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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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probieren?« Sie nickte ihm
aufmunternd zu. »Ich glaube nicht, dass er Ihnen schadet.«
    »Tante Grace, Gordian ist kein Hainix«, kam ich ihm zu
Hilfe.
    Sie seufzte tief. »Ich weiß.«
    »Du kannst sie unterscheiden?«, stieß ich erstaunt aus. –
    Das wurde ja immer besser!
    Doch meine Großtante hob sofort abwehrend die Hand.
    »Nein, nein, mein Kind, ich habe nicht gewusst, dass es verschiedene
Arten gibt. Mir ist lediglich aufgefallen, dass dieser
junge Mann hier anders ist als Cyril, Javen und Patton.«
    »Patton?«
    Sie nickte. »Hollys Vater.«
    »Hollys … aber nicht deiner?«, hakte ich vorsichtig nach.
    Wieder nickte sie, und während ich gespannt auf ihre Erzählung
wartete, füllte sie die drei Gläser mit dem grünen Sirup.
Behutsam stellte sie die Karaffe auf den Tisch und schob eines der Gläser auf Gordy zu. »Wenn Sie mit Elodie zusammenbleiben
wollen, wäre es bestimmt nicht verkehrt, wenn Sie sich ein
paar menschliche Gewohnheiten zu eigen machen würden.«
    »Ähm …« Gordy rutschte unsicher auf dem Sofa vor und
zurück und erhob sich schließlich. »Also …« Sein Blick huschte
hierhin und dorthin, und auch ich suchte nach den passenden
Worten, mit denen ich ihn gegen die kulinarischen Angriffe
meiner Großtante verteidigen konnte.
    »Ich nehme an, du hast den Sirup selbst gemacht?«
    Tante Grace zwinkerte mir zu. »Wie kommst du nur darauf?«
    Ich stupste Gordy gegen den Oberschenkel. »Dann solltest
du ihn tatsächlich besser probieren. Meine Großtante ist imstande,
dich auf der Stelle der Polizei auszuliefern …«
    »Vorerst würde es mir schon reichen, wenn er mir ein wenig
über sich erzählte«, unterbrach sie mich und wandte sich erwartungsvoll
Gordian zu.
    »Wolltest du uns nicht erst mal von Holly und Patton berichten?
«, entgegnete ich, denn ich konnte mir nur zu gut vorstellen,
wie schwer es Gordy fallen würde, seine Geschichte
vor ihr auszubreiten. Außerdem interessierte es mich natürlich
brennend, was es mit diesem Patton auf sich hatte. Doch wie
immer hatte meine Großtante ihren eigenen Kopf.
    »Alles schön der Reihe nach«, sagte sie, nachdem sie einen
kräftigen Schluck aus ihrem Glas getrunken hatte. »Immerhin
habe ich Gordian aufgenommen, ohne irgendwelche Fragen
zu stellen.«
    »Okay, okay«, lenkte ich leise seufzend ein.
    Gordy hatte sich inzwischen wieder neben mich gesetzt. Ich
griff nach seiner Hand und wir flochten unsere Finger ineinander.
    »Ich bin ein Delfinnix«, begann er. »Das heißt, ich gehörte
einmal zu dieser Gattung. Delfinnixe gehen nicht an Land,
müssen Sie wissen.«
    Er sprach ruhig und langsam, und ich registrierte halb erstaunt,
halb belustigt, wie es ihm sofort gelang, meine Großtante
für sich einzunehmen.
    »Sie haben eine ausgesprochen schöne Stimme, junger
Mann«, sagte sie. »Das war mir bisher noch gar nicht aufgefallen.
Sie geht einem wahrlich durch und durch.« Tante Grace
lehnte sich in ihren Sessel zurück und tat einen tiefen Atemzug.
»Wollen Sie mir verraten, warum Sie keinen Schatten werfen?
«, fragte sie und nun klang auch ihre Stimme warm und
weich.
    »Kannst du dir das nicht denken?«, fragte ich ein wenig
harsch und ertappte mich dabei, dass ich so etwas wie Eifersucht
verspürte. – Auf meine Großtante! Du lieber Himmel!
Sie war zweiundsechzig!
    »Nun, ich gehe davon aus, es hängt damit zusammen, dass
er … verbotenerweise … an Land gekommen ist, nicht wahr?«,
erwiderte sie. »Ich frage mich nur, was ihn dazu veranlasst hat.«
    »Nicht verbotenerweise«, antwortete ich an Gordys Stelle.
    »Es hat ihn hergezogen. Er konnte sich nicht dagegen wehren.«
    Tante Grace nickte versonnen und für einen Moment glitt
ihr Blick in die Ferne. »So hat Patton sich damals auch ausgedrückt.
«
    »Was? Aber ich dachte, er wäre ein Hainix gewesen.« Und
somit ein Landgänger! Ich schüttelte den Kopf. »Er
muss
ein
Hainix gewesen sein!«
    »Schon möglich.« Tante Grace richtete ihre Augen auf mich.
    »Patton war groß und alles andere als perfekt und trotzdem war er auf eine ganz besondere Art wunderschön. Ich habe damals
sehr gut verstanden, dass meine Mutter ihm nicht widerstehen
konnte. Mir wäre es ganz gewiss nicht anders ergangen.«
    »Du kanntest ihn also?«, fragte ich leise.
    »Wo denkst du hin! Ich wurde doch erst zwei Jahre nach
Holly geboren.« Ihre Miene zeigte einen Anflug von Empörung,
der jedoch sogleich einem eher sehnsüchtigen Ausdruck
wich. »Aber es gab ein Foto. Und einen Brief meiner Mutter.
Sie

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