Meeresrauschen
Stoß und sie trudelte
langsam der Wasseroberfläche entgegen. Ihr Gesicht war
aschfahl, und ich bemerkte zu meinem Entsetzen, dass sich
ihre Lider schlossen, während sie rücklings abdriftete und unmittelbar
auf ein großes Riff zutrieb.
Ich wollte ihr zu Hilfe eilen, doch Kyan hatte mich bereits gepackt.
Seine muskulösen Arme umklammerten meine Taille.
Tut mir leid, dass ich dir den Spaß verderbe,
zischte ich, fasste
über meinen Kopf hinweg in seine schwarzen Haare und zerrte
daran, so fest ich konnte.
Ich werde dich trotzdem töten,
knurrte er. Eine seiner großen
Hände tastete nach meinen Brüsten und drückte sie begierig.
Und während er das tat, schwamm er langsam auf Gordy und
die drei Delfinnixe zu, die ihn noch immer gefangen hielten.
Ich unterdrückte Ekel und Wut, versuchte die fremde Hand,
die weiter provozierend meine Brüste knetete, zu ignorieren,
und flehte innerlich zum Himmel, dass Aimee nicht das Bewusstsein
verloren hatte und ertrank. Es fehlte nicht viel und
ich würde durchdrehen.
Verzweifelt richtete ich meinen Blick in Gordys Augen und
hoffte auf ein Lächeln, doch seine Iris flirrte vor Hass, und
seine Pupillen zogen sich so schmal zusammen, dass sie in der
leuchtenden Iris kaum noch zu erkennen waren. Noch nie
hatte ich ihn so dermaßen außer sich vor Wut gesehen, ich
war sicher, wenn er gekonnt hätte, hätte er Kyan und seine
Freunde mit bloßen Händen zermalmt.
Umso überraschter war ich, als ich hörte, was er nun als
Gedankenecho aussandte.
Wollt ihr die bezaubernde Elodie wirklich ihm allein überlassen?
Halt deine Klappe, Plonx!,
fauchte Kyan.
Noch ein Wort und ich
grabe meine Zähne in ihr Fleisch.
Sei nicht töricht, sie ist nicht mehr das, wofür du sie hältst. Wenn
ihr Blut ins Meer strömt, lockst du nur die Haie an,
erwiderte
Gordy seelenruhig.
Niclas, Pine,
fuhr er in einnehmendem
Tonfall fort,
spürt ihr den Duft des Menschenmädchens? Sobald sie
tot ist, wird keiner von euch mehr seine Freude an ihr haben. Warum
schnappt ihr sie euch nicht und …
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da waren die beiden
Nixe, die ihn an den Armen festgehalten hatten, bereits
an Kyan und mir vorbeigeschossen.
Gordy, was tust du da?,
rief ich erschrocken, da spürte ich
einen Stoß in meinem Rücken, der mich ruckartig nach vorn
warf. Kyans Griff lockerte sich, ich schlug kräftig mit dem
Schwanz aus und traf ihn zwischen den Beinen an seiner empfindlichsten
Stelle.
Ich vernahm ein kurzes schadenfrohes Keckern, dann stob
plötzlich ein Schatten an mir vorbei genau auf Gordy zu – ein
Hainix, dessen Außenhaut so schwarz war, dass ich nicht erkennen
konnte, wer sich darunter verbarg.
Nein! Nicht ihn!, schrie ich. Er wollte dem Mädchen helfen!
Doch der schwarze Hai ließ sich nicht aufhalten. Mit voller
Wucht rammte er sein Maul gegen den Nix, der noch immer
Gordys Schwanz umklammert hielt. Und er tat es wieder und
wieder, bis dieser losließ und zu fliehen versuchte. Da schoss
der Schwarze ein letztes Mal auf ihn zu, riss sein Maul weit
auf und hieb seine langen scharfen Zähne in die Flanke des
Delfinnixes. Unmengen von Blut quollen hervor. Doch es war
noch nicht vorbei. Mit dem Nix im Maul machte der Hai nun
eine Kehrtwende, steuerte in rasendem Tempo auf das Riff zu
und schleuderte den zappelnden Leib gegen einen mit Algen
überwucherten Felsen.
Tief schockiert beobachtete ich dieses Schauspiel, unfähig,
mich zu bewegen. – Bis ein zweiter Hai auftauchte.
Seine Außenhülle war ebenso schwarz und undurchdringlich
wie die seines Artgenossen, und er bewegte sich so schnell,
dass das Meerwasser um mich herum erbebte. In einem irrsinnigen
Tempo jagte er einem der anderen Delfinnixe nach, der
gerade hinter einem Riff verschwand.
Nicht einmal einen Atemzug später stieg dort eine riesige
blutrote Wolke auf.
Panisch riss ich den Kopf hin und her, um das Geschehen
zu verfolgen und nach Gordy Ausschau zu halten, da sah ich,
dass er sich Aimee geschnappt hatte und mit ihr in Richtung
Wasseroberfläche glitt.
Ich wollte ihm gerade hinterherschwimmen, als der größere
der beiden Hainixe hinter dem Riff hervorpreschte und ebenfalls
auf Gordian zusteuerte.
Neiiin!,
brüllte ich.
Gordy, pass auf! Hinter dir!
Im selben Moment durchzuckte ein mächtiger Impuls ähnlich
dem eines Stromschlags die Muskeln meines Schwanzes.
Ein einziger Flossenschlag genügte, um mich mehrere Meter
voranschießen zu lassen.
Ich erwischte den Hainix knapp über dessen Hüfte, warf
mit dem
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