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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Ausdruck in seinem Gesicht verriet Chris, dass er das richtige Thema angeschnitten hatte. Der Tontechniker erhob sich und kam langsam auf ihn zu. Im schwachen Schein der Gaslaterne war ein kaltes Funkeln in seinen Augen zu erkennen. Ein schmales Lächeln umspielte seinen Mund, während er die Mündung der Waffe auf Chris’ Brust richtete.
    »Nur ein Meteorit, glaubst du? Es ist viel mehr als das. Ich bin kein Experte, aber ich kann dir versichern, dass es sich um das wertvollste Stück Stein handelt, das jemals vom Himmel gefallen ist. Vor zwanzig Jahren fand eine französische Expedition Bruchstücke des Brockens unweit von hier, in der Tenéré . Die Detektoren spürten sie zehn Meter unter dem Wüstensand auf. Wenige Wochen nach ihrer Bergung zerfielen sie leider aufgrund chemischer Reaktionen. Die Messungen, die man an den schnell oxidierenden Resten durchführte, erregten allerdings so viel Aufsehen, dass man beschloss, erst noch mehr von dem Zeug zu finden, ehe man die Öffentlichkeit aufschreckt. Seither sucht man nach dem Mutterstück, von dem die Splitter stammen. Denn dass es nur Splitter waren, so viel ließ sich auf Grund einiger Messungen des Strahlungspools feststellen.«
    »Strahlung?«
    »Ja, Strahlung. Emissionen einer Art, wie sie noch nie zuvor gemessen wurden. Wir wissen nicht, wie sie hervorgerufen werden, nur, dass sie auf die menschliche Psyche einen merkwürdigen Einfluss haben. Kurze Berührungen lösen Visionen aus. Die meisten der Testpersonen wurden in ihre eigene Vergangenheit gezogen und erlebten dort Dinge, die sie längst vergessen hatten, genau wie du. Danach änderten sich die Bilder. Die Visionen zeigten Dinge, die uns unbekannt waren, Apparaturen, deren Arbeitsweise wir uns nicht erklären konnten, an deren Funktionsfähigkeit wir aber keinen Zweifel hegten. Der gewaltige Sprung in der Nanotechnologie, den wir in den letzten Jahren erleben, beruht zum großen Teil auf den Erkenntnissen, die wir mit Hilfe dieser Bruchstücke erlangt haben. So paradox es klingen mag, in den Splittern scheint eine Art Botschaft zu stecken. Wir wurden sogar über den Ursprungsort des Materials informiert. Exakte Sternenpositionen, Entfernungen und so weiter. Doch leider gab es auch negative Begleiterscheinungen. Je länger der Kontakt andauerte, desto mehr wurde die Kontaktperson aus ihrem seelischen Umfeld gerissen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sie wurden wahnsinnig, Carter. Verloren jeden Bezug zur Realität. Wurden aggressiv und unberechenbar. Alle vierzig Testpersonen befinden sich heute in der geschlossenen Psychiatrie.«
    »Vierzig?« Chris bäumte sich auf. »Ihr habt vierzig Menschen in den Wahnsinn getrieben? Und wie viele sollen noch folgen? Was ist mit denen, die jetzt da unten bei dem Stein sind? Was ist mit Malcolm, Irene und Patrick?« Seine Stimme überschlug sich.
    Albert zuckte die Schultern. »Es mag zynisch klingen, aber das sind nun wirklich Nebensächlichkeiten. Ein Menschenleben ist ersetzlich. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Expeditionen unter strengster Geheimhaltung seitdem auf den Weg geschickt wurden und mit leeren Händen zurückkehrten. Und wie viele von uns dabei umkamen. Unter anderem mein Bruder, aber das ist eine andere Geschichte …« Mit grimmigen Augen blickte er Chris an. »Die unterschiedlichsten Institutionen haben es versucht, doch alle ohne Erfolg. Ihnen wurde bald klar, dass irgendjemand den Jackpot bereits geknackt haben musste. Es gab keine andere Erklärung. Wer der Glückliche war, wussten wir nicht. Aber wir wussten, dass unser Hauptgewinn nicht mehr dort war, wo er hätte sein sollen. Also stürzte sich alle Welt auf alte Überlieferungen, um irgendeinen Hinweis auf den Verbleib des Steins zu finden.« Er lachte zynisch. »Kannst du dir vorstellen, auf was für einen wackeligen Boden man sich begibt, wenn man versucht, Erkenntnisse aus Niederschriften zu bekommen, deren Übersetzungsschlüssel noch nicht einmal gefunden wurde? Es war schlimmer als die Suche nach Atlantis, das kannst du mir glauben. Letztendlich musste man sich mit der Tatsache abfinden, dass der Stein der Weisen, wie man ihn getauft hatte, wohl niemals mehr auftauchen würde.« Beck ließ seine Zigarette aufglimmen und blies Chris den Rauch ins Gesicht. »Aber sag niemals nie … Ach, was rede ich hier überhaupt – statt kurzen Prozess mit dir zu machen.«
    Mit einem Schnappen entriegelte er den Sicherungshebel des Gewehres, und für den Bruchteil einer Sekunde war seine

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