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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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viel größer war, und dein unerschütterliches
Vertrauen ins Leben.«
    »Mein … unerschütterliches Vertrauen?«, flüsterte ich ungläubig.
    »Ja, Elodie.« Ein zaghaftes Lächeln umspielte Gordians
Mundwinkel. »Es ist schon ziemlich
außergewöhnlich
, wenn jemand,
der eine solche Angst vor dem Meer hat, ausgerechnet
auf diese kleine Insel kommt, findest du nicht?«
    »Dann wusstest du also von Anfang an, dass ich mich vor
Wasser fürchte!«
    »Nein.« Sanft schob er seine Hände in meine. »Ich habe nie
etwas Konkretes empfangen, sondern nur eine unbestimmte
Furcht wahrgenommen.« Wieder senkte er den Blick. »Irgendetwas
an dir hat mich tief berührt«, fuhr er leise fort. »Wenn ich
nachts dort unten auf den Klippen lag und zu deinem Fenster
hinaufsah, konnte ich vergessen, dass ich ein Plonx war.«
    Augenblicklich schnellte mein Puls in die Höhe. Ich wollte
etwas erwidern, doch Gordy ließ mich nicht zu Wort kommen.
    »Und jetzt, Elodie …«, er hatte sich wieder mir zugewandt
und sah mir fest in die Augen, »jetzt ist mein Verlangen nach
dir immer noch da. Ich spüre es bei jedem Blick und jeder Berührung
von dir. Doch das ist gar nichts gegen das Glück, das
ich empfinde … einfach nur … weil es dich gibt.«

    Um kurz vor sechs rief Tante Grace mich zum Essen herunter
und beklagte sich ausgiebig darüber, dass Gordian nicht von
ihrer Seebrasse kosten wollte.
    »Das hätte er sicher gern, aber er ist schwimmen gegangen«,
versuchte ich, sie zu besänftigen, was mir nicht leichtfiel, denn
Gordys Worte hatten mich sehr aufgewühlt. »Abends trainiert
er am liebsten, und es ist alles andere als gut, sich vorher den
Bauch vollzuschlagen. Wir haben heute Mittag in Port gegessen
«, schwindelte ich hastig weiter, als ich die kritische Miene
meiner Großtante registrierte. »Er wird schon nicht verhungern.
Schließlich hat er einen Kühlschrank und eine Kochgelegenheit
in seinem Zimmer.«
    »Dann hat er sich also etwas besorgt?«
    Ich faltete die blütenweiße Serviette auseinander und legte
sie auf meinen Schoß. Danach nahm ich das Fischbesteck auf
und nickte. »Meistens isst er am späten Nachmittag noch Joghurt
mit Haferflocken.«
    Tante Grace schüttelte missbilligend den Kopf, und ihre silbernen
Ohrgehänge klimperten, als sie sich auf ihrem Stuhl
niederließ. »Hm, klingt gesund.«
    »Es ist proteinreich.«
    »Das ist Seebrasse erst recht«, hielt sie dagegen.
    »Keine Sorge«, sagte ich. »Gordian isst viel Fisch. Eigentlich
fast nur.«
    »Wovon lebt er überhaupt?«, fragte Tante Grace. »Ich meine:
Wie verdient er sein Geld? Hat er reiche Eltern?«
    »Nein, überhaupt nicht«, erwiderte ich, während ich ein
wenig von dem zarten weißen Fischfleisch abtrennte und auf
meine Gabel schob. »Er hat Sponsoren.« – Wie gut, dass mir
das so schnell eingefallen war!
    »Aha«, sagte Tante Grace, und ich konnte beim besten Willen
nicht heraushören, ob sie mir das abnahm oder nicht. »Dann
steht der junge Mann wohl unter einem enormen Druck.«
    »War das eine Frage oder eine Feststellung?«
    Sie warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu, ehe sie sich
dem Fisch auf ihrem Teller widmete. »Beides.«
    »Du brauchst dir wirklich keine Sorgen um ihn zu machen«,
betonte ich noch einmal, in der Hoffnung, sie damit endgültig
beruhigen zu können.
    »Das tue ich auch nicht«, entgegnete sie. »Ich mache mir
Sorgen um dich.« Sie ließ ihr Besteck sinken und hielt ihre
Augen so lange auf mich gerichtet, bis ich sie ebenfalls ansah.
»In der kurzen Zeit, in der du hier bist, hast du dich völlig
verändert.«
    Vielleicht wäre es klug gewesen zu fragen, wie sie das meinte,
denn das hätte sicher weniger trotzig gewirkt, stattdessen ging
ich in die Offensive und knurrte: »Das war doch der Sinn der
Sache, oder nicht?«
    »Nicht unbedingt«, sagte meine Großtante. »Es sollte dir
helfen, den Verlust deines Vaters zu verarbeiten und deinen
Weg zu finden.«
    »Ich bin gerade dabei«, versicherte ich, wich ihrem Blick aus
und probierte endlich ein wenig von der Seebrasse, die zu meiner
Überraschung richtig gut schmeckte.
    »Ich habe eher den Eindruck, dass du auf der Flucht bist«, erwiderte
Tante Grace mit einer Beiläufigkeit, die mich instinktiv
in Alarmbereitschaft versetzte. »Ich habe bereits mit deiner
Mutter darüber gesprochen«, fuhr sie fort. »Und erstaunlicherweise
ist sie mit mir einer Meinung, dass du zukünftig gewisse
Auflagen erfüllen musst, wenn du weiter hierbleiben willst.«
    »Es geht jetzt aber

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