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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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Films.
    »Ich sehe ja aus, wie ich mich fühle! Wie ich mich immer fühlen wollte, und dann, Robert, wenn ich erst wieder laufen kann, dann«,
    Sie sagte: »Ich habe es dir so schwergemacht. Ich will es dir nie wieder schwermachen, ich hatte Angst. Nach dem Überfall hatte ich vor allen Angst, auch vor dir, ich kannte dich doch nicht. Ich wußte nicht, wer du bist«,
    »Weißt du es jetzt?« fragte er.
    Sie sagte: »Nein.«
    Jubelte, »Nein, ich weiß nur, daß du eben Robert bist«,
    Sie brieten Fisch, draußen auf dem Deck in der hellen Nacht.
    Jeremy und John waren nicht dabei. Hatten ihren eigenen blaugoldenen Planeten bezogen. Verließen ihn kaum jemals: Mußten immer erst mühsam ein UFO klarmachen, dann Lichtjahre weit reisen, bevor sie auch nur zwei Häuser weiter landen konnten. Susan war übrig.
    Touristen überfluteten wieder die Straßen in P’town. Sina und Robert trieben durch die Stadt. Waren allein: die einzigen ihrer Art. Taucher vielleicht, in einem Meer voll fremder, unverwandter Geschöpfe, sie kauften Kuchen in der Portuguese Bakery. Bummelten durch einen Buchladen, aßen Eis. Gerieten in einen Sexshop: wo sie eine wundersame Stunde verbrachten zwischen Latexhosen, grünleuchtenden Penissen, vibrierenden Marienkäfern: Lady bugs. For long busrides, sie kauften nichts. Sie hatten einander noch immer nichts gesagt: oder so kam es ihnen vor,
    »Ohne den Reiseführer wäre ich nie geflogen! Ohne dieses Fest, ich war auf einem ganz albernen Fest. Und auf der Heimfahrt im Taxi habe ich dann den Reiseführer gefunden«,
    »Ohne die Sache mit Natalie wäre ich nicht mehr wiedergekommen. Ohne die Brandblase an ihrer Hand«,
    Alles erhielt nun seinen Platz. Verschob sich, bis es Bedeutung erhielt, alles verwandelte sich im Licht ihrer Geschichte. Der Geschichte der Eisprinzessin: die sich ebenfalls wandelte, unter ihren ungläubigen Augen,
    »Ohne den Überfall hätten wir uns ja niemals kennengelernt, Robert!«
    Er zog sie auf seinen Bauch, wie damals im Wald.
    Sie sagte: »Ich weiß noch nicht mal, ob wir das Wohnmobil abgegeben haben. Ob der Überfall vorher oder nachher passiert ist, was haben wir denn gemacht dort oben im Wald, ohne Auto? Vielleicht sollte ich Billy Todd anrufen. Oder Henry, seinen Bruder, aber was ist, wenn sie in die Sache verwickelt sind? Vielleicht bringe ich uns dann in Gefahr. Vielleicht sind wir längst in Gefahr, wir müssen mit der Suche beginnen, Robert. Wir müssen endlich Jacques finden«,
    Er sagte: »Werde doch erst mal wieder ganz gesund.«
    Sie versuchte, ohne Krücke zu gehen. Ging ein Stück durch das Wohnzimmer, an Roberts Arm. Ging ein längeres Stück, schwer auf ihn gestützt, jeden Fortschritt feierten sie. Kauften Naschzeug, Champagner. Kauften CDs:
    Hits der späten siebziger Jahre. Die sie erinnerten an zwei Fremde: an Sina, den Teenager, an Robert, den angehenden Architekten, nun mußten sie diese beiden Fremden miteinander bekannt machen. Damit Sina und Robert einander ein ganzes Leben lang gekannt haben würden,
    Samstags ging ich immer auf die Partys im Jugendheim. Vorher gab es jedesmal Streit mit Christa darüber, wie lange ich bleiben durfte, ich hatte eine Plüschjacke vom Flohmarkt und einen Schal mit Silberfäden wie Christbaumlametta,
    Ich hatte einen bodenlangen Ledermantel, in Schwarz. Er wog ungefähr dreihundert Pfund. Ich zog ihn niemals aus, ich war schließlich das kommende Genie der Architektur. Trieb mich natürlich viel zuviel in Kneipen herum,
    Mit Philippa. Die er kurz darauf geheiratet hatte, aber darüber sprach er nicht jetzt: während sie auf dem Sofa lagen und Fleetwood Mac hörten, Rod Stewart, sie fragte ihn natürlich.
    Fragte nach seinen Eltern, seinem Beruf. Nach ihren Vorgängerinnen: über die er seine Auskünfte sorgfältig beschränkte, sie sagte: »Von mir gibt es ja nicht viel zu erzählen. Das Wichtigste weißt du schon: daß ich keine Eltern habe, keinen besonderen Beruf. Keinen Mann, keine Kinder, bloß eine Stiefmutter. Aber die lebt ihr eigenes Leben«,
    Er sagte: »Meinst du nicht, sie macht sich Sorgen um dich?«
    »Wer, Christa?«
    Ihr Ton verblüfft. Er fragte nicht weiter.
    Sie hinkte hinaus auf das Deck, an Roberts Arm. Hinkte einmal rund um das Deck, die Hand am Geländer, keuchte vor Anstrengung. Triumphierte, Robert bestellte einen Tisch bei Painter’s. Ließ sich von ihr mit eingelegten Krabben, gerösteten Linsen füttern, Sina hatte das Gazekleid an. Robert zählte die Kerzenflammen in ihren Augen.

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