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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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können?“
    „Ja, ich habe recht. Und nein, ich hätte mir definitiv nicht dieses Schiff für meine Schnüffeleien ausgesucht. Es gibt keinen schlechteren Ort. Sei froh, dass du so niedlich bist, sonst würde ich mir jetzt eine sadistische Bestrafung ausdenken. Die Gelbfieber-Impfung wäre ein Witz dagegen.“ Alan stutzte, spitzte die Lippen und beugte sich so weit vor, dass ihre Wangen aufeinanderlagen. „Wie sind solche Werte möglich? Was ist er?“
    „Ein Kabeljau“, gab Maya zurück.
    „Bitte?“
    „Wir haben beide keine Ahnung, okay? Dazu dienten die Untersuchungen. Folgende Dinge wissen wir inzwischen: Er ist kein Mensch, sein Körper stellt sich auf ein Leben im Wasser um, es fällt ihm zunehmend schwer, Luft zu atmen und seine Haut ist amphibisch.“
    „Sehr witzig. Hast du dir wieder eine Flasche Himbeer-Wodka aus dem Lager geklaut?“
    „Du hast die Ergebnisse doch selbst gesehen.“
    „Ja.“ Alan kniff die Augen zusammen. „Trotzdem.“
    „Es ist, wie es ist. Ein Mensch ist er jedenfalls nicht. Eher so eine Art Meerjungfrau.“ Maya erschien dieses Wort völlig idiotisch. „Nur in männlich.“
    „Und demnächst wächst ihm ein Fischschwanz oder was?“
    „Höchstwahrscheinlich.“
    „Du bist doch völlig im Eimer.“ Alan wedelte mit der Hand vor seinem Kopf herum. „Du schwörst gerade einen Kampf zwischen Wissenschaft und Mythos herauf. Das überstehe ich nicht ohne Drogen. Entschuldige mich. Und sag mir Bescheid, wenn ihm Schuppen wachsen.“
    „Er hat schon welche. Hier und hier.“ Sie deutete auf Taille und Hüfte.
    „Heiliger Assisi. Ihr macht mich fertig.“
    „Reden wir später drüber, okay?“ Sie packte Alan bei den Schultern und sah ihm fest in die Augen. „Behalte es für dich. Ich bitte dich.“
    „Was denkst du von mir? Der arme Kerl. Das ist mir alles zu abgefahren. Ich muss erst mal einiges verarbeiten. Seid ab sofort bloß vorsichtiger, sonst verpasse ich dir einen Einlauf.“
    „Versprochen. Du bist der Beste.“
    „Schleimscheißerin“, knirschte Alan. „Wir sehen uns gleich oben an Deck. Und bring Hunger mit.“
    „Aber Wale stinken nicht“, empörte sich Jeanne.
    Seufzend drehte Maya ihren Plastikbecher Cola zwischen den Fingern und starrte auf das tintenschwarze Meer. Fliegende Fische zischten durch die Dunkelheit, sirrend wie Libellen. Längst glich das Schiff einem heillosen Chaos aus Bänken, Klappstühlen, voll beladenen Tischen und schnatternden Menschen, die ihre kühle Professionalität über Bord warfen.
    „Irrtum, Kleines.“ Solander steckte sich ein mit Schinken umwickeltes Grillwürstchen in den Mund. „Sie stinken doch. Du musst dir vorstellen, dass sie mit ihren gigantischen Barten eine Menge Krill filtern. Da bleibt immer was hängen und fault vor sich hin. Wenn so ein Tier seine Fontäne ausbläst, stinkt es ergo faulig. Früher gab es viel mehr Wale im Meer. So viele, dass man ihre Blasfontänen sah, wohin man auch schaute, und so viele, dass die ganze Luft stank.“
    Christopher schien dem Gespräch nicht zu folgen. Geistesabwesend starrte er auf sein türkisfarbenes Glas, während er mit der freien Hand das Orca-Emblem auf seinem T-Shirt betastete. Sie liebte es, wenn er die Haare wie jetzt offen und unordentlich trug, auch wenn ihre Hände vor Verlangen, sich hineinzugraben, zuckten. Synchron nahmen sie beide einen Schluck Cola, während Solander und Jeanne weiterstritten.
    „Aber die Buckelwale letztens haben nicht gestunken“, warf das Mädchen störrisch ein. „Nicht ein bisschen.“
    „Stimmt.“ Solander nickte. „Sie waren in ihrem Gestank sehr gemäßigt. Aber ein wenig gemüffelt haben sie. Letztens musste ich von einem Blauwal eine Gewebeprobe nehmen. Da stand ich also mit flatternden Hosen an der Reling, zielte und wartete darauf, dass das Tier hochkam. Natürlich blies es beim Auftauchen erst mal eine stinkende Fontäne aus, und weil die Studenten nicht wussten, dass Wale so penetrant miefen können, schob man es auf einen Darmwind meinerseits. Zum guten Glück verstehe ich eine Menge Humor.“
    Jeanne kicherte. „Ich glaube es erst, wenn ich es selbst rieche.“
    „Warum? Es nimmt ihnen doch nichts von ihrem Zauber.“ Alan, der rechts von ihr saß, verspeiste zwei Würstchen gleichzeitig und fuhr mit vollem Mund fort. „Die schlimmsten Stinker der Meere sind Robben, meiner Meinung nach. Du riechst meilenweit, wenn eine Kolonie in der Nähe ist. Ganz abgesehen davon, dass sie einen Höllenlärm veranstalten,

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