Durch die offene Tür erspähte sie eine Gestalt auf einem Stuhl.
    Die Straße war glatt, und sie versuchte erst gar nicht zu bremsen. Sie ging nur vom Gas, und erst als sie den Feldweg, der zur Weide der Hintons führte, erreicht hatte, wendete sie und fuhr zurück. Gregory erhielt zu dieser Zeit eine Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie, er hatte seine Haare verloren und litt an den Nebenwirkungen der Behandlung. Es kann nicht schaden, wenn ich mal kurz guten Tag sage, dachte R.J. Sie fuhr bis vor die Stalltür, und er wandte sich ihr zu, als sie die Autotür zuschlug und durch den Regen rannte. In Overall und Arbeitsjacke saß er auf einem Klappstuhl vor einer der Boxen, die frische Glatze unter einer Kappe mit dem Logo einer Düngemittelfirma verborgen.
    »Puh, was für eine Nacht! Hallo, Greg, wie geht's?«
    »R.J. Ach, Sie wissen schon.«

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