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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Wege bestimmt worden.«
    »Wie gesagt, ich habe immer die Hoffnung, dass Menschen ihre Entscheidungen noch einmal überdenken.« Forlanus wandte den Blick an Maria, und es war überdeutlich, dass sich seine Worte auch auf sie bezogen.
    Niemand durfte eine Waffe mit in den Gottesdienst nehmen. Deshalb gab auch Thomás sein Schwert an einen der im Dienst des Hauses di Lorenzo stehenden Männer ab. Wolfhart hatte sein Langmesser gar nicht erst mitgenommen, zumal es ihn sowieso als von niederem Stand gekennzeichnet hätte.
    Ihm war das Erstaunen über die Gewaltigkeit des Bauwerks anzusehen. Auch wenn die Hagia Sophia für jeden, der sich der Stadt von Weitem näherte, mit ihrer gewaltigen, im Sonnenlicht glänzenden und all die Gemäuer weit überragenden Kuppel einfach nicht zu übersehen war, so war es noch einmal ein ganz anderer Eindruck, dieses Gebäude auch tatsächlich zu betreten.
    Maria trat auf ihn zu. Im ersten Moment war sie etwas verlegen, aber der offene, freundliche Blick, mit dem er ihr begegnete, wischte dieses Empfinden schnell fort.
    »Sobald ich Fausto Cagliari sehe, werde ich Euch Bescheid sagen und ihn Euch zeigen«, versprach Maria und lächelte ihm zu. »Dann müsst Ihr Euer Glück selbst versuchen.«
    »Ich danke Euch.«
    »Das könnt Ihr hinterher, wenn er Euch nicht gleich zurückgewiesen hat, was mich nicht sonderlich wundern würde. Er machte auf mich immer einen sehr abweisenden Eindruck. Aber davon sollt Ihr Euch nicht beeinflussen lassen.«
    Die Gruppe trat durch das Portal. Säulengänge umschlossen den eigentlichen, von der gewaltigen Kuppel überspannten Raum der Kathedrale. Licht fiel durch eine Vielzahl von kleinen Fenstern. Man konnte meinen, dass hier die Großartigkeit der Schöpfung in Stein verewigt worden war. So wie die große Kuppel sich über die Hagia Sophia spannte, so hatte Gott während der Schöpfung den Himmel aufgespannt und die Wasser über und unter dem Horizont getrennt. Maria war schon viele Male hier gewesen, und doch erschauderte auch sie jedes Mal aufs Neue. Schlimmste Erdbeben hatte dieser Bau unbeschadet überstanden, während die Vorgängerin dieser Kathedrale noch zu Kaiser Justinians Zeiten bei einer solchen Gelegenheit in sich zusammengebrochen war. Ihre Kuppel war zum Todesgrab der Gläubigen geworden. Niemand kannte das Geheimnis, das dem wiedererrichteten Gotteshaus innewohnte und sich von jenem untergegangenen ersten steinernen Sinnbild des Glaubens unterschied.
    Tatsache war aber, dass die Hagia Sophia seitdem jeder Erschütterung standgehalten hatte – und derer gab es nicht wenige in Konstantinopel. Immer wieder bebte es. Eines dieser Beben gehörte zu einer der frühesten Erinnerungen in Marias Leben. Sie fühlte immer noch die Furcht von damals, wenn sie nur daran dachte. Vier Jahre war sie alt gewesen. Manchmal träumte sie noch davon, wie ihr Vater sie auf den Arm genommen hatte und mit ihr aus dem Haus geeilt war, in dem sie ihm zuvor dabei zugesehen hatte, wie er Waren überprüfte. Die Schreie und erregten Rufe von heiseren Männerstimmen klangen ihr bis heute im Ohr. Und kurz nachdem Maria und ihr Vater das Freie erreicht hatten, war das Lagerhaus in sich zusammengebrochen. Die Erde hatte so stark gebebt, dass ihr Vater das Gleichgewicht verloren hatte und mit ihr zu Boden gestürzt war. Aber mehr als einen aufgeschrammten Ellbogen und ein zerrissenes Kleid hatte sie seinerzeit nicht davongetragen.
    Sie gingen zu den Plätzen, die dem Haus di Lorenzo zugewiesen waren. Ihr Blick streifte die mit Ikonen versehenen Wände entlang. So viele Bilder, die so wahrhaftig wirkten, dass man stets dachte, sie müssten jeden Augenblick anfangen, sich zu bewegen.
    Die Galerie des Kaisers war noch leer. Dort würde der Herrscher der Rhomäer später erscheinen und sich – wenn auch aus großer Distanz und von oben herab – dem Volk zeigen.
    Es gab einen unterirdischen Gang, der vom Kaiserpalast in die Hagia Sophia führte und im Aufgang zur Kaisergalerie mündete. Der Herrscher der Rhomäer konnte auf diese Weise vollkommen unbehelligt geradewegs vom Palast in die Kirche gelangen – ein Umstand, den schon zahllose Attentäter verflucht hatten und dem umgekehrt viele Kaiser ein etwas längeres Leben verdankten.
    Maria hatte Wolfhart zur Rechten und Davide zur Linken. Urban Kanonengießer saß ganz außen.
    Jakob Forlanus hätte zweifellos gerne neben ihr Platz genommen, doch das hatte sich nicht ergeben. Neben Forlanus saß Marco, der wohl den

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