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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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auf den Kocher, um einen Kaffee zu brühen. Danach griff er wieder zum Funkgerät.
    »Ich werde weiter versuchen, etwas für unsere Rettung zu tun.«
    »Gute Idee. Aber das Walkie-Talkie würde ich erst nehmen, wenn wir alles andere versucht haben. Meinst du nicht, wir sollten zuerst den Gang überprüfen? Vielleicht hat Patrick ja übertrieben, als er sagte, der wäre völlig verschüttet. Ich übernehme freiwillig die erste Schicht beim Graben.«
    Albert schüttelte den Kopf. »Ich habe mir den Gang angesehen, während du geschlafen hast. Keine Chance, da durchzukommen. Nicht mal, wenn wir einen Presslufthammer hätten. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit: sprengen.«
    Mit diesen Worten fing er an, das Funkgerät ein- und wieder auszuschalten. Klick, klack, klick, klack. Chris starrte ihn verwirrt an. Einen kurzen Moment lang glaubte er, Beck habe den Verstand verloren. »Was tust du denn da? Ich dachte …«
    »Denk lieber nicht so viel. Die ganze Sache wird sich zu gegebener Zeit aufklären. Du wirst überrascht sein, wie einfach alles ist. Und jetzt halt den Mund, ich habe zu tun.«
    Mit einem Ausdruck äußerster Konzentration setzte er seine merkwürdige Tätigkeit fort. Ein, Aus, Ein, Aus, in einem bestimmten Rhythmus.
    In Chris stieg ein furchtbarer Verdacht auf. Er ist es!
    Seine Stimme war dünn und brüchig, als er einen neuerlichen Versuch unternahm, das Gespräch fortzuführen. »Glaube mir, Albert, es genügt völlig, das Gerät einzuschalten und dann die Sprechtaste zu drücken …. aber möchtest du überhaupt mit jemandem aus unserer Gruppe sprechen?«
    Albert bedachte ihn mit einem Blick, der Chris erschauern ließ. Er lächelte dabei, sagte aber kein Wort. Stattdessen fuhr er fort, das Funkgerät in einem bestimmten Rhythmus ein- und auszuschalten. Chris schloss die Augen und begann in Gedanken mitzuzählen. Zwei lange Signale, dann zwei kurze. Pause, gefolgt von zwei kurzen, einer Pause und einem kurzen. Morsezeichen. Albert erzeugte Morsezeichen.
    Noch während er versuchte, sich an den Morsecode zu erinnern, den er vor langer Zeit einmal gelernt hatte, beschlich ihn ein ungeheurer Verdacht.
    »Es ist Durand, nicht wahr?« Seine Frage verhallte dünn und schwach in den Tiefen der Höhle.
    Das Lächeln wurde breiter, eisiger.
    »Aber warum? Warum willst du, dass Durand erfährt, wo wir sind?« Eigentlich kannte Chris die Antwort schon längst, er wollte nur eine Bestätigung seines Verdachts. Außerdem brauchte er Zeit zum Nachdenken. Wenn Beck wirklich der war, für den er ihn hielt, dann musste er einen Weg finden, ihn daran zu hindern, weitere Signale zu senden.
    »Warum schickst du nicht einfach eine gesprochene Nachricht? Das wäre doch viel einfacher.«
    Das Lächeln verschwand. Der Tontechniker schien jetzt von den Unterbrechungen endgültig genug zu haben. Entnervt schaltete er das Gerät ab. »Du hast wirklich eine besondere Begabung, mir auf die Nerven zu gehen. O.k. lass uns Klartext reden, deine Tage sind ohnehin gezählt: Durand wartet auf das Signal. Sonst noch was?«
    Chris fühlte sich betäubt, als sich sein Gegenspieler so deutlich offenbarte. Nie hätte er gedacht, dass dieser ruhige, zurückhaltende Mann, der ihm in den letzten Monaten so sympathisch geworden war, ein doppeltes Spiel spielte.
    Mehr noch, statt der schüchternen Fassade des sensiblen Musikers blickte er nun in das Antlitz eines eiskalten Killers. Er würde sterben. Albert Beck würde ihn töten. Diese Erkenntnis fegte durch seinen Verstand und hinterließ nur einen Gedanken – Flucht. Er musste abhauen, und zwar so schnell wie möglich.
    Während er unauffällig versuchte, die verdammten Schnürsenkel an seinen Händen zu lösen, kam ihm zu Bewusstsein, mit welch kühler Gelassenheit Beck über seinen Tod gesprochen hatte. In seinen Worten war keine Spur von Erregung, Furcht oder Nervosität. Als hätte er übers Wetter gesprochen. So redete nur jemand, der das alles schon einmal erlebt, der schon einmal einen Menschen getötet hatte.
    Chris musste Zeit gewinnen.
    »Warum hast du mich überhaupt mitgeschleppt? Du hättest mich doch genauso gut irgendwo auf dem Weg erledigen können.«
    »Man merkt, dass du keinen Funken Verstand besitzt, Carter. Es könnte doch sein, dass dich einer von den anderen noch einmal sprechen will – auch wenn das nach deinem dummen Auftritt da unten sehr unwahrscheinlich ist –, außerdem wollte ich mir den verschütteten Gang erst noch einmal ansehen. Hätte ja sein können,

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