Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Irene?«
    Der Grieche zuckte zusammen. »Ich wusste nicht, dass es so offensichtlich ist. Naja, ist ja auch egal.«
    »Entschuldige, Gregori. Ich habe das nicht herablassend gemeint. Irene ist eine sehr attraktive Frau. Ich kann dich gut verstehen. Doch Hannah ist für mich ein Rätsel. Ich werde nicht schlau aus ihr. Sie steckt voller Geheimnisse, eine Mischung, die mich schon immer fasziniert hat. Sehr introvertiert. Wenn man so lange wie sie in der Einsamkeit lebt, wird man wohl zwangsläufig verschlossen. Ob ich an ihr interessiert bin? Nein. Es ist der falsche Zeitpunkt und der falsche Ort. Außerdem würde es nicht gut gehen«, murmelte er in seine Tasse.
    Gregori lächelte, aber sein Lächeln wirkte traurig. »Ich weiß genau, wovon du sprichst. Ich stecke in der gleichen Klemme. Irene ist eine schöne Frau, aber sie ist auch schwierig. Will immer ihren Kopf durchsetzen. An einem Tag ist sie zärtlich und aufmerksam, am nächsten bist du für sie nicht mehr als ein Bettvorleger. Ich habe schon alles versucht, um sie enger an mich zu binden. Nichts davon hat geholfen.«
    »Vielleicht ist es genau das, was du nicht tun darfst. Wie ich Irene einschätze, hasst sie das Gefühl, irgendjemandem verpflichtet zu sein.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht. Das Problem ist nur, dass ich damit nicht klarkomme.« Gregori zuckte die Schultern. Obwohl seine Haut für einen Griechen eher hell war, verrieten seine Bewegungen den Südländer. »Ich brauche jemanden an meiner Seite, auf den ich mich verlassen kann. Jemanden, der mir Vertrauen und Liebe entgegenbringt.« Seine Augen wanderten zum Horizont, wo die erste Morgenröte aufgezogen war. »Es bricht gerade alles auseinander. Wenn ich dir einen gut gemeinten Rat geben darf: Überleg es dir zweimal, ehe du etwas mit einer Frau anfängst, die sich mit Haut und Haar der Wissenschaft verschrieben hat. Aber lass dir nicht zu viel Zeit, diese Hannah könnte mir auch gefährlich werden.« Er lachte warmherzig und ließ Chris im Unklaren darüber, ob die Bemerkung scherzhaft gemeint war oder nicht.
    In diesem Moment ging im Nachbarhaus das Licht an, und Irenes Silhouette zeichnete sich im Eingang ab. Sie kam heraus, gähnte herzhaft und verschwand dann mit einer Rolle Klopapier in der Dämmerung.
    Chris grinste Gregori an und hielt ihm seine Kaffeetasse hin.
    »Ich hoffe, dass sie nichts von unserem Gespräch mitbekommen hat. Frauen haben ein feines Gehör.«
    »Keine Angst. Nicht bei dem Lärm, den die Dromedare veranstalten. Was eben gesagt wurde, bleibt unter uns, einverstanden?«
     
    Eine Stunde später waren sie unterwegs. Chris führte die Karawane aus sechs Dromedaren an, und hinter ihnen quälte sich der Lkw die steile Piste empor. Die wertvollen Autos sowie einen großen Teil der Vorräte hatten sie im Fort zurückgelassen. Malcolm hatte jedoch darauf bestanden, die Filmausrüstung in greifbarer Nähe zu haben. Einerseits, weil er ein notorisch misstrauischer Mensch war, andererseits, weil gute Aufnahmen seiner Meinung nach nur dann entstehen konnten, wenn man stets bereit war.
    Die Umgebung hatte sich drastisch verändert. Sie verließen das grüne fruchtbare Tal von Iférouane und drangen nun in östlicher Richtung in den Adrar Tamgak ein, ein Gebirge, das aus mehreren emporgestiegenen und erkalteten Magmablasen entstanden war.
    Chris erinnerte sich, einmal eine Satellitenfotografie gesehen zu haben, auf der die Berge als wilde, sich überlappende Kreise zu erkennen waren, ähnlich einem Fingerabdruck. Es handelte sich um eine geologische Struktur, wie es sie auf der Erde kein zweites Mal gab. Der Anblick der Landschaft vom Rücken eines Dromedars aus war jedoch ungleich faszinierender als die Perspektive aus dem Weltraum. Felspyramiden aus rosafarbenen Granitkugeln wuchsen rechts und links ihres Weges in die Höhe – als hätte ein Riese Murmeln übereinander gestapelt. Die knackenden Geräusche, die das Material durch die stark schwankenden Temperaturen von sich gab, unterstrichen diesen Eindruck. Dazwischen befanden sich Wälle aus lackschwarzem Tiefengestein, die im Licht des frühen Morgens metallisch glänzten und die Erinnerung an den geheimnisvollen Obelisken wachriefen.
    Niemand sprach ein Wort, als sie sich im Schatten der bizarren Formationen immer tiefer in das Gebirge hineinwagten. Ziel ihrer Reise war ein sichelförmig gebogener Canyon, der das Gebirge von Westen nach Osten durchschnitt. Chris war davon überzeugt, auf dem Obelisken einen Hinweis auf

Weitere Kostenlose Bücher