Medienmuendig
könnte ja krank werden. Kartoffeln aus der Glut holen? Zu heiß, das Kind könnte sich ja verbrennen. Sich im Kampf mit Gleichstarken messen? Zu ungewiss, es könnte ja verlieren und ein blaues Auge davontragen.
So denken leider immer mehr Eltern. Zu viel Angst und Vorsicht verhindern aber, dass Kinder im Leben richtig Fuß fassen. Dies soll natürlich kein Plädoyer für Sorglosigkeit sein, sondern nur dafür, den Kindern wieder mehr echtes Leben zu ermöglichen und darin auch mehr Abenteuer zuzutrauen.
TEIL 2
Was Erwachsene über Medien wissen sollten
KAPITEL 6
Generation Bildschirmkartoffel? Mediennutzung und Medienausstattung
Ferngesteuerte Kindheit? – Elektronische Medien in Haushalt und Kinderzimmer
Wie sind Kinderzimmer heute ausgestattet? Vor nicht allzu langer Zeit hätte man sich die vielen Balkendiagramme, die Sie auf den nächsten Seiten finden, einfach sparen können. Wenn wir nur drei Generationen zurückschauen, dann bekam man auf die Frage nach elektronischen Geräten in den Kinderzimmern eine kurze Antwort: Keine. Die durchschnittliche Anzahl an Betten im Zimmer war viel höher, weil sich meist mehrere Kinder ein Zimmer teilten, aber die Ausstattung mit elektronischen Medien war, vielleicht bis auf ein Radio, fast immer bei null.
Heute gibt es viel weniger Kinderbetten, oft nur ein einziges, aber sehr viel mehr elektronische Geräte. Die nun folgenden Daten haben schon oft auf Vorträgen zu spontanen Seufzern, ungläubigem Staunen oder Entrüstung geführt (Ist es wirklich schon so schlimm?). Ich möchte aber durch Aufklärung nicht Mutlosigkeit erzeugen, sondern lediglich verdeutlichen, wie groß der Handlungsbedarf angesichts der Schwere des Problems ist. Außerdem werde ich gleich nach den Diagrammen über die statistische Norm (Wie ist es?) einige Daten präsentieren von Familien, die eher der pädagogischen Norm (Wie sollte es sein?) entsprechen, die ich in Kapitel 4 am Medienmündigturm veranschaulicht habe. Das sind Familien, die man vorschnell für »von gestern« halten mag, weil ihre Kinderzimmer genauso viele elektronische Geräte enthalten wie bei den Urgroßeltern: Keine.
Geräteausstattung im Jugend- und Kinderzimmer nach Geschlecht
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Fangen wir aber mit den Statistiken für Deutschland an, und zwar mit den Kindergartenkindern. Sie sind die jüngste Altersgruppe, für die halbwegs verlässliche Zahlen vorliegen. 1 Gehen wir einmal von einer Gruppe von genau 100 in Deutschland lebenden Kleinkindern aus, die anfangs zwischen zwei und fünf Jahren alt sind. Dann haben der Statistik zufolge bereits 7 von 100 einen eigenen Fernseher, 6 eine Spielkonsole und 39 ein Audiogerät (Kassettenrecorder/CD-Player/Radio) in ihrem Kinderzimmer.
Diese 100 Kinder werden älter. Als Fünftklässler haben nun schon 55 von ihnen einen eigenen Fernseher und 52 einen eigenen Computer im Zimmer. Und was meinen Sie, wie viele im Besitz einer eigenen tragbaren Spielkonsole sind? Es sind 81. Die Abbildung zeigt, dass diese Anteile bei Jungen durchgängig höher sind als bei Mädchen. 2
Immer mehr Geräte im Jugendzimmer
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Bei Heranwachsenden nimmt allerdings die Ausstattung mit praktisch allen Mediengeräten weiter zu; so haben von den 100 nun älter gewordenen »Durchschnittskindern« 32 Mädchen und 37 Jungen, zusammen also 69 Jugendliche, eineneigenen Fernseher. Spielkonsolen gibt es etwas weniger. Sie wurden wohl nicht mehr gebraucht oder ersetzt durch den Computer, den jetzt schon 30 Mädchen und 39 Jungen ihr Eigen nennen.
Und welche Veränderungen hat es in den letzten Jahren gegeben? Noch vor zehn Jahren hatten beispielsweise nur etwa 35 von 100 Jugendlichen einen eigenen PC, heute sind es bereits 70. Beim Internetanschluss hat sich die Ausstattungsquote sogar innerhalb von nur sieben Jahren verdoppelt, für Fernsehgeräte ist sie dagegen seit zehn Jahren immer in etwa gleich geblieben. Kassettenrecorder und CD-Player als Musikabspielgeräte werden von MP3-Playern, Computern und anderen kleinen mobilen Endgeräten abgelöst.
Der Ausstattungsgrad in den Kinder- und Jugendzimmern hängt stark davon ab, in welchem Elternhaus der junge Mensch aufwächst (vgl. Kapitel 5).
Die Ausstattungsquote mit Mediengeräten liegt im Haushalt noch höher als in den Jugendzimmern: In Deutschland sind von 100 Familienhaushalten 99 mit mindestens einem Fernseher, 91 mit Computer und 89 mit Internetanschluss ausgestattet. 4
Nun könnten ja die Geräte, die in erschreckend hohem Maße in die Wohnungen
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