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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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Uhrensammler, das weiß ich noch genau, erinnerst du dich? An den Uhrensammler«,
    An Wanduhren Kuckucksuhren Taschenuhren Standuhren. Die ihre Ohren gefüllt hatten monatelang: mit ihrem Ticken, ihren Glockenspielen. Mit hallenden Gongs, dem Lärm ihres Schweigens, Jacques sagte,
    »Es war am nächsten Tag. Es war gar nicht weit weg von Henry Todds Haus, nur ein paar Meilen dahinter, wir hatten das Wohnmobil bei Henry abgeben wollen. Aber er war nicht zu Hause. Alles war dunkel, nirgendwo ein Licht, wir sind nicht mal ausgestiegen. Es war ein ziemlich kleines Haus. Ziemlich runtergekommen, ich weiß noch, was du gesagt hast. Du hast gesagt: Daß der sich dieses Riesenmobil überhaupt leisten kann«,
    Jacques brach ab. Sah übers Wasser. Lauschte vielleicht der Geschichte in seinem Kopf. Lauschte der Sina, die in der Geschichte war, er sagte,
    »Wir sind also wieder losgefahren. Durch den Wald, auf irgend so einer kleinen, einsamen Nebenstraße, wir wollten zu einem Campingplatz. Ich bin ziemlich langsamgefahren, wegen dem Schnee. Wir waren noch gar nicht weit weg von Henrys Haus, da stand plötzlich ein Auto am Straßenrand. Die Kühlerhaube war auf. Ein Mann stand davor. War so über den Kühler gebeugt, mit einer Taschenlampe, du hast gesagt: Dem werden wir wohl helfen müssen. Bei dieser Kälte«,
    Die Robert nun wieder zu spüren begann. Die aus den Tiefen seiner Knochen hervorkroch, wo sie sich all die Wochen verborgen gehalten hatte vor Sinas Sonne, Jacques sagte,
    »Ich wollte eigentlich gar nicht anhalten. Ich wollte weiterfahren, immer weiterfahren, es war alles so schön. Wir waren so fröhlich, Sina. Wir haben gesungen, du hattest deine Stiefel und deine Strümpfe ausgezogen. Du hattest Maurice auf dem Schoß, ich weiß noch, was du anhattest, Sina«,
    Robert roch blutnasse Wolle. Grub steifgefrorene Finger in Wollfetzen, Jacques sagte,
    »Ein gelbes Wollkleid hast du angehabt. Und Strümpfe. Dicke gestrickte Strümpfe, bis über die Knie, aber die hast du dann ausgezogen, wir haben irgendeinen blöden Oldie gesungen: If you like Pina Colada and getting caught in the rain, ich weiß das noch ganz genau. Ich weiß noch, wo wir das Kleid gekauft haben«,
    »In Connecticut«, sagte Sina. Preßte die Hände zusammen, »In einem Factory Outlet, an der 95, so war das also. Dieses Kleid hatte ich also an«,
    »Ja«, sagte Jacques. Schüttelte langsam den Kopf, sagte,
    »Ich wollte eigentlich gar nicht anhalten. Ich hab gedacht, der Kerl hat doch bestimmt ein Cell phone dabei, aber in dem Moment springt er vor uns auf die Straße. Springt mir direkt vor den Wagen, ich bremse also. Fahrerechts ran, vor seinem Auto, du sagst noch, zieh eine Jacke an, Jacques! Aber ich will ja nur mal schnell nachsehen, was überhaupt los ist. Ich lasse sogar den Motor laufen, der Kerl kommt mir entgegen. Richtet den Strahl von seiner Lampe direkt in mein Gesicht. Direkt in meine Augen, ich sage, Hey, laß das. Nimm die Lampe runter, er sagt, Sorry. Aber man muß ein bißchen aufpassen, allein hier draußen, mitten in der Nacht.
    Etwas an seiner Stimme ist komisch. Etwas kommt mir gleich komisch vor, es ist, als hätte er ein Lachen in der Stimme. Er lacht nicht, aber irgendwie ist das Lachen in jedem Wort, Ich bin Ihnen ja so dankbar, daß Sie angehalten haben, sagt er zu mir. Ich bin in einer bösen Klemme, es klingt, als ob er sich über irgendwas amüsiert. Ich kann ihn nicht richtig sehen, weil mir lauter lila Flecken vor den Augen rumschwimmen von der Lampe, dann schlägt eine Autotür zu. Zwei Typen rennen an mir vorbei. Sie waren im Auto, und jetzt rennen sie zum Wohnmobil, allmählich wird mir klar, was er so lustig findet, der Witzbold. Allmählich fange ich an, den Witz zu kapieren, ich drehe mich um und will wieder zurückrennen. Aber da hat der Witzbold mir schon eine verpaßt. Gibt mir noch eine und noch eine, dann zieht er mich hoch und schiebt mir eine Knarre in die Rippen. So, mein Freund, sagt er. Und jetzt steigst du in das Auto hier ein.
    Er stößt mich auf den Rücksitz. Steigt selber auch ein, hält mir die Knarre immer weiter an den Bauch, Sorry, sagt er. Aber ich habe dich ja gewarnt. Man muß wirklich ein bißchen aufpassen, hier draußen in der Nacht,
    Ich denke: Vorsicht. Witzbold hier hat zu viele Filme gesehen. Hat seine Rolle von irgendwelchen Hollywood-Typen abgekupfert, mit der Sorte muß man aufpassen,allmählich kriege ich wieder Luft. Ich sage: Was wollt ihr von uns.
    Witzbold sagt, Die Karre

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