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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Furie.
    »Sie hat bereits Fieber!«, konstatierte der fremde Schatten mit einer schier übermenschlichen Ruhe. »Wenn es deine Absicht ist, sie zu töten, brauchst du nur abzuwarten. Den übernächsten Tag wird sie kaum überleben. Also lauf um dein Leben, gezeichneter Sünder, auf dass der üble Hauch des Bösen keinen Gefallen an dir finde und dich nicht verfolge, um auch dich zu zerfressen!«
    Der Mann ohne Nase schluckte schwer. Auf seiner Stirn sah man jetzt ebenso Schweißperlen im Mondlicht glänzen. Die Augen traten flackernd vor Angst aus ihren Höhlen hervor, und sein Atem rasselte pfeifend durch das Loch mitten in seinem Gesicht. Einen Moment zögerte er noch, dann lief auch er davon, so schnell ihn seine Füße trugen. Die Klinge, die er an sich genommen hatte, ließ er fallen, so als wäre ihr Griff plötzlich glühend heiß geworden. Es dauerte nur Augenblicke, bis er in den dunklen Schatten einer Gasse verschwunden war.
    Maria stand kurz wie versteinert da und sah ihm nach. Sie konnte noch nicht glauben, dass all die finsteren Gestalten, die gerade noch versucht hatten, sie zu töten, nun das Weite gesucht hatten. Deutlich spürte sie ihren Herzschlag an ihrem Hals und hinter ihren Schläfen hämmern. Eine Vielzahl von Gedanken schwirrte jetzt durch ihren Kopf. Cherubim – der Klang dieses Wortes gehörte ebenso dazu wie die Frage, weshalb es diese Menschen so sehr darauf abgesehen hatten, sie und Davide zu töten. Selbst Geld hatte sie davon nicht abhalten können. Maria konnte sich darauf keinen rechten Reim machen. Sie ließ das Schwert sinken. Solange der Mann ohne Nase sie bedroht hatte, hatte sie gar nicht gespürt, wie schwer diese Waffe war.
    Sie drehte sich um. »Davide«, murmelte sie. Dann sah sie dem Schatten entgegen, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und nur mit seinen Worten die Angreifer vertrieben hatte.
    Der fremde Retter trat näher. Endlich fiel das Mondlicht auf ihn. Als er die Kapuze seines Umhangs zurückschlug, kam darunter eine Lederkappe zum Vorschein, die schon ziemlich abgetragen war und manchem Wolkenbruch widerstanden hatte.
    Sein Gesicht wirkte freundlich. Das Kinn sprang ein wenig vor. Vor allem schien er viel jünger zu sein, als Maria bei dem autoritätsgewohnten Tonfall in seiner Stimme zunächst vermutet hatte.
    Er trat an den reglos daliegenden Davide heran, beugte sich über ihn und betastete ihn an Hals und Brust. »Er lebt noch! Dem Herrn sei Dank!«, stellte er zur Freude von Maria fest.
    »Ihr seid wirklich Arzt?«, fragte sie.
    »Ich habe mich bemüht, die Heilkunst zu erlernen«, erwiderte der Fremde.
    Viel älter als sie selbst konnte er nicht sein. Ein junger Mann, der zwar in abgetragener Kleidung lief, jedoch einen gewissen Stolz und Vornehmheit ausstrahlte.
    »Könnt Ihr etwas für Davide tun?«, fragte sie.
    »Zunächst einmal müsst Ihr beide hier fort! Die Furcht dieser Diebesbande vor dem Pestdämon wird nicht ewig anhalten. Wir dürfen keinesfalls so lange warten, bis sie es sich anders überlegen und ihre Beute doch noch einfangen wollen.«
    Der Fremde blickte auf und rief etwas in die Dunkelheit auf der anderen Straßenseite hinein. Dabei benutzte er eine Sprache, die für Marias Ohren äußerst barbarisch klang. In Genua hatte sie diese Redeweise einmal auf dem Markt gehört, und ihr Vater, der sie damals begleitete, meinte, dass man so in den Gebieten nördlich der Alpen sprechen würde.
    Jedenfalls kam daraufhin ein zweiter, etwas älterer Mann mit einem dunklen Bart aus der Finsternis hervor. Er führte zwei Pferde am Zügel.
    Die beiden Männer sprachen miteinander, ohne dass Maria auch nur ein einziges Wort davon verstand.
    Zwischenzeitlich rührte sich Davide wieder. Aus einer Wunde am Kopf sickerte nach wie vor etwas Blut.
    Der junge Mann griff unter seinen Umhang. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Maria dort ein Langmesser am Gürtel sehen. Er holte von dort einen ledernen Beutel hervor, griff hinein und steckte dem noch immer nicht richtig zu Bewusstsein gekommenen Davide irgendetwas in die Nase.
    »Was tut Ihr da?« Maria war plötzlich verunsichert, was die guten Absichten des Retters betraf.
    »Das ist ein Riechsalz, dessen Wirkung sich schon oft bewährt hat!«
    Der junge Mann steckte den Beutel wieder weg, nachdem er ihn sorgfältig verschlossen hatte. Dann tätschelte er dem benommenen Levantiner kräftig die Wangen. »Aufwachen, wenn Ihr überhaupt noch einmal zu Sinnen kommen wollt!« Er packte Davide bei den

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