Meer der Liebe
reagieren würde, wenn sie ihm gestand, dass sie ihn liebte? Was würde passieren, wenn sie sich einfach vor ihn stellte und sagte: »Ich liebe dich«? Ohne Forderungen, ohne Erwartungen.
Hatte er nicht eigentlich das Recht, es zu erfahren? War die Liebe nicht etwas so Wunderbares und Seltenes, dass man sie nicht verschweigen durfte?
Doch dann stellte Megan sich vor, wie Mitleid in seine Augen treten würde. »Nein, das könnte ich nicht ertragen«, murmelte sie und lehnte ihre Stirn an die Holzbüste. »Das würde ich nicht überleben.«
Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie in der stillen Zwiesprache mit sich selbst. »Herein.«
Pop, den Anglerhut keck auf dem Kopf, betrat ihr Atelier. »Was hältst du von frischem Fisch zum Abendessen?«
Sein zufriedenes Lächeln verriet, dass seine heutige Angelexkursion erfolgreich verlaufen war.
Megan legte den Kopf leicht schief. »Nun, wahrscheinlich könnte ich mit Mühe und Not ein paar kleine Bissen herunterwürgen.«
Sie lachte, als seine Wangen vor Entrüstung rot anliefen, und eilte auf ihn zu, um die Arme um ihn zu schlingen, wie sie es früher als Kind getan hatte. »Ach Pop, ich liebe dich!«
»Na, na, na.« Er klopfte ihr leicht auf den Rücken, überrascht und erfreut zugleich. »Ich liebe dich auch, Kleines. Ich sollte wohl öfter frische Forelle mit nach Hause bringen, was?«
Sie hob den Kopf und sah ihn lächelnd an. »Ich brauche eben nicht viel, um glücklich zu sein.«
Pop wurde schlagartig ernst. »Nein, das hast du wirklich noch nie gebraucht.« Liebevoll legte er seine Hand an ihre Wange. »In den ganzen Jahren hast du mir so viel Freude bereitet, Megan. Du wirst mir fehlen, wenn du jetzt nach New York gehst.«
»Oh Pop.« Sie legte den Kopf an seine Brust. »Es ist ja nur für einen Monat, vielleicht zwei. Dann komme ich wieder nach Hause.«
In seiner Hemdtasche roch sie den vertrauten Pfeifentabak.
»Du könntest mitkommen, Pop. Die Saison ist dann vorbei â¦Â«
»Megan.« Er hielt sie leicht bei den Schultern. »Das ist ein ganz neuer Anfang für dich. Lege dir nicht von vornherein schon Beschränkungen auf.«
Nervös begann sie im Raum auf und ab zu marschieren. »Ich weià nicht, was du damit meinst â¦Â«
»Du wirst etwas aus dir machen. Etwas Wichtiges. Du hast ein seltenes Talent.« Sein Blick wanderte durch den Raum und blieb auf Catchs Büste liegen. »Dir bietet sich ein neues Leben, und ich wünsche mir, dass du mit beiden Händen zugreifst.«
»Du sagst das so, als würde ich nicht wieder zurückkommen.«
Als sie sah, wo sein Blick ruhte, wrang sie nervös die Hände, auch wenn sie versuchte, ihre Stimme lässig klingen zu lassen. »Die habe ich gerade erst fertiggestellt. Sie ist mir gut gelungen, findest du nicht auch?«
»Ja, sehr gut sogar.« Erst jetzt sah er zu ihr hin. »Setz dich, Megan, ich möchte mit dir reden.«
Den Ton kannte sie. Ohne ein Wort des Widerspruchs gehorchte sie und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber.
Pop wartete ab, bis sie saà und zu ihm sah. »Vor nicht allzu langer Zeit sagte ich zu dir, dass die Dinge im Leben sich ändern. Immer waren wir beide zusammen, wir brauchten einander und gaben uns gegenseitig Halt. Wir hatten den Park, der uns ein Dach über dem Kopf und unseren Lebensunterhalt garantierte.«
Sein Ton wurde mild. »Nicht eine Minute von den achtzehn Jahren, die du bei mir bist, möchte ich missen. Du hast mich jung gehalten. Ich habe dich aufwachsen sehen, habe jede Phase deines Lebens mit dir durchgemacht und hätte nicht stolzer auf dich sein können. Doch jetzt ist die Zeit für die nächste Phase gekommen.«
Megans Kehle war staubtrocken. Sie schluckte. »Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst.«
»Es wird Zeit, dass du in die Welt hinausgehst, Megan. Zeit, dass ich dich loslasse.«
Pop zog einen Stapel gefalteter Blätter aus seiner Tasche und glättete sie sorgfältig, bevor er Megan die Papiere hinhielt.
Nur widerstrebend nahm sie die Papiere entgegen. Kaum hatte sie einen Blick darauf geworfen, wusste sie auch schon, worum es sich handelte. Dennoch las sie, Wort für Wort, Seite um Seite, bis zum bitteren Ende.
»Du hast ihm den Park also verkauft.« Ihre Stimme hörte sich seltsam tonlos an.
»Sobald ich meine Unterschrift daruntersetze.
Weitere Kostenlose Bücher