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Medienmuendig

Medienmuendig

Titel: Medienmuendig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Bleckmann
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Nichtfernsehen zu weniger Fernsehen. Denken Sie noch einmal an die Ergebnisse der großen neuseeländischen Längsschnittstudie (Kap. 7): Je mehr ein Mensch als Kind ferngesehen hat, desto größer ist die Gefahr, ein erwachsener Exzessivfernseher zu werden.
    In der Jugend allerdings kann es bei Kindern, die in einem Haushalt ohne Fernseher aufgewachsen sind, zu langen Fernsehzeiten kommen, sobald ein Gerät verfügbar ist. Das kann mehrere Monate bis einige Jahre dauern. Aber denken Sie dann nicht: Was habe ich bloß falsch gemacht? Rechnen Sie lieber nach, wie viel das Kind »nachholen« müsste, um mit dem deutschen Durchschnittskind auf den gleichen Stand zu kommen: Zum Beispiel ein Jugendlicher, der seine ersten sechs Lebensjahre komplett bildschirmfrei verbracht hat, und der von 6 bis 10 Jahren 10 Minuten, ab 10 Jahren täglich 30 Minuten vorm Bildschirm verbracht hat, beginnt nun mit 14 Jahren mit dem »Nachholen«. Um die ca. 10   000 Stunden nachzuholen, die er oder sie im Vergleich zum deutschen Durchschnittskind verpasst hat, müssten folgende Zeiten absolviert werden: 16 Monate lang jeden Tag 24 Stunden oder 5 Jahre lang jeden Tag 10 Stunden vor dem Bildschirm verbringen. Erst dann wäre der Jugendliche gleichauf mit dem Durchschnittskind. Diese Ausführungenbeziehen sich ausdrücklich auf das »Fernsehverbot«, das bei genauerem Hinsehen gar kein Verbot, kein Nein zum Fernsehen, sondern ein Ja zu anderen Beschäftigungen ist.
    Ein Fernsehverbot wird aber meist ganz anders verstanden, nämlich als Bestrafung: »Wenn du nicht sofort dein Zimmer aufräumst, darfst du nicht deine Serie gucken.« Davon ist ganz entschieden abzuraten, obwohl es häufig vorkommt, so häufig, dass im Jahr 2004 der Fernsehentzug die Prügelstrafe als Sanktionsmittel überholt hat. Aber bei autoritären Medienregeln, insbesondere beim Medienverbot als Sanktionsmittel, ist die spätere selbstbestimmte Nutzung sehr gefährdet, weil Machtmit Medienkämpfen vermischt werden. Wenn Sie also Konflikte mit Ihren Kindern vermeiden wollen oder die auftretenden Konflikte so gestalten, dass etwas Positives daraus entstehen kann, habe ich für Sie ein paar wichtige Tipps im Überblick zusammengestellt:
     
Wählen Sie das Alter für den Erstkontakt mit Medien spät.
Sprechen Sie sich als Eltern gut miteinander ab.
Seien Sie Vorbild – bei der Nutzung von Medien und beim Verhalten in Konflikten!
Das wirkliche Leben geht vor! Machen Sie ihrem Kind Lust darauf!
Mehr Chancen ohne Risiken: DVD statt TV, Unifunktionshandy.
Vorsicht: Werbung verstärkt noch die Konsumwünsche.
Aus den Augen, aus dem Sinn! Das gilt für alle Geräte!
Medienentzug nicht als Strafe einsetzen und Medieneinsatz nicht als Belohnung.
Ihre Kinder werden es Ihnen danken, allerdings vielleicht erst in 20 oder 30 Jahren.

KAPITEL 11
(Keine) Alternativen zum Bildschirm-Babysitter
    In einer kleinen, aber feinen Grundschule am Schwarzwaldrand ist während des Projekts »Medienwoche« in der 4. Klasse ein ungewöhnliches ABC von den Schülern zusammengestellt worden. Ein Statt-Bildschirm-ABC.
     
wie: Ausflug machen
wie: Baden gehen
wie: CDs hören
wie: Dartpfeile werfen
wie: Eis essen gehen
wie: Fußball spielen
wie: Grimassen schneiden
wie: Hexentreppe basteln
wie: Inliner fahren
wie: Jäte das Unkraut!
wie: Kissenschlacht
wie: Lach mal wieder!
wie: »Mord in der Disco« spielen
wie: Nickerchen machen
wie: Ordne dein Zimmer!
wie: Piratenschätze suchen
wie: Quartett spielen
wie: Riesenrad fahren
wie: Seilspringen
wie: Tortenschlacht machen
wie: U-Boot fahren
wie: Vorlesen
wie: Wandern gehen
wie: Xylofon spielen
wie: Yoga machen
wie: Zoobesuch
     
    Der Klassenlehrer Reinhard Bührer erzählt auf dem Elternabend nach der Medienwoche von der Stimmung in der Klasse beim »Erfinden« des ABC: Die Schüler waren mit Begeisterung dabei, und er war überrascht von der Schnelligkeit, mit der seine Viertklässler auch für die schwierigsten Buchstaben wie J, X oder Ypassende Beschäftigungen fanden. Natürlich waren die Schüler auch besonders motiviert, weil sie wussten, dass ihre Anstrengung nicht nur vom Lehrer und den Eltern gewürdigt, sondern sogar in der Zeitung veröffentlicht würde:
Zisch – Zeitung in der Schule
ist ein Projekt, bei dem die
Badische Zeitung
mit Grundschulen kooperiert, so dass die Schüler selbst eine Schülerseite im Regionalteil gestalten können. Erfreulich ist jedenfalls, dass den Schülern von A bis Z Alternativen zum Bildschirm einfielen. Genau darum

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