Medusa
erkennen, die ihn flankieren. Dahinter beginnt die endlose, halbmondförmige Schlucht, in deren Verlauf wir hoffentlich auf unser Ziel stoßen werden. Kommt, wir wollen die kurze Strecke noch bewältigen, ehe die größte Hitze einsetzt.«
Zwei Stunden nachdem sie den Eingang des Canyons gefunden und ihr Lager aufgeschlagen hatten, erreichten Chris und Hannah den Felsgrat, den sie sich für einen ersten Erkundungsgang ausgesucht hatten. Die anderen Expeditionsteilnehmer waren in der Hitze zu keiner körperlichen Anstrengung bereit gewesen, und so hatten Hannah und Chris beschlossen, allein loszuziehen.
Eine halsbrecherische Klettertour lag hinter ihnen, und sie befanden sich auf einem Sims oberhalb des Camps. Eine sanfte Brise wehte von Nordosten und kühlte ihre erhitzten Körper. Chris wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Fantastische Aussicht hier oben«, keuchte er. »Ich wünschte, ich hätte meine Kamera nicht unten in der Schlucht vergessen. Hoffentlich entdecken wir nichts Wichtiges, sonst kann ich die Kletterei morgen wiederholen.«
»Ich glaube nicht, dass wir morgen noch hier sein werden«, entgegnete Hannah. »Wenn deine Berechnungen stimmen, müssen wir noch mindestens zwanzig Kilometer zurücklegen, ehe wir auf den Ort stoßen, der auf dem Obelisken angezeigt wurde. Ich würde ja am liebsten gleich heute Abend weiterziehen.«
»Du scheinst es ja verdammt eilig zu haben.«
»Normalerweise nicht, aber ich spüre, dass hier ein Geheimnis auf uns wartet. Stell dir vor, wir entdecken wirklich etwas. Wie schaffst du es nur, bei dem Gedanken daran so cool zu bleiben?«
»Erstens dürfen wir uns nicht zu sehr darauf versteifen, dass wir hier wirklich etwas finden. Die Chancen dafür sind minimal. Und zweitens …«, er stockte, »… zweitens fände ich es schade, wenn diese Reise zu schnell endet.« Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Hatte sie die Anspielung verstanden? Wahrscheinlich schon. Zumindest lächelte sie, ging aber leider nicht auf seine Bemerkung ein.
Er sah hinab ins Tal und entdeckte einige Tuareg aus ihrem Team. Sie nutzten die Zeit, um tiefer in den Canyon vorzudringen und die Gegend nach Rebellennestern abzusuchen. Es war aber unwahrscheinlich, dass sie etwas fanden. Durands Angaben zufolge konzentrierten die Rebellen ihre Aktivitäten auf die großen Zufahrtsstraßen. Ein Gebiet wie dieses zu kontrollieren, in dem es keine wertvollen Güter zu ergattern gab, wäre eine ziemlich sinnlose Angelegenheit. Trotzdem war Vorsicht geboten. Chris’ Blick wanderte weiter über das zerklüftete Bergland, das in der Hitze des Nachmittags unwirklich flimmerte. Hier oben herrschte vollkommene Stille. Kein Insektengesumm, kein Rascheln von Blättern, nicht der leiseste Schrei eines Vogels waren zu hören. Es schien, als würde die Zeit stillstehen.
Plötzlich drang ein Laut an seine Ohren, ein Geräusch, das er in dieser Gegend am wenigsten erwartet hatte: das Geräusch von fließendem Wasser.
Hannah drehte sich ebenfalls um. Das Plätschern drang aus einer Felsspalte neben ihnen. Chris presste sein Ohr an den Spalt und nickte. Es war eindeutig, und es kam von der anderen Seite. Er hob den Blick und prüfte, ob es möglich war, über die Felswand zu klettern. Seine Finger fanden Risse und Spalten, die ausreichten, um daran hochzuklettern.
»Sollen wir es auf einen Versuch ankommen lassen?«
Hannah nickte.
Sie begannen, sich an dem stark erodierten Gestein hochzuziehen. Schon bald bemerkte Chris, dass Hannah eine gewandte Kletterin und viel schneller als er selbst war. Stück für Stück, Meter um Meter krochen sie in die Höhe, bis sie ihre ermatteten Körper über den Rand der Felswand stemmen konnten. Keuchend und schwitzend blieben sie liegen und gönnten ihren erlahmten Muskeln Entspannung.
Einige Minuten später richtete Chris sich auf, reichte Hannah seine Hand und zog sie auf die Füße. Gemeinsam blickten sie auf das Wunder, das sich vor ihnen ausbreitete. Sie sahen auf ein gut fünfundzwanzig Meter langes Felsbecken, gefüllt mit dunkelgrünem Wasser.
Er sah Hannah an, und sie schien genau den gleichen Gedanken zu haben wie er. Ohne weitere Worte zu verlieren, zog sie sich das Leinenhemd über den Kopf. Im Nu war sie nackt und sprang mit einem eleganten Kopfsprung in das Becken. Prustend und lachend kam sie wieder an die Oberfläche. »Komm schon! Das Wasser ist herrlich.«
Chris zögerte noch einen Moment, dann riss er sich die Sachen vom Leib und folgte ihr in das kühle
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