Meeresrauschen
um
sich blickend. Ich spürte seine Unruhe und das machte auch
mich zunehmend nervös.
Glaubst du, dass Kyan uns auflauert?
Ich traue ihm alles zu,
erwiderte er.
Die Erinnerung an Gordys Kampf mit Kyan in der letzten
Woche jagte mir einen Schauer über den Rücken. Als Plonx –
also halb Mensch, halb Delfin – mochte Gordy ihm vielleicht
überlegen sein, denn Kyan, Zak und Liam waren immer nur
das eine oder das andere und damit
entweder
langsamer
oder
weniger beweglich, zumindest was den Einsatz ihrer Arme betraf,
die in den Seitenflossen gefangen waren. Im Gegensatz
zu Gordian war Kyan jedoch alles andere als friedliebend, und
sein Hass verlieh ihm eine mörderische Kraft, die es erst mal
zu besiegen galt. Würden alle drei zugleich über uns herfallen,
hätten wir definitiv keine Chance.
Ich spürte, wie ein Adrenalinstoß meinen Herzschlag beschleunigte
und die Muskeln meines Haischwanzes in Bewegung
setzte. Aus den Tiefen meines Beckens stieg jetzt eine
Energie in mir auf, die ich so noch nie empfunden hatte,
und mit einem Mal war es ganz und gar unmöglich für mich, mich noch weiter von Gordy ziehen zu lassen. Mein Zorn auf
ihn war verraucht und die Sorge um meine Abstammung kam
mir auf einmal lächerlich vor. Stattdessen plagte mich nun ein
ganz anderer Gedanke.
Hältst du es für möglich, dass Kyan einen Krieg provozieren will?
Nein.
Gordians Antwort kam ohne das geringste Zögern.
Dazu ist er zu egoistisch und vor allem auch zu feige. Er greift andere
nur an, wenn er sich ganz sicher ist, dass sie in der Unterzahl sind.
Das allerdings kann man bei den Haien nie wissen. Sie bilden zwar
keine Allianzen, sondern kämpfen in der Regel jeder für sich. Wird
aber einer von ihnen angegriffen, verteidigt ihn die Gruppe bis aufs
Blut. Sie denken nicht darüber nach, dass sie dabei ihr eigenes Leben
verlieren könnten.
Und Delfine schon?,
vergewisserte ich mich.
Gordy nickte.
Selbstschutz dient dem Schutz der ganzen Gruppe.
Es ist eine vollkommen andere Philosophie. Ich persönlich glaube, dass
die eine so gut funktioniert wie die andere.
Solange die Gruppen gleich stark sind, dachte ich, verzichtete
jedoch auf einen Kommentar und konzentrierte mich
stattdessen darauf, meine Bewegungen den seinen anzupassen,
damit wir unser Tempo erhöhen und uns dabei möglichst
eng umschlungen halten konnten. Da meine Flosse senkrecht
stand, musste ich meinen Schwanz hin und her schwingen,
um vorwärtszukommen. Gordys dagegen wogte auf und ab,
wobei seine Hüfte unablässig gegen meine stieß, und obwohl
ich mich entschlossen dagegen wehrte, brachte diese Berührung
mein Blut allmählich zum Kochen, sodass ich schließlich
aus dem Rhythmus kam.
Wenn du immer nur daran denkst, wirst du uns eines Tages noch
umbringen,
wisperte er. Es klang belustigt, aber ich registrierte auch den Ernst, der sich dahinter verbarg. Außerdem hatte er
nun zum ersten Mal zugegeben, dass er alle meine Gedanken
lesen konnte.
An Land muss ich mich sehr konzentrieren,
ging er prompt
auf meine Überlegungen ein.
Im Meer fließt es von allein. Im
Grunde verständigen wir uns hier ja über nichts anderes als unsere
Gedanken.
Und wieso nehme ich dann von dir nur das wahr, was du mir
mitteilen willst?
Gordy lachte leise.
Eben drum. Ich habe gelernt, meine Gedanken
zu verbergen.
Ja, natürlich! Gordian war damit aufgewachsen, er war es
gewohnt, sein Echolot zu benutzen und gezielt Signale auszusenden
oder sie bewusst zurückzuhalten.
Das ist nicht ganz richtig,
erwiderte er.
Zak und Liam sind ebenfalls
so geboren und können es trotzdem nicht. Anfangs wusste ich mir
das nicht zu erklären, mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es
auch damit zu tun hat, wie gut sie sich in die Gruppe einfügen beziehungsweise
sich Kyan unterordnen.
Was du nicht getan hast,
schlussfolgerte ich.
Gordy zuckte die Achseln.
Na ja, zumindest immer weniger.
Und jetzt als Plonx bist du ohnehin völlig unabhängig von ihm,
setzte ich hinzu.
Du wirst ebenfalls lernen, dich zu verschließen,
meinte Gordian
zuversichtlich.
Was? Habe ich etwa auch ein Echolot? … Oder ein Sonar?
Nein.
Wieder musste er lachen.
Jedenfalls nicht so wie ich.
Trotzdem wirst du es irgendwann schaffen, deine Gedanken vor mir
zu verstecken.
Vielleicht will ich das ja gar nicht,
entgegnete ich trotzig.
Meinetwegen,
sagte Gordy.
Es ist ja nicht so, dass ich sie mir nicht
gern anhöre.
Grinsend legte er seine Arme um meine Taille und zog mich
ganz plötzlich an der steilen Seite eines
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