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Medienmuendig

Medienmuendig

Titel: Medienmuendig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Bleckmann
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soll es in diesem Kapitel gehen, um Alternativen.
    Die Alternativen der Kinder lassen sich ganz verschiedenen Gruppen zuordnen; einige sind eher scherzhaft zu verstehen: U-Boot-Fahrten, Tortenschlachten. Andere hören sich schon realistischer an, sind aber auch nicht auf die Dauer alltagstauglich. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ich immer mit meinem Kind den Zoo besuchen, baden gehen, Riesenrad fahren gehen kann, wenn es sich langweilt? Das sind Alternativen, für die Eltern Zeit und/oder Geld investieren müssen. Der Fernseher oder Computer als Babysitter ist aber doch gerade in solchen Situationen praktisch, wenn die Eltern einen billigen und unaufwendigen Babysitter brauchen. Und der Babysitter auf Knopfdruck verspricht ja genau das: Er ist immer einsatzbereit, zuverlässig, kostengünstig. Kurzfristig betrachtet, funktioniert er auch wirklich verlockend gut. Denken Sie noch einmal an Manuels Mutter, die erzählte, wie sogar ein hyperaktives Kind plötzlich ganz erstarrte. Langfristig ist das schädlich, aber wenn Riesenrad, Zoo und Co. die einzigen Alternativen wären, auch irgendwie verständlich. Eltern sind auch nur Menschen.
    Um Missverständnissen vorzubeugen: Es spricht natürlich nichts dagegen, mit den Kindern regelmäßig in den Zoo oder ins Schwimmbad zu fahren. Im Gegenteil. Aber die Konzentration auf die teuren und aufwendigen Alternativen führt zu der völlig falschen Vorstellung, den Verzicht auf den Bildschirm-Babysitter könnten sich nur reiche Familien leisten, die den Kindern Nachmittagsbeschäftigungen wie eben Zoo, Schwimmbad,Ballett, Kinderturnen anbieten können. Das Gegenteil ist aber der Fall: Die Kinder, die (noch) ohne Fernseher und Computer aufwachsen, hatten laut Studienergebnis viel weniger Nachmittagstermine als die Fernsehkinder: 0,5 feste Termine im Vergleich zu 1,2
(Bleckmann 2006)
(vgl. unten S. 225). Ob bildschirmfreie Kinder wohl stattdessen mehr Zeit mit Hörmedien verbringen? Nein, auch mit Kassetten oder CDs verbringen diese Kinder weniger Zeit als die Vergleichsgruppe. Wenn man die Werte aus der Befragung mit denen eines Durchschnittskindergartenkindes vergleicht, haben diese Kinder täglich schon etwa zwei Stunden weniger Medienzeiten. Sie haben also vor allem eines: sehr viel Zeit!
    Und was fangen sie mit diesen zusätzlichen Stunden an? Im Statt-Bildschirm-ABC der Viertklässler finden sich auch Vorschläge wie »Ordne dein Zimmer!«, »Lach mal wieder« und »Nickerchen«. Damit bringen die Kinder vermutlich eher zufällig etwas aufs Tapet, was uns zum eigentlichen Kern der Frage nach den Alternativen zum Bildschirm führt: Die besten Alternativen zum Bildschirm-Babysitter kommen gar nicht als großartige Alternativangebote daher.

Nadja: Das Beste ist, die Kinder mit ihrer Langeweile zu konfrontieren
    Nadja wohnt in einer eher kleinen, aber gemütlich eingerichteten Dreizimmerwohnung. Das größte Zimmer ist Multifunktionsraum: Es ist Wohnzimmer und Spielzimmer, und zwei Kinderbetten stehen auch noch darin. Am Boden liegen ein Prinzessinnenkleid, ein Tuch (Prinzessinnenschleier?), ein paar Puzzleteile, eine perlenbestickte Krone. »Das ist von den Mädchen«, erklärt Nadja. Die Mädchen sind fünf und sieben Jahre alt. Ihr älterer Bruder ist 13 Jahre alt und hat ein eigenes kleines Zimmer, und Nadja selbst hat ein kombiniertes Schlaf- und Arbeitszimmer als Rückzugsraum. Dort steht auch ein Fernseher im Schrank.
     
    Der ist aber gar nicht angeschlossen, ich habe auch keine Antenne. Also, als Fernseher benutzen wir den gar nicht. Aber als Bildschirm, wenn ich mal am Wochenende mit dem Großen eine DVD schauen will. Abends, wenn die beiden Kleinen schlafen. Weil ich ja alleinerziehend bin und auch arbeite, käme das für mich gar nicht in Frage, einen Fernseher im Zugriff der Kinder zu haben. Ich bin eben nicht immer präsent, da könnte ich das gar nicht verantworten, weil ich ja nicht kontrollieren könnte, was und wie viel die da gucken.
     
    Zum Interview sitzen wir bei Tee und Crackern am kleinen Tisch in der Küche. Die Frage, ob Nadja durch fernsehfreie Erziehung weniger Zeit für sich habe, verneint sie, wie über die Hälfte der Eltern der bildschirmfreien Kinder aus den Interviews. Das überrascht insofern, als der Fernseher als Babysitter den Eltern mehr Zeit für sich oder für anstehende Aufgaben verspricht, was für Alleinerziehende sicherlich noch einmal besondere Bedeutung haben dürfte. Im Interview stelle ich Nadja, wie allen Eltern, irgendwann

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