Meere - Tierparadiese unserer Erde
wegzudenken. Sie erneuern sich alljährlich in einem geheimnisvollen Spektakel, das mit dem Rhythmus der Mondphasen zusammenhängt.
© PantherMedia/Harald Richter
Schalen der Europäischen Auster
Auf festen Boden angewiesen
Austern setzen sich in geringer Wassertiefe unwiderruflich auf dem Untergrund fest und treten daher nur in felsigen Gegenden entlang der gesamten europäischen Küste in Massen auf. Diese Vorkommen werden als Austernbänke bezeichnet. In der sandigen Nordsee gibt es nur hier und da lockere Kolonien: Zu groß ist in dieser Umgebung das Risiko, vom Sediment verschüttet und erstickt zu werden.
Zur Überfamilie der Ostreoidea gehören etwa 20 Muschelarten in praktisch allen tropischen und gemäßigten Meeren der Welt. Gegessen werden neben der Tafelauster auch die Portugiesische Auster (
Crassostrea angulata
), die Pazifische Auster (
Crassostrea gigas
) aus den ostasiatischen Korallenriffen und die Amerikanische Auster (
Crassostrea virginica
) aus der Gattung der Blattaustern. Bei allen ist die linke, untere Schalenklappe gewölbt, kräftig und fest mit dem Untergrund verkittet, während die rechte Seite flach und relativ dünn bleibt.
Die schilfrigen, unscheinbaren Schalen sind oft mit Kalkrotalgen, Moostierchen, kleinen Schwämmen usw. bedeckt und schließen hermetisch ab, so dass die Muscheln ein Trockenfallen ihres Siedlungsplatzes während der Ebbe überstehen.
Austern benötigen einen Salzgehalt von mindestens 1,9 % sowie im Sommer eine Wassertemperatur von über 15 °C und fehlen daher in der Ostsee und den kalten nordeuropäischen Gewässern. Sie leben von kleinsten Planktonorganismen und Schwebteilchen, die sie aus dem Wasser filtern.
Ablaichen wie auf Kommando
Europäische Austern sind Zwitter, die im Verlauf ihres bis zu 30-jährigen Lebens das Geschlecht wechseln. Sie befruchten sich also nicht selbst. Wie aber findet man Paarungspartner, wenn man festgewachsen ist? Ende Juni oder Anfang Juli, etwa zwei Tage nach Voll- oder Neumond, laichen alle Weibchen in ihre Mantelhöhlen ab und die Männchen setzen ihre Samen frei. Auslöser ist die Springflut, die mit diesen Mondphasen einhergeht, im Verbund mit den sommerlichen Temperaturen und dem richtigen Salzgehalt des Wassers. Was genau den Startschuss zu diese »Massenorgie« gibt, ist noch nicht endgültig geklärt. Der Prozess ist jedenfalls selbstverstärkend: Der »Duft« von Austernsperma regt weitere Muschelmännchen zur Samenabgabe an. Mit dem Atem- und Nahrungswasserstrom gelangen so ausreichend Spermien in die Weibchen – vorausgesetzt, die Kolonie ist groß genug.
Anders als die amerikanische Verwandtschaft betreibt die Europäische Auster Brutpflege: Erst mit acht Tagen schwärmen die sog. Veligerlarven – wiederum gleichzeitig – aus den mütterlichen Mantelhöhlen aus. Ihren Namen (von lateinisch velum = »Segel«) verdanken sie zwei bewimperten Lappen, mit denen sie 11–30 Tage im Wasser herumschwimmen und sich in der Strömung treiben lassen. Dann bilden sich die bewimperten Körperteile zurück, winzige Schalen entstehen und die jungen Muscheln sinken auf das Substrat hinab. Mit klebrigen Fasern aus der sog. Byssusdrüse, die im Wasser wie Zement erhärten, heften sie sich bevorzugt an die Schalen ihrer Artgenossen in bestehenden Austernbänken.
Europäische Auster
Ostrea edulis
Klasse Muscheln
Ordnung Ostreoida
Familie Austern
Verbreitung europäische Küsten
Maße Länge: 5–10 cm, selten bis 20 cm
Nahrung Plankton, Detritus
Geschlechtsreife mit 1 Jahr
Zahl der Eier bis 3 Mio. pro Jahr
Höchstalter 30 Jahre
Die Artenvielfalt der Austernbänke
Allerdings konkurrieren sie hier mit anderen Arten, die junge Austern überwachsen können, z. B. Entenmuscheln oder Seescheiden. Seesterne und Austernbohrer, eine Schneckenart, fressen die Weichtiere. Mit vielen anderen Tieren leben sie aber friedlich zusammen. So lassen sich Muschelwächterkrabben (
Pinnotheres pisum
) in ihren Mantelhöhlen nieder, wo sie Schutz finden, ohne ihren Wirten zu schaden. Die reiche Fauna der z. T. meterdicken Bänke setzt sich aus Einzellern, Schwämmen, Nesseltieren, Moostierchen, Würmern, Krebstieren, Seespinnen, Schnecken, Seescheiden, Seeigeln und -sternen zusammen. Das Sediment ringsum wird durch die Ausscheidungen und Schalenreste der Muscheln mit Nähr- und Mineralstoffen angereichert und ist daher dicht mit Bakterien und Einzellern besiedelt, die wiederum als erste Glieder vieler Nahrungsketten dienen. Das Absterben
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