Meeresrauschen
bist und
nicht mehr so viel grübelst. Wenn man etwas tut, geraten die
Gedanken in Bewegung und damit auch die Dinge.«
»Du wolltest meine Verwandlung forcieren?«, fragte ich irritiert.
»Vor allem wollte ich verhindern, dass du unverrichteter
Dinge von hier fortgehst«, entgegnete sie.
»Also wolltest du sie forcieren!«
Tante Grace hob seufzend die Schultern. »Sieh es, wie du
willst. Ich für meinen Teil bin jedenfalls froh, dass es nun endlich
passiert ist.« Wieder lächelte sie, aber diesmal wirkte sie nicht ganz glücklich dabei. »Es fühlt sich doch irgendwie alles
richtig an, oder etwa nicht?«
Ich nickte. Was sollte ich auch sagen? Dass alles noch viel
zu neu und fremd für mich war und ich zudem noch immer
nicht wusste, wie mein zukünftiges Leben aussehen könnte?
Ich verstand sehr gut, dass meiner Großtante nach den langen
Jahren des Wartens und Fürchtens nun gewissermaßen
eine Last von den Schultern gefallen sein musste. Das bedeutete
aber noch lange nicht, dass für mich nun alles im Lot war.
Im Gegenteil: Eigentlich fingen die Probleme jetzt erst richtig
an. Wie ich das Ganze meiner Mutter beibringen sollte, bereitete
mir dabei das geringste Kopfzerbrechen.
»Kennst du außer Cyril und Javen Spinx noch andere Hainixe?
«, fragte ich.
Den Gedanken, sie noch einmal direkt auf Jane und ihren
Jungen anzusprechen, hatte ich wieder beiseitegeschoben. Es
war gut möglich, dass Tante Grace nicht die geringste Ahnung
hatte, wen die Silberschmiedin in ihrem Gartenteich beherbergte.
Und sie schüttelte auch tatsächlich den Kopf.
»Nicht, dass ich wüsste. Warum fragst du?«
»Na ja, es wäre doch gut möglich, dass es noch mehr Nixe
hier auf Guernsey gibt.«
»Ja, das ist richtig«, bestätigte sie. »Ich glaube allerdings, dass
du das weitaus schneller herausfinden wirst als ich.«
»Was ist mit Cyril?«, fragte ich, kaum dass die Tür hinter uns
ins Schloss gefallen war.
»Er wird überleben«, sagte Gordy, und offensichtlich atmete
ich eine Spur zu deutlich auf, denn seine Miene verschloss sich
schlagartig. Er wandte sich ab und ging zum Fenster hinüber.
»Er ist dir viel ähnlicher als ich.«
»Ja, aber das hat nichts zu bedeuten.«
Ich trat hinter ihn, schlang meine Arme um ihn und legte
meine Stirn auf sein Schulterblatt.
»Doch, Elodie, das hat es.« Gordians Muskeln spannten sich
an, seine ganze Haltung signalisierte Abwehr, aber ich dachte
nicht daran, ihn loszulassen.
»Nur weil Cyril ein Hainix ist …«, begann ich, dann fehlten
mir bereits die Worte. »Okay, ich habe eine Verbindung
zu ihm, die ich mir bisher nicht erklären konnte«, fuhr ich
schließlich fort. »Jetzt, da ich weiß, welcher Art sie ist, kann
ich viel besser damit umgehen.«
»Elodie!« Gordy wandte sich zu mir um und umschloss
mein Gesicht sanft mit seinen Händen. »Es geht mittlerweile
nicht mehr um deine, meine oder Cyrils Gefühle. Kyan, Liam
und Zak haben einen Hainix angegriffen. Es ist nicht ausge schlossen, dass die Haie zurückschlagen. Es ist sogar wahrscheinlich.
«
»Dann werde ich so schnell wie möglich mit Cyril reden.«
Ich konnte zwar nicht einschätzen, wie groß sein Einfluss auf
andere Hainixe war, aber im Moment schien mir das die einzige
Möglichkeit zu sein, einen solchen Angriff abzuwenden.
Gordy presste die Lippen aufeinander. »Ja, wenn du ihn aufspüren
kannst.«
Dieser Einwand war durchaus berechtigt.
»Was glaubst du?«, überlegte ich. »Wie schwer sind seine Verletzungen?
«
Gordian schüttelte den Kopf. »Das ist nicht unbedingt
entscheidend. Schließlich hatte er Hilfe von seinen beiden
Haifreunden, er musste sich nicht allein fortbewegen. Aber
du hast natürlich recht«, lenkte er ein, »wir müssen herausfinden,
wo sie ihn hingebracht haben.«
Mein Herz machte einen überraschten Hüpfer.
»Wir?«
»Natürlich wir«, sagte Gordy. Er strich mit dem Daumen
über meine Wange und küsste mich zart auf den Mund. »Ich
lass dich doch da draußen nicht allein. Kyan wollte dich bereits
töten, als du ein Mensch warst. Was, denkst du, wird er
tun, wenn er feststellt, wer du wirklich bist?«
Ich hatte keine Ahnung. Würden Haie und Delfine sich
tatsächlich bis aufs Blut bekämpfen? Und welche Fähigkeiten
standen ihnen dabei zur Verfügung? Javen Spinx hatte die
Zeit angehalten, um zu verhindern, dass ich von einem Auto
überrollt wurde. Cyril konnte Gefühle beeinflussen, Gordys
Lächeln wirkte entspannend, er las Gedanken, und wie er an
Ashton sehr eindrucksvoll
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