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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Einschlafen. Na und? Um euch nicht zu stören, habe ich mich ein paar Meter vom Lager entfernt. Hast du irgendwelche Probleme damit?« Chris spürte, dass seine Stimme eine Spur zu aggressiv war. Das machte nur diese verdammte Müdigkeit. Malcolm aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und lächelte kalt. »Du vergisst, dass wir sehr aufmerksame Begleiter haben.« Er deutete auf die bewaffneten Tuareg, die in luftiger Höhe ihren Beobachtungsposten eingerichtet hatten. »Mano Issa hat mir vorhin berichtet, dass du am Satellitenreceiver herumgefummelt hast. Ich kann nur hoffen, dass du keine Geheimnisse ausplaudern wolltest. Diese Expedition steht immer noch unter der Leitung von Irene und mir. Wenn irgendjemand darüber zu entscheiden hat, wann welche Informationen nach draußen gelangen, dann sind wir das. Verstanden?«
    Chris spürte, wie sich plötzlich alle Augen auf ihn richteten. Er konnte nicht behaupten, dass ihm das angenehm war. Diese Blicke und die erwartungsvolle Stille ließen ihn schlagartig wach werden.
    »Ich habe nur einen Systemdurchlauf gemacht, das war alles. Ihr wisst doch, dass man den Check am besten dann macht, wenn es nicht so heiß ist. Und da ich ohnehin wach war, dachte ich, ich könnte mal prüfen, ob die Anlage durch den gestrigen Marsch Schaden genommen hat. Aber ich kann euch beruhigen, es ist alles in Ordnung. Kann ich jetzt in Ruhe meinen Kaffee trinken?«
    Alles wandte sich wieder der Arbeit zu. Man schien seinen Worten Glauben zu schenken. Nur Malcolm nicht. Er war immer noch nicht zufrieden.
    »Du hast an der Anlage nichts verloren. Ich wünsche nicht, dass irgendjemand ohne vorherige Genehmigung daran herumfummelt. Ist das angekommen?«
    Chris hob entschuldigend beide Hände, sagte aber kein Wort.
    »Ist ja gut«, mischte sich Irene ein. »Die Sache ist erledigt. Wir brauchen kein weiteres Wort mehr darüber zu verlieren. Nicht wahr, Malcolm?«
    Neadry schien immer noch zornig zu sein. Unwirsch nestelte er an seiner Weste herum. »Ich werde schon noch herausfinden, was du tatsächlich an der Anlage gemacht hast.«
    »Malcolm!«
    »Ja, ja. Ich hab’s kapiert.« Mürrisch verzog er sich in Richtung seines Lastdromedars.
    »Mann, der hat ja eine Laune.« Hannah leerte ihre Tasse und erhob sich. »Da kann einem richtig unheimlich werden.«
    »Er hat ja Recht«, lenkte Chris ein. »Es ist meine Schuld. Ich hatte wirklich nichts an der Anlage verloren, und dass ich gleich so giftig wurde, liegt nur daran, dass ich schlecht geschlafen habe. Wird nicht wieder vorkommen.«
    Ohne weitere Worte zu verlieren, schulterte er seinen Rucksack und schlenderte zu Boucha, der seinen Führer fröhlich grunzend begrüßte. Doch Chris war für solche Freundschaftsbekundungen noch nicht empfänglich. Dieser Neadry ging ihm noch im Kopf herum. Er nahm sich vor, ihn bei passender Gelegenheit genauer unter die Lupe zu nehmen. Möglicherweise war er ja derjenige, auf den Strombergs Warnung zutraf.
    Drei Stunden später hatten sie den größten Teil der Strecke zurückgelegt. Die Umgebung hatte sich schon wieder deutlich verändert, wie Chris bemerkte. Die Felsen des Adrar Tamgak wuchsen um sie herum in die Höhe, wie eine von Titanen erbaute Felsenburg. Wuchtig und düster. Immer enger rückten die Wände des Canyons zusammen. Er zog die Karte heraus und versuchte ihren Standort zu bestimmen. Die erstarrte Magmablase, in deren Gebiet sie sich befanden, wies, aus der Luft betrachtet, einen Durchmesser von über sechzig Kilometern auf. Genau genommen war der Canyon ebenfalls Teil dieser Ringstruktur. Er markierte den äußeren Rand einer zweiten, noch gewaltigeren Blase, die vor Urzeiten an die Erdoberfläche gestiegen und dort erkaltet war. Die Schlucht stieg, einen Bogen nach Osten schlagend, allmählich auf eine Höhe von tausendvierhundert Metern an.
    »Verlier den Anschluss nicht«, rief Hannah ihm fröhlich winkend zu. Er blickte auf und merkte erst jetzt, dass die anderen ihn bereits überholt hatten. Schnell steckte er die Karte ein und beeilte sich, den Rückstand wieder wettzumachen.
    Nach und nach tauchten Dumpalmen auf, die zwar Schatten spendeten, deren harte Früchte aber so schlecht schmeckten, dass sie von den Tuareg nur in allergrößter Not gegessen wurden. Das jedenfalls hatte er in einem Reisebericht gelesen. Allmählich wurde die Strecke unwegsamer. Die Lastkamele fingen an, sich mit tiefen, röhrenden Lauten über den steinigen Untergrund zu beschweren. Ihre tellerförmigen Füße

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