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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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genau diesen Moment, in dem er seinem Vater erklären musste, dass der Plan, den er für sein Leben hatte, vollkommen im Gegensatz zu dem stand, was seine Eltern sich von ihm wünschten, immer wieder vorzustellen. Er hatte in Dutzenden von Nächten davon geträumt – seit dem Zeitpunkt, da sein Entschluss gefallen war und er erkannt hatte, dass seine Bestimmung nicht darin lag, mit einem Abakus die Preise von Stockfisch, Bier, Wein und Zucker zusammenzurechnen, seine Tage damit zu verbringen, gute Geschäfte zu machen, und die Nächte damit, sie in doppelter Buchführung festzuhalten, damit man einen ständigen Überblick über Einnahmen und Ausgaben hatte.
    »Ich habe in Erfurt die Rechtslehre studiert, so wie Ihr es mir ermöglicht habt, Vater. Dafür bin ich Euch sehr dankbar.«
    »Was spricht dann dagegen, dass du dein Talent nun im Sinne unseres Hauses einsetzt?«
    »Mein Durst nach Wissen war mit diesem Studium noch nicht befriedigt. Ich wollte mehr – mehr Erkenntnis und den Dingen auf den Grund gehen. Nicht nur den Gesetzen der Menschen, sondern auch denen Gottes und der Natur!«
    »Ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinauswillst, mein Sohn!«
    »Ich bin bei Ärzten in die Lehre gegangen und habe neben meinem Studium der Rechtslehre auch die Heilkunde zu verstehen versucht, sodass ich inzwischen ein passabler Arzt geworden bin und sogar in der Lage wäre, eine Apotheke zu betreiben!«
    »Du weißt, dass ich immer auch mit Arzneien gehandelt habe, die uns aus den Ländern der Araber erreichen, Wolfhart. Den Zucker müsste ich eigentlich dazurechnen, denn es ist noch gar nicht so lange her, dass man ihn nur in Apotheken kaufen konnte. Aber das ist vorbei! Nicht einmal Venedig hat sein Zuckermonopol aufrechterhalten können.«
    »Vater! Ich werde kein Krämer! Ich werde niemals jemand sein, der mit irgendetwas Handel treibt, und wenn es noch so viel Gewinn verspricht!«
    »Wie kannst du so etwas sagen!« Adam Brookinger wich einen Schritt vor seinem Sohn zurück und schüttelte fassungslos den Kopf. Er schien sich noch immer regelrecht zu weigern, Wolfharts Worte zur Kenntnis zu nehmen.
    »Ich will ein Pestarzt werden und dem Geheimnis auf die Spur kommen, das den Schwarzen Tod bis heute umgibt. Ich will ein Mittel gegen dieses Leid finden, das die Menschen in allen bekannten Ländern immer wieder in so abgrundtiefe Verzweiflung stößt.«
    Als er wahrnahm, dass sein Vater den Kopf zur Seite drehte und sich damit deutlich von ihm abwandte, sah Wolfhart zu seiner Mutter, die beide Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Langsam rutschten diese Hände nun herab, sodass ihr entsetzter Blick sichtbar wurde.
    »Jeder, der etwas Verstand hat, nimmt vor der Pest Reißaus und flieht, so weit er kann! Du willst dich ihr entgegenwerfen, wie es ein Wahnsinniger tun mag, der sich mutwillig ins Meer stürzt?«
    »Mutter!«
    »Jeder, der mit der Pest zu tun hat, zieht das Unheil auf sich. Kaum ein Priester, der seine Aufgaben noch ernst nimmt und den Sterbenden die Sterbesakramente gibt, überlebt, und selbst von den Pestknechten, die die Leichen fortschaffen, bezahlen viele ihren Einsatz mit dem Leben!«
    Adam Brookinger konnte das nur bestätigen. »Beim letzten Ausbruch der Epidemie war es kaum noch möglich, genug Knechte für diesen Dienst zu gewinnen. Der Rat musste sie in weit entfernten mecklenburgischen Dörfern anheuern und ihnen so viel Silber dafür zahlen, dass jeder von ihnen mehr verdiente als der Kommandant der Stadtwache oder so mancher Kapitän für eine erfolgreiche Bergen-Fahrt!«
    Margarete Brookinger ging auf ihren Sohn zu, und noch ehe der weitgereiste Rückkehrer auch nur ein einziges Wort entgegnen konnte, hatte sie ihn an den Oberarmen gefasst und redete weiter geradezu beschwörend auf ihn ein. »Wie kommt es, dass du etwas freiwillig tun willst, wozu man selbst diese ungebildeten Einfaltspinsel vom Lande kaum noch mit viel Silber überreden kann? Sei doch kein Narr, Wolfhart, und verschwende dein Leben nicht!«
    »Mein Leben wäre nicht verschwendet!«, erwiderte Wolfhart.
    Aber Margarete ließ ihrem Sohn kaum Gelegenheit dazu, seine Gedanken auszuführen. »Habe ich nicht schon genug Kinder durch die Seuche verloren? Martin ist mir geblieben – und du! Agnes ist nicht mehr dieselbe, seit der Dämon der Pestilenz in sie gefahren ist, und manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich denke, der Herr wäre barmherziger gewesen, wenn er sie damals zu sich genommen hätte, anstatt nur ihre Seele

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