Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
Vom Netzwerk:
goldenen, verschnörkelten B prangte an ihrer Brust. Dieses B glich in seiner Form bis in die letzte Windung der girlandenhaften Verzierung jenem B , das Wolfharts Lederkappe zierte. Eine Halskette mit einem goldenen Kruzifix war Ausdruck ihrer tiefen Gläubigkeit.
    Margarete Brookinger starrte ihren Sohn zunächst fassungslos an, doch bald löste sich die Anspannung in ihren Zügen, und sie breitete die Arme aus. »Wolfhart! Du bist zurück!«
    Im nächsten Moment nahm Wolfhart seine Mutter in die Arme. »Ich weiß, dass ich nicht gerade standesgemäß aussehe, und gewiss habt Ihr mich früher erwartet!«
    Margarete fasste ihren Sohn am Oberarm. »Das ist doch jetzt ganz gleichgültig!«, fand sie. »Du bist zurück, und das ist das Einzige, was zählt.« Ein Schatten fiel in ihr feingeschnittenes Gesicht. Die Augenbrauen waren ebenso ausrasiert worden wie der Haaransatz. Umso deutlicher war zu sehen, wie sich genau dort nun eine Falte bildete. Für einige Augenblicke blitzte all das Leid auf, das hinter ihr lag. Der Schmerz einer Mutter, die mehrere ihrer Kinder an den Schwarzen Tod verloren hatte, zeigte sich in aller Deutlichkeit. Wolfhart kannte diesen Ausdruck sehr gut, er war häufig in ihrem Antlitz sichtbar gewesen in der bitteren Zeit nach der ersten Epidemie. Der große Kummer über den Verlust ihres eigenen Fleisch und Bluts war damals noch frisch gewesen, und Wolfhart hatte sehr wohl gespürt, wie viel Kraft es seine Mutter gekostet hatte, ihn nicht allzu sehr zu zeigen. Mit der Zeit hatte sie das immer besser geschafft, und nur noch manchmal war in dem Tonfall ihrer Stimme eine unterschwellige Härte, die an Granit erinnerte.
    »Adam!«, rief sie laut und wandte sich an Joop von Großwörden. »Ich bitte Euch, holt meinen Mann!«
    Aber das war gar nicht mehr notwendig, denn gerade eben öffnete sich auf der anderen Seite des großen Zimmers knarrend eine Tür. Ein breitschultriger Mann, dessen Haar an den Schläfen bereits grau durchwirkt war, trat ein. Er trug ein Wams aus bestem dunklen englischen Tuch, das mit silbernen Knöpfen besetzt war. Ein weißer Fächerkragen bildete einen farblichen Kontrast und ließ den exakt begrenzten Spitzbart ein wenig dunkler erscheinen, als er in Wahrheit war. Die Augenbrauen waren kräftig, und der Blick der meergrünen Augen, die Wolfhart von seinem Vater geerbt hatte, drückte Entschlusskraft und einen sehr starken Willen aus – Eigenschaften, die Wolfhart stets nachgesagt worden waren und die sein Vater so lange an ihm geschätzt hatte, wie sie seinen eigenen Zielen und Plänen nicht in irgendeiner Weise zuwiderliefen.
    »Vater!«, stieß Wolfhart hervor.
    Er ging auf Adam Brookinger zu, und beide umarmten sich kurz. »Es ist schön, dass du wieder in Lübeck bist, mein Sohn! Es warten hier viele Aufgaben auf jemanden, der sich in den Rechten auskennt!«
    Wolfhart wollte etwas erwidern, doch er brachte nicht einen einzigen Ton hervor, weil ihm ein dicker Kloß im Hals saß. Hätte er jetzt etwa seinem Vater eröffnen können, dass er keineswegs vorhatte, länger in Lübeck zu bleiben, und dass er eigentlich nur gekommen war, um sich zu verabschieden – diesmal wohl für eine noch viel längere Zeit, vielleicht sogar für immer?
    Adam Brookinger sah an seinem Sohn herab und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du wirst müde und hungrig sein! Und was du am Leib trägst, ist auch nicht gerade die Gewandung, wie sie einem Brookinger in Lübeck geziemt!«
    »Vater …«
    »Joop, lass ein Bad herrichten und ein paar Gewänder heraussuchen, die ihm passen könnten. Außerdem soll mein Sohn an Speise und Trank alles bekommen, was sein Magen verlangt!«
    »Jawohl, Herr«, sagte Joop von Großwörden und verneigte sich dabei leicht.
    »Macht um meinetwillen keine Umstände!«, versuchte Wolfhart, die Bemühungen seines Vaters etwas einzuschränken.
    »Umstände? Da bist du endlich zurückgekehrt, wo ich schon kaum noch Hoffnung hatte, dass dein Wissensdurst jemals gestillt sein könnte, und da soll ich keine Umstände machen? Sei nicht albern, mein Junge! Ich bin froh, dass du wieder hier bist, und deine Mutter ist es auch.«
    »Nach drei Jahren hatten wir dich zurückerwartet – und es sind insgesamt sieben geworden!«, stellte Margarete Brookinger fest. »Doch ich will dir keine Vorhaltungen machen. Wie Adam schon gesagt hat, es ist wunderbar, dass du wieder bei uns bist. Die Verpflichtungen, die dein Vater als Ältermann hat, nehmen doch viel mehr von seiner Zeit

Weitere Kostenlose Bücher