Medusa
kaum glauben.«
»Ich weiß, es ist viel verlangt, nach allem was geschehen ist. Aber du musst mir glauben. Es ist die Wahrheit.« Sein Blick war der eines Menschen, der es absolut ehrlich meint. »Albert war ein Scout, nur dass er besser war als ich. Er wusste, nach was wir hier suchen, er hat es mir erzählt. Hannah, das Ding ist gefährlich. Es verändert Menschen. Du musst zurückgehen und Malcolm und die anderen warnen. Wenn es nicht schon zu spät ist …«, flüsterte er.
Hannah atmete tief ein. Sie spürte, dass er die Wahrheit sagte. Dann nickte sie. »Okay. Ich glaube dir, aber eines muss ich noch wissen. Hast du ihn umgebracht?«
Chris legte ihr seine zerschundene Hand auf den Unterarm. »Er wollte mich erschießen. Ich habe versucht zu fliehen, und dabei ist er … es war Notwehr, Hannah. Das musst du mir glauben.«
Seine Stimme war leiser geworden, und als er die letzten Worten ausgesprochen hatte, sackte er kraftlos zurück.
Hannah hob den Kopf und wandte sich an die Männer. »Abdu, ich möchte, dass du bei ihm bleibst und ihn pflegst. Reinige seine Wunden. Sieh mal in unseren Taschen nach, dort müsstest du eigentlich eine Heilsalbe finden. Verbinde ihn und gib ihm etwas zu essen. Er ist völlig entkräftet. Gregori und ich werden zurück zum Lager gehen und nach dem Rechten sehen. Ihr habt gehört, was er über den Stein gesagt hat, und es deckt sich mit dem Gefühl, das ich die ganze Zeit habe. Irgendetwas stimmt da nicht. Bis später, und passt auf euch auf.«
»Was ist, wenn ihr nicht zurückkehrt?« Abdus Augen leuchteten in der Dunkelheit.
»Vertrau mir. Dort oben …«, sie deutete an die Decke der Höhle, »… befindet sich ein Ausgang. Ich weiß nur noch nicht, wie er geöffnet wird. Ich glaube, es funktioniert mit Hilfe der klingenden Schlangenarme. Wir werden daran arbeiten, sobald wir wieder da sind. Gregori, komm!«
Schnell packte sie Gewehr und Taschenlampe und verschwand im Tunnel, um Abdus traurigem Blick zu entkommen. Gregori bemühte sich, mit ihr Schritt zu halten. »Hannah, warte. Er hat Recht, was soll aus ihnen werden, wenn wir nicht zurückkehren?«
»Dann wird der Oberst sie finden. Was dann geschieht, kann ich nicht sagen. Ich befürchte allerdings das Schlimmste. Wir dürfen nicht versagen, verstehst du? Es geht hier nicht um mich oder dich. Es geht auch nicht um unsere Expedition. Das Auge ist gefährlich, das habe ich gespürt, seit diese Sache mit der Hypnose passiert ist. Schon damals hatte ich das Gefühl, dass nicht ich es war, die Patrick kontrollierte, sondern dieser Stein. Ich war nur eine Art Katalysator. Was immer das für ein Zeug ist, es verwandelt Menschen in willenlose Geschöpfe.«
»Meinst du nicht, du bildest dir da etwas ein?«
»Du hast Chris’ Bericht doch gehört. Erinnere dich an das, was Albert zu ihm gesagt hat. Und dann erinnere dich an die Felsdarstellungen des untergegangenen Volkes. An das Volk, das sich selbst ausgelöscht hat. Nachdem sich die Menschen das Paradies auf Erden geschaffen hatten, haben sie sich umgebracht. Die letzten Überlebenden haben den Stein dann unter der Erde versteckt in der Hoffnung, dass er nie gefunden wird.« Sie schüttelte den Kopf. »Zehntausend Jahre lang ist alles gut gegangen, doch dann kamen wir. Dank meiner Entdeckung ist der Stein jetzt wieder ins Blickfeld gewisser Kreise gerückt.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn man alles zusammenzählt, kann man unmöglich noch länger von Zufall oder Einbildung reden.«
»Und was sollen wir deiner Meinung nach tun?«
»Wir müssen ihn verschwinden lassen.«
Sie blieb stehen und sah ihm tief in die Augen. »Glaub mir, es ist das einzig Richtige. So lange habe ich mir gewünscht, etwas Bedeutsames zu entdecken. Dies wäre der Fund meines Lebens gewesen, er hätte mir einen Platz im Olymp der Wissenschaften gesichert, so, wie ich es mir immer erhofft hatte.«
Sie wischte sich mit dem Ärmel über ihr schmutziges Gesicht. »Aber ich habe erkannt, dass es falsch ist. Alles, was wir bisher erlebt und gesehen haben, bestätigt mir, dass der Stein auf keinen Fall in die falschen Hände gelangen darf. Er hat bereits eine Kultur ausgelöscht, und er könnte es wieder tun. Ich muss Malcolm und die anderen davon überzeugen, ihn verschwinden zu lassen.«
»Und wenn sie sich weigern?«
Hannah antwortete nicht. Stattdessen eilte sie mit gesenktem Kopf in die Dunkelheit.
22
Die Schritte der beiden verhallten im Nebel, als sie die riesige Höhle betraten. Mit
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