Meerestochter
Hand sichtbar, die zurückwinkte.
«Christy!», schrie Adrian und begann zu rennen, dem Wagen hinterher, der zwischen den letzten Serpentinen nicht zu viel Fahrt aufnehmen konnte. «Christy, warte!» Er rannte, bis ihm die Seiten schmerzten. Aber die Scheinwerfer wurden immer kleiner, das rote Bremslicht entfernte sich von Kurve zu Kurve schneller.
«Christy!» Als er nicht mehr den Atem hatte, beim Laufen zu rufen, rannte er stumm.
«Der Wagen gehört Michael», stellte seine Tante am anderen Morgen klar. «Dem Pathologen. Vermutlich hast du ihn wiedererkannt.» Sie hatte einen Kater, stand aber aufrecht und wickelte sich in ein kariertes Männerflanellhemdes, das Jonas gehört hatte. So viel Exzentrik erlaubte sie dem Tag.
«Ich habe vor allem Christy wiedererkannt.» Adrian bereiteten seine Kopfschmerzen schlechte Laune. «Wie sie bei diesem alten Sack in der Limousine hockte. Au! Erzähl mir lieber, wo der Kerl wohnt. Er steht in keinem Verzeichnis.»
«Das ist bei Leuten mit seinem Beruf so. Lass die Füße in der Schüssel», kommandierte seine Tante.
Er protestierte: «Aber da löst sich die ganze Haut ab.» Er wollte seine Beine heben, ließ es jedoch unter Stöhnen sein.
«Wie lange bist du ihr hinterhergelaufen?», fragte seine Tante nach kurzer Inspektion und holte ein Handtuch und Salbe. «Bis an die Kreuzung hoch?»
Er nickte. «Bis zur Tankstelle.»
Sie warf ihm einen erstaunten Blick zu, in dem sich Anerkennung und Mitgefühl mischten. «Ich wusste gar nicht, dass du so viel trainierst.»
Er grinste müde. «Die Adresse, Tante.»
Sie versorgte seine Wunden, klebte mit einer abschließenden Geste ein Pflaster darauf und stand auf. «Ich finde, wir sollten es ihr überlassen, wann sie hier anrufen möchte, findest du nicht?»
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34. Kapitel
Ondra setzte ihre Tasche ab und schaute sich um. Es sah ganz anders aus als bei Rose. Dennoch war auch dies hier zweifellos ein Haus. Es ähnelte anderen Häusern, wie ein Korallenstock dem anderen ähnelt. Auch wenn sie vom Prinzip her gleich waren, war jeder ein Unikat, und man erkannte ihn auf den ersten Blick.
Durch den weiten, offenen Raum blickend, bemerkte sie links die Küche, die weiß war und voller Geräte aus Metall. Vor ihr stand wohl der Esstisch, die Stühle waren alle identisch, und es waren viele. Rechts stand eine Couch, die mit Roses kariertem altem Sofa wenig gemein hatte. Sie hätte zwanzig Kater von der Größe des Cottage-Untieres aufnehmen können, sah aber nicht so aus, als würde ein Tier sie überhaupt als Schlafplatz in Erwägung ziehen. Sie wirkte kalt und glatt. Ondra ging hinüber und erschauerte, als sie das Möbelstück anfasste. Es war aus der Haut von etwas ehemals Lebendigem gemacht.
Das Einzige, was ihr gefiel, war die Aussicht. Durch riesige, bis zum Boden reichende Fenster sah man in einen parkartigen Garten, in dem kleine Bäume Korridore bildeten und Rosen an Bogen wucherten. Im Hintergrund, auf grasigen Hügeln, sah sie Tiere weiden. Schafe, dachte sie; sie hatte die meckernden Laute schon auf den Höhen über der Küste gehört. Abrupt drehte sie sich um.
«Was schauen Sie mich so an?», fragte sie.
Morningstar lächelte. «Ihnen ist gar nicht klar, was für ein Wunder Sie sind, oder?»
«Ich bin ein Mensch wie jeder andere», wehrte Ondra ab. Abgesehen davon, dachte sie, dass ich nicht lesen und schreiben und telefonieren kann, dass ich nichts von der Liebe verstehe und überhaupt eine Idiotin bin.
Morningstar trat an den Deckenfluter und betätigte den Dimmer. Mit großen Augen verfolgte Ondra, wie es im Zimmer langsam Morgen, Tag, heller Mittag und ganz sanft wieder Abend wurde. Morningstar hingegen betrachtete ihre Pupillen, die groß und weit und dunkel blieben.
«Faszinierend», murmelte er. «Immer wieder faszinierend.»
Ondra wandte sich ab. «Wenn Sie mich auf Ihren Tisch legen und aufschneiden würden, würden Sie nichts Ungewöhnliches entdecken.»
«Da bin ich mir nicht so sicher», sagte er. Er nahm ihre Hand, strich über ihre Fingerkuppen und ließ sie los, als er bemerkte, dass es ihr unangenehm war. Demonstrativ trat er ein paar Schritte zurück.
Ondra rieb ihre Finger.
«Sie weisen in jedem Fall die eine oder andere bemerkenswerte Vitalfunktion auf. Wenn man es weiß, merkt man auch, dass Ihre Atmung seltsam ist, einen so langsamen Rhythmus habe ich nicht einmal bei Leistungssportlern erlebt. Sie wären eine ideale Streckentaucherin. Ich bin sicher, wir
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