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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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jaaa«, sagte ich nur.
    Ich hörte sie tief ein- und wieder ausatmen.
    »Du weißt doch, dass ich zu der Zeit längst mit deinem Vater
zusammen war.«
    »Ja, Mam, das weiß ich.«
    »Also denk es nicht einmal.«
    »Schon passiert«, sagte ich leise.
    »Elodie, ich versichere dir, da war nichts. Er hat nicht einmal
den Versuch gemacht.«
    Genau wie Cyril, durchzuckte es mich. Diese zweideutige,
schwer einzuordnende Art der Zurückhaltung schien demnach
wohl eine spezielle Hainix-Mentalität zu sein. »Vielleicht
hat er sich nicht getraut, weil du älter warst als er. Noch dazu
liiert«, spekulierte ich.
    »Ach, nein, das glaube ich nicht. Er hatte einfach kein Interesse
daran.« Mams Stimme klang ein wenig belegt, fast schon
frustriert.
    »Und das hat dich irritiert, stimmt’s?«, hakte ich nach.
    »Klar hat es das«, entgegnete sie. »Es wollte mir einfach nicht
in den Kopf, dass sein Interesse rein platonisch war.«
    »Wieso nicht?« Ich konnte mir einen herausfordernden Unterton
nicht verkneifen. »Du wolltest doch auch nichts von
ihm.«
    »Ach, Elodie«, stöhnte sie. »Was möchtest du denn hören?
Dass ich gekränkt war und versucht habe, ihn zu verführen?«
    »Hast du?«
    »Nein!«
    Es kam so klar und spontan heraus, und es klang so ehrlich,
dass ich ihr glaubte und es eigentlich dabei hätte bewenden
lassen können. Aber ich wollte nun einmal ganz sicher sein.
Und deshalb startete ich noch einen letzten Versuch.
    »Hör mal, Mam … Wenn du denkst, du würdest mir damit
wehtun, wenn herauskäme, dass du Pa betrogen hast …«
    »Rede jetzt nicht weiter, okay«, unterbrach sie mich. »Dein
Vater und ich waren immer sehr glücklich miteinander. Ich
hatte überhaupt keinen Grund, mit einem anderen etwas anzufangen.
Weder mit Javen noch mit sonst jemandem. Und
zwar zu keiner Zeit.«
    »Entschuldigung«, sagte ich kleinlaut. »Ich dachte ja bloß …«
Keine Ahnung, wie ich es formulieren sollte.
    »Glaub mir einfach.«
    »Das tue ich, Mam«, versicherte ich ihr. »Es ist nur …«
    »Schon gut, ich kann’s mir denken«, unterbrach sie mich
ein zweites Mal. »Du bist genau in dem Alter, in dem ein junges
Mädchen solche Dinge beschäftigen. Außerdem hat mir
Tante Grace, die alte Plaudertasche, ausführlich von deinen
beiden Herrenbekanntschaften erzählt.«
    »Weil du sie darüber ausgequetscht hast …?«, fragte ich argwöhnisch.
    »Natürlich nicht.«
    »Okay«, sagte ich. »Dann kannst du mir ja berichten, was sie
dir erzählt hat.«
    »Deine Großtante ist einfach nur besorgt«, entgegnete
meine Mutter, und es erstaunte mich überhaupt nicht, dass
sie offensichtlich nicht daran dachte, auf meinen provozierenden
Vorschlag einzugehen. »Und ich kann ihr das auch gar
nicht verübeln«, setzte sie sogleich hinzu. »Erstens würde sie
es sich nie verzeihen, wenn dir etwas zustieße.« Mam machte
eine kleine bedeutungsvolle Pause, in der ich nur mein Herz
klopfen hörte. »Und zweitens bin ich inzwischen ebenfalls sehr
froh darüber, dass sie so gut auf dich achtet. Nach allem, was
auf Sark passiert ist …« Abermals atmete sie geräuschvoll ein
und wieder aus. »Ich hoffe ja sehr, dass du dich in Zukunft von
dieser Insel fernhältst.«
    »Kein Thema«, sagte ich sofort. In dieser Sache brauchte ich
zum Glück nicht mal zu lügen. Man hätte mir schon einen
ganzen Schwarm Haie auf den Hals hetzen müssen, um mich
noch einmal nach Sark zu kriegen. Und mit Haien meinte ich
in diesem Fall tatsächlich Haie, nämlich die Tiere. »Obwohl
sie die Morde an den beiden Mädchen inzwischen ja aufgeklärt
haben.« Diese Bemerkung konnte ich mir einfach nicht
verkneifen.
    »Ich glaube nicht an diese Mär von einer Bestie, die aus dem
Meer steigt und junge Mädchen vergewaltigt und umbringt,
falls du das meinst«, gab meine Mutter zurück.
    Ich biss mir auf die Unterlippe und drängte die Bilder von
dem Trawler, Elliots zappelndem Körper im Netz und den
Männern, die wie besessen mit Knüppeln auf ihn eindroschen,
energisch beiseite.
    »Sie haben aber eine
Bestie
getötet«, presste ich hervor. »Hat
Tante Grace dir das etwa verschwiegen?«
    »Es stand sogar in den
Lübecker Nachrichten«,
erwiderte
Mam. »Das heißt aber nicht, dass man diese Geschichte auch
glauben muss. Gerüchte verbreiten sich nun mal über die Medien.
Gerade über diesen Weg läuft es besonders gut«, bekräftigte
sie. »Das könnte sich jemand zunutze gemacht haben.«
    »Du denkst also, dass die britische Polizei diese Version absichtlich
platziert

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