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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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vermochte.
    Ein Mann, der viel herumgekommen ist in seinem Leben, kam es Wolfhart in den Sinn. Das musste des Rätsels Lösung sein! Vielleicht war dieser geheimnisvolle Flüchtling ein Vagabund, der von Ort zu Ort zog und überall, wo er auftauchte, früher oder später mit den Gesetzen und der Obrigkeit in Konflikt geriet oder der einem schändlichen Gewerbe nachging, das nirgends geduldet wurde.
    Wenn er ein Dieb war, so musste er immerhin ein Dieb mit Talent sein, denn wenn er bereits irgendwo erwischt worden wäre, hätte man ihn wohl kaum ohne eine Brandmarkung davonkommen lassen. Eine durchstochene Wange, ein geschlitztes Ohr – das waren die an vielen Orten üblichen Zeichen, mit denen Diebe kenntlich gemacht wurden, sodass jeder gewarnt war, der fürderhin mit ihnen Umgang hatte.
    Doch Wolfhart hatte keinerlei Brandmarkung an dem Bärtigen entdecken können. Eine solche zu verbergen wäre für ihn so gut wie unmöglich: Sein Haupthaar war ja dünn und außerdem der Haaransatz bereits so stark zurückgegangen, dass er seine Ohren nur mit einer Mütze hätte bedecken können. Was seinen Bart betraf, so war er zwar dicht, aber keineswegs dicht genug, um eine durchstochene Wange verbergen zu können. Wenn er also ein Dieb war, dann einer, der nie vor einem Gericht gestanden hatte.
    Wolfhart dachte an die Kanonenschläge, die er gehört hatte, und fragte sich, ob sie in irgendeinem Zusammenhang mit der Flucht dieses Mannes zu tun hatten. Dass man von der Prager Mauer aus auf einen flüchtigen Reiter mit einem schweren Geschütz geschossen hatte, war wohl auszuschließen. Kein Kanonier und kein Kommandant einer Stadtwache konnte so dumm sein zu glauben, auf diese Weise zum Erfolg zu kommen.
    Wolfhart hatte sich gerade dazu entschlossen, auf eigene Faust weiterzuziehen und das fremde Pferd loszubinden und freizulassen, damit es nicht verreckte, da tauchte der Bärtige wieder auf.
    Er hatte offensichtlich gute Laune, denn ein breites Lächeln stand in seinem Gesicht, und er wirkte so entspannt und heiter, wie Wolfhart ihn noch nie zuvor während ihrer kurzen Bekanntschaft erlebt hatte.
    »Ich habe sie gesehen!«, meinte er mit einem triumphierenden Blick. »Die berittenen Waffenknechte! Fast zwei Dutzend sind es, aber sie sind in die falsche Richtung gezogen und offenbar auf meine Finte hereingefallen!«
    Er sprach jetzt ganz und gar nicht mehr im Flüsterton. Offenbar waren die Verfolger tatsächlich weit genug entfernt, um den Flüchtling glauben zu lassen, dass er zumindest fürs Erste nichts mehr von ihnen zu befürchten hätte.
    »Ja, du scheinst ein Meister der Täuschung zu sein«, lobte ihn Wolfhart, um ihn eventuell ein wenig aus der Reserve zu locken.
    »Wir bleiben noch einige Zeit hier und machen uns erst später wieder auf den Weg«, sagte der Bärtige in einem Tonfall, als wäre das beschlossene Sache, ging jedoch auf Wolfharts Bemerkung nicht ein.
    »Anscheinend kannst du nicht nur einen flüchtigen Vagabunden, sondern auch einen befehlsgewohnten Herrscher überzeugend darstellen, sodass man ihn dir fast glauben könnte!«, bohrte Wolfhart weiter nach.
    »Du hältst mich für einen Dieb?«
    »Oder für einen Betrüger oder Falschwäger oder meinetwegen auch für jemanden, der Fleisch so lange würzt, bis man nicht mehr schmeckt, dass es längst verdorben ist!«
    Wolfhart musterte kurz sein Gegenüber. »Nein, ich nehme an, dass du mit Gold überzogene Eisenringe angefertigt hast, um sie zu einem Preis zu verkaufen, den eigentlich nur reines Gold einbringen kann!«
    »Wie kommst du denn auf so einen Unsinn!«
    »Feuerflug, Schmiedehandwerk – irgendetwas mit Metall muss es sein, was du machst. Die Statur für einen Schmied bringst du jedenfalls mit. Oder …« Wolfhart schüttelte den Kopf. Der Gedanke war zu fantastisch, aber angesichts der Kanonenschläge, die im ganzen Umland deutlich zu hören gewesen waren, ergab das einen Sinn. »Bist du vielleicht jemand, der schlecht gemischtes Schwarzpulver verkauft hat, was dann ein verhängnisvolles Feuerwerk nach sich zog? Na? Heraus damit!«
    Der Bärtige lächelte in sich hinein. In seinen Augen blitzte es.
    »Auf jeden Fall bist du ein aufmerksamer Beobachter – und mit deiner Vermutung gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, auch wenn sie sich gänzlich anders darstellt, als du denkst.«
    »Ach, ja? Welche Lügenmär willst du mir denn jetzt auftischen?«, fragte Wolfhart ziemlich ungehalten.
    »Zunächst einmal muss ich mich in aller Form bei

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