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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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meinem unterscheiden zu können, als ich es ihm schenkte.» Sie drehte das Handy um und zeigte auf das kleine silberne Abbild des Eiffelturms. «Wir waren mal zusammen in Paris, als er ein Junge war. Der Turm hat ihn begeistert. Ich glaube, damals hatte er sich vorgenommen, Architekt zu werden.»
    «Adrians Handy», wiederholte Ondra. Und sie sah Nox vor sich, wie er das Ding genommen und nachlässig in Richtung der Toten geworfen hatte. Damals hatte sie gedacht, es wäre eine Geste der Verachtung. Jetzt wurde ihr klar, er hatte das mit Absicht getan. Er hatte etwas gewusst über die Menschenwelt und ihre Fingerabdrücke und Minutien und all das. Er hatte Adrian als Mörder belasten wollen. In diesem Moment hasste sie ihn, Nox, und sie alle.
    «Komisch», wunderte Rose sich noch immer, während sie vergeblich versuchte, das Gerät anzuschalten. «Ich verstehe gar nicht, wie das hierherkommt.»
    «Wir müssen es vernichten», sagte Ondra. «Jetzt, sofort.»
    «Aber Christy!», rief Rose, als sie sah, dass Ondra zum Hammer griff.
    «Wie macht man das?», fragte Ondra. «Haut man es klein? So?» Sie ließ den Hammer niedersausen. Es krachte, das Gehäuse splitterte und rutschte über den Tisch. Ondra schlug noch einmal zu.
    «Sie müssen die Karte zerstören», kam es aus dem Schrank.
    «Was?» Mit gerötetem Gesicht sah Ondra auf.
    «Der schöne Tisch», jammerte Rose. «Ganz verdellt. Ach ja, er meint die Chipkarte.» Sie nahm die Reste des Handys und fingerte mühsam den Chip heraus. «Das ist er.»
    Schon hatte Ondra ihn sich geschnappt und hämmerte erneut darauf ein.
    «Das dürfte wohl genügen», kam es trocken von Morningstar.
    «Ich werfe das ins Meer.» Ondra kehrte alles mit der Hand zusammen und lief hinaus.
    Rose ging an den Schrank. Sie öffnete die Tür.
    Morningstar sah sie an. «Rose», sagte er.
    Sie fiel ihm um den Hals.
    «Ich würde dich gerne zurückumarmen, aber ich kann nicht.» Er rüttelte an den Fesseln. «Deine Schwester hatte einen verflucht stabilen Lieblingsgürtel.»
    Sie musste lächeln und wischte sich die Tränen ab, ehe sie sich daranmachte, Morningstar loszubinden. «Wie kommt das Handy meines Neffen zu deinen Sachen?», fragte sie.
    Er schaute über ihren Kopf hinweg zu Ondra, die mit dem Hammer in der Hand in der Tür stand und sie atemlos betrachtete. «Das musst du sie fragen», sagte er.
    Rose wandte sich um. «Christy?», fragte sie. Dann wurde es dunkel.

[zur Inhaltsübersicht]
33. Kapitel
    Adrian saß da und schaute hinaus aufs Meer. Er wünschte sich, irgendwann einmal so draußen in der Dunkelheit zu sitzen und die Lichter seines Hotelturmes leuchten zu sehen. Ich muss es so bauen, dachte er, dass es funkelt wie ein Tiefseefisch. Wenn ich es noch bauen darf. Immer mehr schien es ihm, als würden sich seine Zukunft und sein Leben von ihm entfernen. Er wandte sich um und blickte zu den Grabsteinen, die in stummen Reihen dastanden. «Ihr könnt mir kaum helfen, oder?», sagte er. «Ihr wart ja kaum ein paar Jahre älter, als ich es jetzt bin.» Seine Mutter hatte ihn früh bekommen und die Schule abgebrochen. Sein Vater war Musiker gewesen. Zusammen waren sie, erst zu zweit und dann mit ihm, viel herumgereist von Gig zu Gig. Die Familie, hatte Rose erzählt, hatte dieses Leben argwöhnisch betrachtet. Aber da es funktionierte, hatte man sich daran gewöhnt und es verziehen. Seine Großeltern väterlicherseits hatten ihnen das heruntergekommene kleine Reihenhaus in Stratford überlassen, als sie ein Heim benötigten, und die Familie seiner Mutter hatte ihnen die Sommerzeit in «Rose’s Cottage» finanziert.
    Adrian konnte sich an dieses Leben nicht mehr erinnern, nicht mehr an die Bühnen und Clubs, nicht mehr an die Menschen, die ihn geliebt hatten. Er konnte sich kaum vorstellen, was für ein Mann sein Vater gewesen war. Er hatte nie eine Universität von innen gesehen, immer nur für seine Gitarre gelebt, sich nie mit Professoren herumgeschlagen oder Notaren. Und hoffentlich nie mit einer Frau wie Maud. Adrian konnte ihren Duft immer noch an sich riechen. Und wieder wurde ihm schlecht. Jede Spur von Triumphgefühl hatte ihn längst verlassen.
    «Was machst du hier?» Die Stimme klang vertraut und doch seltsam fremd.
    «Tante Rose?»
    Sie kicherte statt einer Antwort.
    «Aber du bist ja total betrunken!»
    «Stimmt!», stellte sie fest. Sie ließ sich neben ihm ins Gras fallen, und in Adrian wuchs die Überzeugung, dass in seinem Leben etwas grundlegend falsch lief.
    «Was

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