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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Speisung als Zeichen mildtätiger Barmherzigkeit, das sich immer weniger Adelige noch leisten konnten, die von den Erträgen ihrer Landgüter lebten, hatte sich längst auch unter den angesehenen Kaufmannsfamilien in den Städten verbreitet. Die hohen Herrschaften zeigten, was sie hatten, und teilten zumindest einen Bruchteil davon mit den Mittellosen. Schließlich wusste niemand, ob es dem Herrn nicht gefiele, ein weiteres Mal den Schwarzen Tod zurückkehren zu lassen, und wer dann darauf verweisen konnte, in der Vergangenheit selbst gnädig mit anderen gewesen zu sein, könnte womöglich eher auf die Gnade Gottes hoffen. Zumindest war das eine stille Hoffnung, die viele hegten, und Wolfhart erinnerte sich noch gut daran, wie seine Mutter die Durchführung solcher Armenspeisungen ihm gegenüber einst genau auf diese Weise begründet hatte. Denn wenngleich sie es vermied, dies nach außen allzu häufig sichtbar werden zu lassen, so war doch Margarete Brookinger zutiefst von dem Erlebnis jener Schrecken geprägt, die der Schwarze Tod für sie und ihre ganze Familie mit sich gebracht hatte.
    Während es im Hof lärmend zuging, speiste man im großen Zimmer weitaus gesitteter. Es gab nicht wenige unter den Gästen, die es bereits vorzogen, das Fleisch mit dafür hergestellten Werkzeugen zum Mund zu führen und dies nicht einfach praktischerweise mit den Händen zu tun.
    Wein wurde gereicht. Adam Brookinger erhob sich von der Tafel, um die Rückkehr seines Sohnes zu verkünden. »Mein Sohn ist nach langen Lehrjahren zurückgekehrt, und ich hoffe, dass dieses Haus und alle von den Fähigkeiten profitieren werden, die er in der Fremde erworben hat!«
    Wolfhart hatte inzwischen ein Bad hinter sich. Sein Bart war zurechtgestutzt, und er saß in Kleidern da, die ihm zwar eine Nuance zu groß waren, da sie von seinem Vater stammten und er noch nicht dessen breite Schultern besaß, sein Aufzug war jedoch eines lübischen Kaufmannssohnes auf jeden Fall würdig.
    Man hatte Wolfhart neben seinen Vater gesetzt – dorthin, wo in den letzten Jahren wohl der Platz des jungen Martin gewesen war, der jetzt einen Stuhl weiter hatte rücken müssen. Seit seiner Rückkehr war kaum Gelegenheit für Wolfhart gewesen, mit seinem jüngeren Bruder zu sprechen, welcher erst kurz vor Beginn des Banketts von seinem Unterricht in der Lateinschule zurückgekehrt war. Die Begrüßung war merklich verhalten ausgefallen, so als gäbe Martin seiner nicht ganz unberechtigten Befürchtung Ausdruck, dass Wolfhart in Zukunft wieder die Rolle einnehmen würde, für die er als Älterer eigentlich bestimmt zu sein schien.
    »Die Lehrer an der Lateinschule reden immer noch von dir und davon, wie verständig du warst!«, sagte Martin.
    »Und wie geht es dir beim Lernen?«
    Martin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Frag mich nicht! Ich werde wohl kaum so lange auf der Schule sein wie du! Wer Geld genug hat, kann sich einen Schreiber leisten und braucht nicht selbst imstande zu sein, formvollendete Buchstaben zu Papier zu bringen!«
    »Doch wer sich beim Rechnen auf andere verlässt, wird schnell übers Ohr gehauen!«, gab Wolfhart zu bedenken.
    Martin lachte. »Ja, das mag sein. Aber so gut bekomme ich es dann doch hin! Vater sagt immer, dass es auch seinen Vorteil hat, dass ich nicht so klug bin wie du.«
    »So?«
    »Ja – denn somit bestünde nicht die Gefahr, dass es mich zu den Magistern an die Universität zieht, anstatt damit zufrieden zu sein, hier als ehrlicher Kaufmann dem Namen des Hauses Brookinger alle Ehre zu machen!«
    »Aus seiner Sicht mag er wohl Recht haben.«
    »Bleibst du denn nun hier in Lübeck?«
    »Nein. Ich werde die Stadt schon sehr bald wieder verlassen. Und wer weiß, ob es je wieder einen Weg zurück gibt …«
    Wolfhart erzählte Martin von seinem Plan, nach Konstantinopel zu ziehen und bei Meister Cagliari zu lernen. »Magister Munsonius in Erfurt war vor langer Zeit einmal in dieser Stadt, deren goldene Kuppeln man schon von Weitem sehen kann und deren Bibliotheken noch größer sind als bei uns die Kornspeicher, so viele Bücher von berühmten Weisen beherbergen sie – von Griechen, Arabern, Persern und mag der Herr wissen, woher sie noch alle stammten. Selbst wenn Meister Cagliari nicht bereit wäre, mein Anliegen auch nur anzuhören und wenigstens einen Blick auf mein Empfehlungsschreiben zu werfen, so würde doch allein schon der Besuch einer dieser mit Büchern gefüllten Hallen den Besuch lohnen.«
    »Dir scheint

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