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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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hatte mitteilen wollen, sie sagte,
    »Doch, Robert, ich kannte nämlich schon mal so einen. Einen, der gewalttätig war. Nur daß er nicht mich verletzt hat, sondern sich selbst. Mit einem Draht. Er war eine Art Fakir oder so, es ist egal, ich weiß genau, ich möchte so jemanden niemals haben«,
    Sie berührte seine Hand. Sagte: »Ich möchte niemanden haben, nur dich«,
    Sie ließen sich wieder zurücksinken. Der Himmel über ihnen war dunkel, mit Sternen darin. Die Wellen leckten den Strand ab wie Hundezungen, Weingläser berührten einander, dann Lippen. P’town weit drüben war ein Heiligenschein in der Nacht. Später sagte er wie nebenbei: »Übrigens, dieser Fakir. Hast du mit ihm geschlafen?«
    Sie sagte: »Ja.«
    Sie sagte: »Was machen wir jetzt, Robert? Wir müssen einen Plan machen, was ist mit deinem Büro? Du kannst doch dein Büro nicht völlig aufgeben, ich kann doch nicht immer weiter von dir leben! Ohne Job, ohne irgendwas, ich habe Angst davor, nach München zurückzugehen. Aber wir können auch nicht für immer hierbleiben. Und ich kann auch nicht abreisen, solange ich Jacques nicht habe«,
    Robert sah es passieren. Sah Sinas Unruhe wachsen, befürchtete Ausbrüche, in der Zukunft. Fliegende Gläser vielleicht. Vorwürfe: Du mit deiner Scheißselbstbeherrschung. Du mit deiner Bierruhe, du verstehst mich nicht, du verstehst nichts. Du treibst mich zur Verzweiflung,
    Und dann würde der andere kommen: Jacques, sie starrte ihn an, völlig entgeistert. Sagte,
    »Aber das ist doch Unsinn. Das ist etwas ganz anderes, zwischen Jacques und mir. Das hat nichts mit uns zu tun, warum verstehst du das nicht«,
    Robert sagte: »Aber ich verstehe sehr gut! Du vermißt Jacques. Du hast mit ihm gelebt. Vielleicht möchtest du lieber wieder mit ihm leben als mit mir«,
    Sie sagte: »Laß das, um Gottes willen.«
    Sagte, »Fang bloß nicht an, in meinem Leben herumzuinterpretieren. Fang nicht an zu behaupten, du wüßtest besser als ich, was ich wirklich will«,
    Wandte sich ab, humpelte aus dem Zimmer. Rief ihm über die Schulter zu,
    »Ich werde nicht auf Jacques verzichten, verstehst du! Er hat mich genauso gerettet wie du. Oder er hat mich verstümmelt.«
    Später kam sie zurück. Er konnte sehen, daß sie geweint hatte, vielleicht im Bad. Er bereute. War ärgerlich darüber, bereuen zu müssen, nahm sie aber in den Arm, sie sahen sich etwas im Fernsehen an: Krimi mit Autojagd, um nicht reden zu müssen, später gingen sie zu Bett. Als sie schlief, stand er wieder auf.
    Saß lange auf dem Sofa, vor dem kalten Kamin. Sah in die kalte Asche, rauchte, er war entschlossen. Würde es keinesfalls ein zweites Mal dulden: die Anwesenheit eines Dritten in seiner Geschichte, der Junge taumelte durch den Schnee auf ihn zu. Hielt ihm das Baby hin, Sie ist noch da draußen, da draußen, und wovon redete Robert überhaupt? Gegen welche Windmühlenflügel kämpfte er an, Jacques war schon längst da. War der Igel, in Roberts Geschichte. Stand an jedem Furchenende, war längst ein Teil der Geschichte: länger als Robert.
    Am Morgen brachte er ihr Kaffee ans Bett. Saß auf der Bettkante, betrachtete ihr Morgengesicht. Sagte etwas,
    »Ich möchte ja nur, daß du glücklich bist, Sina«,
    Improvisierte. Sagte, »Vielleicht könnten wir die Suche bei Jacques’ Tante beginnen. Bei der Tante auf den Keys, würdest du denn ihr Haus wiederfinden«,
    Sie sagte: »Ich weiß nicht.«
    Murmelte später an seinem Hals: »Jetzt können wir endlich anfangen, Robert. Ach Robert, ich bin so froh, ich bin wie befreit«,
    Sie fuhren an einen Strand. Vermieden das Thema: wollten die noch dünne Balance nicht sofort wieder gefährden, bei ihrer Heimkehr klingelte das Telefon. Ein Geräusch, so selten, daß sie zusammenzuckten, Robert nahm ab. Es war Gabriel Phillips.
    Dem Robert bisher ihren Namen verschwiegen hatte. Den Namen der Prinzessin, gefangen in Roberts Turm am Meer: Aber sie war ja nun befreit, Robert sagte,
    »Danke, es geht ihr gut, Gabriel. Es geht ihr täglich besser, sie erinnert sich inzwischen daran, wer sie ist. Sie kommt aus München, stell dir das vor. Sie heißt Sina. Sina Fischer, so heißt sie«,
    Am anderen Ende der Leitung herrschte völlige Stille. Dann sagte Gabriel,
    »What?«
    Lachte auf, ungläubig. Sagte,
    »Wie heißt sie? Du machst Witze, Robby, Sina Fischer? Sina Fischer aus München, aber das ist sie! Sie muß es sein. Emanuels Geliebte. Oder eine seiner Geliebten, ich kann es nicht fassen. Ich muß Emanuel

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