Medicus 03 - Die Erben des Medicus
gerührt. Samantha hatte in ihrem Leben eine Reihe von Männern gehabt, aber sie war unverheiratet geblieben.
Auch wenn sie sich einen beneidenswerten Status als alleinstehende Frau geschaffen hatte, waren sie doch froh, daß sie nun jemanden gefunden hatte, mit dem sie das Leben teilen konnte.
»Laß mich raten!« sagte Gwen. »Ich wette, er ist auch Mediziner, ein Professor oder so was in der Richtung.«
R.J. schüttelte den Kopf. »Ich rate nicht Ich habe keine Ahnung. Erzähl uns von ihm, Sam!«
Doch Samantha schüttelte ebenfalls den Kopf. »Er wird's euch selber sagen. Er trifft sich mit uns zum Dessert.«
Dana Carter erwies sich als großer, weißhaariger Mann, ein fast zwanghafter Jogger, der vierzig Meilen pro Woche lief und so schlank war, daß er beinahe unterernährt wirkte. Er hatte kaffeebraune Haut und junge Augen.
»Ich bin nervös wie eine Katze«, gestand er ihnen. »Sam hat mir gesagt, daß das Treffen mit ihrer Familie in Arkansas nicht einfach sein würde, daß aber die wirkliche Hürde sein würde, vor Ihnen zu bestehen.» Er war Personalchef einer Versicherungsgesellschaft, ein Witwer mit einer erwachsenen Tochter, die im ersten Semester an der Brandeis University studierte. Er war lustig und herzlich und gewann Gwen und R.J. sofort für sich. Es war offensichtlich, daß er so verliebt war, um auch Samanthas engste Freundinnen zufriedenstellen zu können.
AIs er sich verabschiedete, war es mitten am Nachmittag, und auch danach war er noch eine ganze Stunde lang Gesprächsthema der drei Frauen. R.J. und Gwen erfuhren die Details seiner Biographie - geboren auf den Bahamas, aber aufgewachsen in Cleveland und versicherten Samantha, was für ein Glück sie habe und was für einen »verdammten Dusel« dieser Dana.
Sam sah sehr glücklich aus, als sie ihre Freundinnen durch das Medical Center führte, ihnen ihre Abteilung zeigte und die Unfallstation mit dem dazugehörigen Heliport. Sie führte sie auch durch die moderne Bibliothek mit ihrer Vielzahl aktuellster Neuerscheinungen, durch die Labors und die Hörsäle der Medical School. R.J. ertappte sich bei der Überlegung, ob sie Samantha um ihren Erfolg und ihre einflußreiche Stellung beneidete. Es war deutlich zu sehen, daß die glänzende Zukunft, die schon während des Studiums jeder dieser Ärztin prophezeit hatte, Wirklichkeit geworden war. R.J. bemerkte die Ehrerbietung, mit der die Leute im Medical Center Sam ansprachen, die beflissene Art, wie sie ihr zuhörten und sich beeilten, ihre Vorschläge auszuführen.
»Ich glaube«, sagte Samantha, »ihr zwei solltet hier bei uns arbeiten. Wir sind das einzige große Medical Center im Staat mit einer eigenen Abteilung für Allgemeinmedizin.«
»Wäre es nicht schön«, fügte sie ein wenig wehmütig hinzu, »wenn wir drei im selben Haus arbeiten und uns jeden Tag sehen könnten? Ich weiß, daß es für euch beide hier interessante Aufgaben geben würde.«
»Ich habe bereits eine interessante Aufgabe«, erwiderte R.J. spitz, denn sie hatte das Gefühl, ein wenig gönnerhaft behandelt zu werden, und es ärgerte sie, daß dauernd wohlmeinende Leute versuchten, ihr Leben zu ändern.
»Also hör mal!« sagte Samantha. »Was hast du denn da oben in den Hügeln, das du hier nicht haben kannst? Und erzähl mir jetzt bloß nichts von frischer Luft und Gemeinschaftsgeist! Auch hier haben wir gute Luft zum Atmen, und ich bin in meiner Umgebung so aktiv wie du in deiner. Ihr beide seid hervorragende Ärztinnen, und ihr solltet die Medizin von morgen mitgestalten. Hier in diesem Krankenhaus arbeiten wir an der vordersten Front der medizinischen Wissenschaft. Was könnt ihr als Ärztinnen da draußen auf dem Land tun, was ihr hier nicht tun könnt?«
Die beiden lächelten sie an und warteten, bis sie sich wieder beruhigt hatte. R.J. hatte wenig Lust auf eine Diskussion. »Ich arbeite lieber dort, wo ich jetzt bin«, sagte sie ruhig. »Und ich merke bereits, daß es mir dort in den Hügeln genauso gehen wird«, sagte Gwen.
»Wißt ihr was? Nehmt euch soviel Zeit, wie ihr braucht, um diese Frage zu beantworten«, sagte Samantha leichthin. »Und falls euch eine Antwort einfällt, dann laßt es mich wissen, okay, Dr. Cole, Dr. Gabler?«
R.J. lächelte sie an. »Es wird mir ein Vergnügen sein, dir diesen Gefallen zu erweisen, Professor Porter«, sagte sie.
Das erste, was R.J. sah, als sie am nächsten Morgen in ihre Auffahrt einbog, war ein Streifenwagen der Massachusetts State Police, der vor ihrer
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