Meere - Tierparadiese unserer Erde
ausgebildet. Die Männchen verfügen nur über eine Fressschere – die zweite hat sich zu einer stark vergrößerten Winkschere entwickelt, die bei der Balz von Bedeutung ist.
Mit ihren Fressscheren führen die Winkerkrabben den Schlick zu ihren mit Haaren besetzten Mundwerkzeugen. Dieser wird zunächst in einer kleinen Kammer zwischen den Kieferfüßen mit Atemwasser aus der Kiemenkammer aufgeschwemmt. Löffelähnliche Haare halten die ungenießbaren Bestandteile zurück. Diese werden am Ansatz der Mundwerkzeuge gesammelt, zu kleinen Kugeln gepresst und schließlich mit den Scheren am Boden abgelegt. Das von feinen Härchen abgeseihte Nahrungssubstrat hingegen wird in die Mundöffnung befördert. Bei kleinsten Erschütterungen des Bodens ziehen sich die Winkerkrabben sofort in ihre senkrechten, mit einem Schlickbrocken verschlossenen Löcher zurück. Dann zeugen nur noch die Schlickmurmeln, mit denen der Strand nun übersät ist, von ihrer Anwesenheit.
Ökologische Rolle im Nahrungsnetz
Die Winkerkrabben spielen eine bedeutende Rolle im Gefüge des Ökosystems der Mangroven. Die von den Bäumen herabfallenden Blätter werden beispielsweise in brasilianischen Mangrovenwäldern von der hier massenhaft vorkommenden, bis zu 10 cm breiten Großen Mangrovenkrabbe (
Ucides cordatus
) zerkleinert. Das organische Substrat wird somit nicht mit dem Gezeitenstrom aus dem Mangrovenwald herausgespült, sondern steht als Nahrungsquelle für weitere Organismen zur Verfügung. Zum einen zersetzen Bakterien die zerkleinerten Blätter, zum anderen fressen die hier ebenfalls in großer Zahl lebenden fünf verschiedenen Arten von Winkerkrabben u. a. die Blattreste in Form von Detritus. Auf diese Weise tragen im Nahrungsnetz der Mangroven auch die zwischen 1 und 5 Zentimeter großen Winkerkrabben sowohl zum Verbleib sowie – durch ihre Verdauung von organischem Substrat – zur Bereitstellung der Nährstoffe für ihren Lebensraum bei.
Der Wink zum Paarungstanz
Die stark vergrößerte Schere der Männchen, die bis zur Hälfte ihres Körpergewichts ausmachen kann, dient ausschließlich rituellen Zwecken; sie wird nicht zum Hantieren verwendet. Zum einen wird die Schere bei den Rivalenkämpfen unter den Männchen eingesetzt. Mit weit ausholenden Bewegungen drehen die Männchen unter imponierendem Wippen des gesamten Körpers die Schere hin und her. Manchmal verhaken sie auch die Scheren mit denen ihres Gegners und messen direkt ihre Kräfte. Will das Männchen hingegen ein Weibchen für sich gewinnen, wippt es zwar auch mit seinem Körper auf und ab, die Schere schwenkt es jedoch als Werbungssignal in einem artspezifischen Rhythmus und Bewegungsschema vor dem Weibchen hin und her. Die kleinen Jitterbug-Winkerkrabben (
Uca saltitanta
) springen unter heftigem Winken sogar in die Höhe. Männchen der Art
Uca insignis
lassen hingegen die Schere hoch über ihrem Kopf kreisen, während sie selbst auf »Zehenspitzen« stehen, um ihre Kontur zu vergrößern. Arten, die in dichterem Bewuchs leben, machen außerdem durch Klopfrhythmen auf den Boden die Weibchen auf sich aufmerksam. Über den Erfolg der sich oft über Stunden hinziehenden Paarungstänze der Männchen entscheidet meist die Größe der Winkschere.
Paarungswillige Weibchen folgen den eifrigen Winkern zur Begattung in deren Höhle. Zwei Hinterleibsbeine (Pleopoden) der Männchen sind zu Begattungsorganen ausgebildet. Zur Übertragung der Samen umschließen die benachbarten Beine die Begattungsorgane und pumpen wie bei einem Kolben die Spermien in die für alle Krabben typische Samentasche der Weibchen. Die eigentliche Befruchtung der Eier erfolgt dann beim Ablaichen. Die befruchteten Eier tragen die Winkerkrabbenweibchen nach Krabbenmanier als Paket geschützt unter ihrem breiten, nach vorn geklappten Hinterleib. Die schlüpfenden Krebslarven werden ins freie Wasser abgesetzt, wo sie sich als Planktonlarven über mehrere Häutungen bis zum sog. Megalopa-Stadium entwickeln. Dieses Larvenstadium siedelt sich am Meeresboden an und verwandelt sich zur bodenlebenden Winkerkrabbe.
Austern: Vermehrung im Zeichen des Mondes
Die 5–10 cm große Europäische oder Tafelauster (
Ostrea edulis
) mundete schon unseren Vorfahren in der Steinzeit, wie wahre Schalenberge an küstennahen Siedlungsplätzen belegen. Die teuren Meeresfrüchte sind für unsere Ernährung heute nicht mehr un-bedingt vonnöten, jedoch sind florierende Austernbänke aus den Ökosystemen an Europas Küsten nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher