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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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etwas nie wieder geschieht«, setzte er leise hinzu, während er
sich in einer schnellen, geschmeidigen Bewegung erhob. »Leb
wohl, Elodie.«
    »Was? … Nein!«
    Irgendetwas lief hier falsch. Nein,
alles,
was gerade passierte,
lief falsch. Ich verstand es nicht und hatte das Gefühl, jeden
Augenblick den Verstand zu verlieren. Ungelenk rappelte ich
mich auf.
    »Warte«, brachte ich mühsam hervor. »Du bist doch nicht
den ganzen Weg hierhergekommen, bloß um dich von mir zu
verabschieden?«
    »Nein, nein.« Gordian schüttelte den Kopf. »Nicht nur. Das
Wichtigste ist, dass du unversehrt bist … und dass die Wunden,
die ich dir zugefügt habe, verheilt sind.«
    »U-und was hast du jetzt vor?«, stammelte ich.
    »Ich muss zurück.« Er deutete zum Ufer der Trave.
    »Wohin? Nach Guernsey?«
Nicht zu deinen Eltern und Idis in
den Atlantik?
    »Ich muss mich beeilen«, sagte er knapp und machte einen
weiteren Schritt von mir weg. Sein Blick, seine Körperhaltung,
alles an ihm drückte Ablehnung aus.
    »Warum?« Meine Stimme war nur noch ein Hauch.
    Gordian reagierte nicht, und er ließ es auch nicht zu, dass
ich in seinen Gedanken las. Irritiert sah ich ihn an, und plötzlich
wurde mir klar, warum er so schnell auf die Kanalinseln
zurück und mich nicht dabeihaben wollte.
    Kyan und seine Freunde haben es tatsächlich geschafft, richtig? Sie
sind ohne dich an Land gegangen.
    Wieder bekam ich keine Antwort, ich registrierte nur ein
Flackern in seinen Augen.
    Die Ruhe auf Sark ist trügerisch,
setzte ich hinzu.
Es ist nur eine
Frage der Zeit, bis man das nächste Mädchen tot auffinden wird,
oder?
    Um Gordys Mundwinkel zuckte es.
    »Leb wohl«, sagte er noch einmal, dann drehte er sich um
und einen Atemzug später war er auch schon in das dunkle
Wasser der Trave eingetaucht.

Du hast dich vollkommen umsonst von ihm getrennt, war
alles, was ich denken konnte.
    Ich vergaß Mam, Sina, Javen Spinx und Jane, ich dachte
nicht einmal darüber nach, dass meine Haihaut daheim in
meinem Kleiderschrank ganz unten in der Sockenkiste lag,
und ich achtete auf nichts und niemanden, sondern entledigte
mich wie in Trance meiner Kleidung und stürzte mich kopfüber
in die Trave.
    Süßwasser strömte in meine Lungen und meine Beine
schlossen sich wie selbstverständlich zu einer Flosse zusammen.
Die Verwandlung geschah automatisch, meine alte Haihaut
brauchte ich offenbar gar nicht dazu. Ich legte meine
Arme an den Körper und bewegte mich mit schnellen, kräftigen
Flossenschlägen dorthin, wo das Rot der untergehenden
Sonne durch die Wasseroberfläche sickerte.
    Das recht flache Flussbett lag gestochen scharf unter mir,
und ich hatte den Eindruck, mehrere hundert Meter weit
sehen zu können, doch von Gordy fehlte jede Spur. Da ich
aber wusste, dass die Trave sich erst nach dem Klughafen auf
die Ostsee zuschlängelt, konnte es nur die richtige Richtung
sein.
    Gordy!
, rief ich, während ich durch das Schleusentor und
dann entlang der Fahrrinne durchs Wasser schoss.
Warte!
    Je näher ich der Mündung kam, umso dunkler wurde es um
mich herum, doch mein Sehvermögen passte sich umgehend
an die veränderten Lichtverhältnisse an.
    Und plötzlich tauchte Gordian vor mir auf. Noch mindestens
einen halben Kilometer von mir entfernt, verharrte er in
der Fahrrinne und blickte mir entgegen.
    Schwimm wieder heim!
    Vergiss es!,
erwiderte ich.
Ich komme mit dir.
    Wozu?,
fragte er eisig und augenblicklich kehrte der Schmerz
in meine Brust zurück.
    Ich will bei dir sein,
sagte ich tapfer.
    Aber ich … ich will das nicht, hörst du!
    Gordians Pupillen waren nun fast so schmal wie die einer
Katze, wenn sie ins Licht schaut. In seiner Miene spiegelte sich
kalte Ablehnung.
    Fassungslos starrte ich ihn an, während sich in meinem
Kopf die Gedanken überschlugen. Ich wollte einfach nicht
glauben, dass sich innerhalb dieser wenigen Wochen so viel
zwischen uns verändert hatte!
    Delfinnixe sind die perfekten Schauspieler.
Das hatte Cyril am
Strand in der Cobo Bay gesagt und damals hatte ich diesen
Worten kaum Gewicht beigemessen. Jetzt allerdings bekamen
sie für mich eine völlig neue Bedeutung. Entweder hatte
Gordy mir die ganze Zeit etwas vorgemacht oder … er tat es
jetzt!
    Ein leiser Zorn stieg in mir hoch. Am liebsten hätte ich ihn
angeschrien, dass er ein verdammter Mistkerl sei und nicht
viel besser als seine alten Freunde, doch wahrscheinlich hätte
ich damit diese quälende Situation nur verschärft. Aus einem
unerfindlichen Grund hatte Gordy eine

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