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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Euch lange genug im Palast ausgeruht und den Wanst vollgeschlagen.«
    Wortlos kämmten sie den Ratten die Flöhe aus und praktizierten sie in die dafür präparierten Behälter. Wolfhart fiel auf, dass sie nun alle mit einer doppelten Schicht Pergament ausgeschlagen und nicht höher als eine Elle waren.
    Der hinkende Lazaros hatte die Aufgabe, die Deckel mit Pech zu verschmieren, sodass es wirklich keinem Floh möglich wäre, vor dem Abnehmen des Deckels das Gefäß zu verlassen.
    »Wie geschaffen, um den Truppen des Sultans den Schwarzen Tod zu bringen«, fand Lazaros, als sämtliche Behälter fest verschlossen vor ihnen standen.
    »Wer soll denn diese Behälter auf die andere Seite bringen?«, fragte Wolfhart.
    »Das soll nicht unsere Sorge ein«, meinte Darenius. »Söldner, Gardisten, Mineure … Vielleicht gräbt man einen Tunnel, vielleicht spannt man sie in ein Katapult und schleudert sie über die Mauern. Es gibt viele Möglichkeiten.«
    Timon sah Wolfhart unterdessen aus den Augenlöchern seiner Schnabelmaske heraus an. »Dann hat der Meister dich also inzwischen eingeweiht«, stellte er fest. »Ich meine, was den Plan angeht, aus dem Schwarzen Tod ein Schwarzes Schwert zu machen.« Er kicherte. Der Vergleich schien ihm zu gefallen.
    »Ja, das hat er«, bestätigte Wolfhart.
    Sie wussten es alle!, dachte er. Und es schien ihnen nicht einmal einen zweifelnden Gedanken wert. Das mochte vielleicht daran liegen, dass Fausto Cagliari diese Menschen zu dienstbaren Geistern ohne freien Willen degradiert hatte. Er war derjenige, der das Wissen besaß, und ohne diesen genialen Medicus wären sie alle weniger als ein Nichts gewesen. Cagliari gab ihnen immerhin das Gefühl, eine Bedeutung zu haben und etwas wert zu sein. Sie hatten teil an einer großen Aufgabe. Wie es aussah, hatte er dieses Gefühl selbst in den schwachsinnigen Zwillingen erzeugt, die ansonsten kaum begriffen, was hier vor sich ging; sie waren wohl meistens schon froh darüber, wenn sie regelmäßig verpflegt wurden und man ihnen ab und zu das Vergnügen gönnte, Ratten zu quälen – ein Vergnügen, das sich nun bei Theofilos bitter gerächt hatte.
    Was Wolfhart am meisten wunderte, war, dass Darenius keinerlei Einwände gegen Cagliaris Pläne hatte und ihn die damit verbundenen Gefahren überhaupt nicht zu berühren schienen. Denn der war ganz gewiss fähig, die Folgen bedenken zu können.
    »Ich will offen sein«, sagte Darenius. »Meister Cagliari meinte, wir sollten Euch eine Weile vor der vollen Wahrheit verschonen, denn Ihr hättet ein weiches Herz, das zuerst noch etwas Abhärtung brauchte.«
    »So? Das hat er gesagt?«
    »Ihr scheint Eure Lektion gelernt zu haben. Ein Arzt sollte kein Mitleid kennen, sonst kann er seinen Beruf nicht ausüben.«
    Die Behältnisse mit den Flöhen wurden zunächst im Vorraum des Rattengewölbes abgestellt. Aber hier konnte nicht ihr Bestimmungsort sein, das hatte Wolfhart inzwischen herausgefunden. Immer wieder waren auch schon zuvor Behälter fortgebracht worden. Allerdings hatte es Cagliari bisher stets eingerichtet, dass Wolfhart nicht zugegen gewesen war.
    »Wohin bringt er all die Behälter?«, fragte Wolfhart an Darenius gewandt.
    Dessen Augen erwiderten durch die Sehschlitze seiner Schnabelmaske Wolfharts Blick. »Das weiß nicht einmal ich«, sagte Darenius. »Ihr könnt ja Theofanos fragen! Nur die Zwillinge haben dabei geholfen, die Behälter fortzubringen, die nicht für die Experimente benutzt worden sind. Unter Umständen ist es sogar viel besser, wenn wir nicht alles wissen, Wolfhart.«
    Fast eine Woche lang schien es so, als hätte der Beschuss der Theodosianischen Mauer nachgelassen. Die Einschläge waren nicht mehr so häufig und verstummten für einen halben Tag bis auf gelegentliche Schüsse völlig. Der Grund dafür lag jedoch wohl nur in einer kurzfristigen Knappheit an Geschossen, die dadurch entstanden war, dass die Kanoniere des Sultans im Laufe der Zeit immer besser mit ihren Geschützen umgehen und so ihre Schussfrequenz beschleunigen konnten. Mit dem Transport der Geschosse, also der großen Steine und Eisenkugeln, über die Straße zwischen Adrianopel und Konstantinopel war man dann schlichtweg nicht mehr nachgekommen.
    Ein paar Tage nachdem Wolfhart Maria besucht hatte, stand ein Trupp von dreißig Gardisten vor dem Tor des Kontors am Eutherios-Hafen. Ein Hauptmann verlangte lautstark Einlass. »Im Namen des Kaisers! Aufmachen, oder wir verschaffen uns gewaltsam Zutritt!«
    Michael,

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