Medicus 03 - Die Erben des Medicus
oder ein Fahrzeug registrierten. R.J. rief eine Firma an, die Sicherheitssysteme verkaufte, und dann brauchte der Spezialistentrupp einen ganzen Tag, um Vorrichtungen zu installieren, die Alarm gaben, sobald eine Außentür von einem Unbefugten geöffnet wurde, sowie Wärme - und Bewegungssensoren, die ebenfalls Alarm auslösten, falls es jemandem gelingen sollte, in das Haus einzudringen. Außerdem konnte das System innerhalb von Sekunden auch Polizei oder Feuerwehr alarmieren.
Eine knappe Woche nach der Installation dieser ganzen Elektronik hatte Barbara Eustis zwei Vollzeitärzte für die Klinik in Springfield gefunden, was bedeutete, daß R.J. nicht mehr gebraucht wurde.
Die Donnerstage standen ihr wieder zur Verfügung.
Schon nach wenigen Tagen ignorierten sie und David das Sicherheitssystem weitgehend. R.J. wußte, daß die Abtreibungsgegner kein Interesse mehr an ihr hatten, denn sie würden sehr schnell herausfinden, daß es zwei neue Ärzte gab, und sich auf diese konzentrieren. Obwohl sie jetzt wieder frei war, gab es Zeiten, in denen sie es einfach nicht glauben konnte. Sie hatte einen immer wiederkehrenden Alptraum, in dem David nicht zurückgekehrt oder vielleicht auch wieder verschwunden war, und in dem sie von jenen drei Männern verfolgt wurde. Wenn dieser Traum sie aus dem Schlaf riß, oder auch wenn das alte Haus im Wind ächzte, wie arthritische, betagte Gebäude das eben tun, dann streckte sie die Hand zu der Kontrolltafel neben dem Bett aus und drückte den Knopf, der den elektronischen Burggraben füllte und die Drachen auf Patrouille schickte. Verstohlen tastete sie dann unter der Bettdecke herum, um sich zu vergewissern, daß es wirklich nur ein Traum gewesen war - um sich zu versichern, daß David noch neben ihr lag.
Die Antwort auf eine Frage
In ihren Briefen an die medizinischen Leiter diverser Krankenhäuser hatte R.J. vor allem die wunderschöne Landschaft und die Jagd - und Angelmöglichkeiten in den Hügeln herausgestrichen. Sie hatte sich zwar keine Flut von Antworten erhofft, aber auch nicht damit gerechnet, daß alle ihre Briefe unbeantwortet bleiben würden.
Sie freute sich deshalb sehr, als eines Tages ein gewisser Peter Gerome anrief, der ihr erzählte, daß er seine Assistenzzeit absolviert habe und sich anschließend im University of Massachusetts Medical Center zum Allgemeinarzt habe ausbilden lassen. »Im Augenblick arbeite ich in einer Notaufnahme und sehe mich nebenbei nach einer Landpraxis um. Ob meine Frau und ich Sie wohl besuchen könnten?«
»Kommen Sie, sobald Sie können!« ermunterte ihn R.J. Noch am Telefon einigten sie sich auf einen Termin für seinen Besuch, und am selben Nachmittag schickte sie Dr. Gerome die Wegbeschreibung zu ihrer Praxis, wozu sie ihr jüngstes Zugeständnis an die moderne Technik benutzte, ein Faxgerät, das dazu diente, Nachrichten und Krankenberichte von Krankenhäusern und anderen Ärzten zu empfangen. Sie machte sich ihre Gedanken über den bevorstehenden Besuch. »Es ist wohl kaum zu erwarten, daß der einzige, der auf meine Briefe reagiert hat, auch gleich der geeignete Kandidat ist», sagte sie zu Gwen, und doch war ihr sehr daran gelegen, den Besuch möglichst attraktiv zu gestalten. »Wenigstens zeigt sich die Landschaft von ihrer schönsten Seite. Die Blätter fangen schon an, sich zu verfärben.«
Aber wie es manchmal im Herbst passiert, überzog am Tag vor der Ankunft des Ehepaares Gerome ein heftiger Regen New England. Die ganze Nacht über prasselten die Tropfen auf das Dach, und am nieseligen nächsten Morgen überraschte es R.J. nicht, daß fast alle bunten Blätter von den Bäumen gefallen waren.
Die Geromes waren liebenswürdige Leute. Peter Gerome war ein großer Teddybär von einem jungen Mann, mit rundem Gesicht, sanften, braunen Augen hinter dicken Brillengläsern und beinahe aschfarbenem Haar, das er sich beständig aus der Stirn schob. Seine Frau Estelle, die er als Estie vorstellte, eine gutaussehende, wenn auch leicht übergewichtige Brünette, war staatlich geprüfte Anästhesieschwester. Sie war vom Temperament her ihrem Gatten sehr ähnlich, und ihr ruhiges, freundliches Auftreten machte sie R.J. sofort sympathisch.
Die Geromes kamen an einem Donnerstag. R.J. brachte sie zuerst zu Gwen und fuhr dann mit ihnen durch das ganze westliche County und schließlich nach Greenfield und Northampton, um ihnen die Krankenhäuser zu zeigen.
»Und, wie ist's gelaufen?« fragte Gwen sie an diesem Abend am Telefon.
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