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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Jane
hatten mich auf eine falsche Fährte gelockt. Vielleicht hatten
sie es nicht besser gewusst, möglicherweise war es aber auch
mit voller Absicht geschehen. Doch all das interessierte mich
nicht mehr. Ich wollte nur noch wissen, warum Gordian sich
so verändert hatte und welche Aufgabe das Meer für mich bereithielt.
    Also tauchte ich wieder unter und steuerte nun direkt die
Westküste Guernseys an. Es war mir egal, wo ich ankommen
würde, ich schwamm einfach geradeaus – und plötzlich sah ich
ihn: Gordy!
    Er schoss hinter dem Vorsprung eines Riffs hervor, stob auf
mich zu und packte mich am Handgelenk. Mit wenigen energischen
Flossenschlägen zog er mich hinter sich her zurück zum
Riff und drückte mich in einen breiten Spalt.
    Verdammt noch mal, was machst du hier?,
fuhr er mich an.
Hab
ich dir nicht gesagt, dass ich dich nicht dabeihaben will?
    Du hast eine ganze Menge gesagt,
erwiderte ich.
Zum Beispiel
auch, dass du mich nicht mehr anfassen würdest.
    Er wich ein Stück von mir ab und schüttelte unwillig den
Kopf.
Wie konntest du nur ohne Deckung auf die Insel zuschwimmen!,
blaffte er.
    Keine Ahnung. Ich hab’s einfach getan,
sagte ich und überlegte,
ob ich ihm von der Strömung erzählen sollte, die mich aus der
Trave ins Meer hinausgezogen hatte, doch dann bemerkte ich
das panische Flackern in seinen Pupillen und ließ es sein.
    Was ist hier los, Gordy?,
fragte ich scharf.
    Du solltest nicht hier sein, das ist los!,
gab er zurück, und schon
durchzuckte mich der wahnwitzige Gedanke, dass er mit Jane
und Javen Spinx unter einer Decke steckte.
    Gordian schob die Augenbrauen zusammen. Für eine Sekunde
wirkte er irritiert, dann schüttelte er abermals den
Kopf.
    Du solltest nicht hier sein,
wiederholte er überraschend sanft.
    Ich schluckte, dann fing ich an zu zittern.
    Du willst mich nicht dabeihaben, stimmt’s?
Wobei auch immer,
fügte ich im Stillen hinzu.
    Gordy nickte.
    Aber das bedeutet nicht, dass du mich gar nicht mehr willst, oder?
    Diesmal nickte er nicht, aber er schüttelte auch nicht den
Kopf, sondern sah mich nur an.
    Versprich mir, dass du in dieser Felsspalte wartest, bis ich zurückkomme,
sagte er schließlich.
    Unschlüssig erwiderte ich seinen Blick.
Warum?
    Versprich es mir einfach!
    Ich registrierte das Flehen in seinen Augen.
    Wie lange wird es dauern?,
fragte ich.
    Das kann ich dir nicht sagen.
    Dann kann ich dir auch nicht versprechen, dass ich dir nicht weiter
folgen werde.
    Er presste die Lippen aufeinander und sein Blick wurde
noch eindringlicher.
Elodie, bitte!
    Erklär mir wenigstens, wieso!
    Anstelle einer Antwort sah Gordy mich nur weiter an, und
mit einem Mal wurde mir klar, was in ihm vorging: Er hatte
Angst um mich!
    Diese Erkenntnis durchflutete mein Herz wie eine warme
Welle und machte mich innerlich so weich, dass ich ihm alles
versprochen hätte.
    Also gut,
gab ich nach.
    Gordian atmete sichtlich auf. Er nickte mir zu, dann drückte
er sich vom Felsen ab und glitt mit bedächtigen, aber kräftigen
Flossenschlägen weiter auf die Küste zu.
    Wenn es nicht zu lange dauert …,
schickte ich ihm in Gedanken
hinterher.

    Es dauerte zu lange –
viel
zu lange.
    Ich hatte schon mindestens hundertmal gegen den Reflex
angekämpft, mein Versteck zu verlassen. Inzwischen lag die
Meeresoberfläche wie ein lichtdurchfluteter Spiegel über mir,
was darauf schließen ließ, dass die Sonne ihren Höchststand
erreicht hatte, es also auf Mittag zuging.
    Ich gebe dir noch fünf Minuten,
dachte ich und schloss die
Augen. Auf einmal hörte ich meinen Namen. Aber es waren
nicht Gordys Gedanken, die ihn formten.
    Ich werde dich besitzen, Elodie, so wie alle anderen.
    Kyan!, schoss es mir durch den Kopf. Wer sollte es sonst
sein?
    Mein Herz trommelte los, und instinktiv drückte ich mich
tiefer in die Felsspalte. Ich versuchte herauszuhören, wie weit
der Nix von mir entfernt war, und kam fast um vor Angst, weil
ich nicht einschätzen konnte, wie viel ich dadurch über meinen
eigenen Standort preisgab.
    Ich werde dich küssen, Elodie. – Danach. Du wirst in meinen
Armen sterben und dieser elende Plonx wird dir dabei zuschauen.
    Plötzlich sah ich mich selbst – von hinten, mitten im Meer
schwimmend. Anstelle eines Haischwanzes hatte ich Beine.
Meine dunklen Haare folgten mir wie eine Schleppe, die auf
der Wasseroberfläche trieb. Mit gleichmäßigen Zügen hielt ich
auf einen langen Sandstrand zu. – Und dabei kam ich mir
selbst immer näher.
    Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Was

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