Meerestochter
Hals und glitt mit den Fingern hinein, strich über seine Schlüsselbeine.
Adrian bekam eine Gänsehaut. «Mag sein», brummte er.
Sie neigte sich dicht an sein Ohr. «Probier’s aus», flüsterte sie.
Er wandte sich ihr zu und strich langsam über ihren langen, weißen Hals.
Genießerisch schloss sie die Augen.
Er spürte die Weiche ihrer Haut unter seinen Fingern, folgte den kleinen Mulden, den Erhebungen, glitt sacht mit den Fingerkuppen über ihre Kehle. Einen Moment lang wusste er selber nicht, ob er sie liebkosen oder zudrücken wollte. Er küsste ihre geschlossenen Augenlider. «Hast du keine Angst, so allein mit einem Mörder?», fragte er.
Sie öffnete die Augen nicht, lächelte nur und ließ es zu, dass er mit den Fingern ihre Mundwinkel entlangfuhr. «Du weißt doch, dass meine Lebensversicherung beim Notar liegt», sagte sie leise. «Und außerdem bist du kein Mörder.»
«Bin ich nicht?», fragte er und biss sacht in ihre helle Haut.
Statt einer Antwort lachte sie nur heiser.
«Du Miststück», murmelte er und grub seine Nägel in ihre weichen Schultern.
Sie wand sich wohlig unter seinem Griff. «Du bist etwas viel Besseres als ein Mörder, Adrian», hauchte sie in sein Ohr, ehe sie in sein Ohrläppchen biss.
«Ach ja?» Es interessierte ihn nur noch halb, was sie zu sagen hatte. Er drückte sie gegen eine Wand und schob mit beiden Händen ihren Rock hoch.
Sie half ihm dabei und kam ihm entgegen, als er ihre Schenkel packte und sie hochhob. Adrian stöhnte laut, als er in sie eindrang. Sie krallte sich an seinem Rücken fest, die Füße in den hochhackigen goldenen Sandalen, auf denen das Lampenlicht funkelte, fest verschränkt. Der Rest ihrer ineinander verschlungenen Gestalten lag im Schatten.
«Ja», keuchte sie irgendwann. «Viel besser. Du bist erpressbar. Oh, ja», sie seufzte, als er fester in sie stieß. «Ach, Adrian.»
Eine letzte verirrte Katze rannte eilig an ihnen vorbei. Dann waren die Gassen leer.
«Ich glaube es einfach nicht.» Rose rang um Fassung. «Christy, wir haben den Mann in einen Schrank gesperrt.»
«Ist das ein Problem?», fragte die Nixe. Sie war mit ihren Gedanken woanders, sie musste jetzt nachdenken.
«Ob das ein Problem ist? Mal abgesehen von der Hygiene, von nebensächlichen Aspekten wie der Atemluft und der Versorgung mit Wasser und Nahrung? Und einem kleinen juristischen Dilemma? Ja.» Rose holte tief Atem. «Man sperrt Pathologen nicht in Schränke, Christy. Das tut man einfach nicht. Die Leute haben dafür kein Verständnis.»
Ondra zuckte mit den Schultern. «Vielleicht können wir uns ja vorstellen, er wäre jemand, den man in einen Schrank sperren
darf?
», schlug sie ernsthaft vor. «Oder wir sagen es den Leuten einfach nicht.»
«Das hätte ich sowieso vorgeschlagen.» Rose wühlte im Küchenschrank und fand etwas vom Whiskey ihres Schwagers. Sie mochte das Zeug so wenig wie Rum. Aber jetzt schien er ihr angebracht.
«Dann ist es ja gut», stellte Ondra fest. «Was ist das alles hier?» Sie stand vor den Gerätschaften, die Morningstar mitgebracht hatte.
«Lass mal sehen.» Rose trat neben sie. «Also das sind Sachen, die man braucht, um Fingerabdrücke festzustellen. Menschliche Finger haben Papillarleisten, siehst du, und an den Enden sind kleine Änderungen, Minuten, glaube ich …»
«Minutien», klang es dumpf aus dem Schrank. «Und das Pulver ist Graphit.»
«Also ich weiß wirklich nicht …», begann Rose wieder.
Ondra nahm den Pinsel. «Damit streicht er das Pulver auf?»
«Ja, und dann wird der Abdruck sichtbar. Danach muss man ihn noch irgendwie sichern.»
«Klappe halten», rief Ondra zum Schrank, aus dem schon wieder ein Räuspern hörbar wurde.
Rose verschaffte sich einen weiteren Überblick. «Das hier auf dem Papier ist ein Abdruck von Jonas. Er muss ihn damals am Wrack gesichert haben. Ach Gott.» Sie nahm das Papier in die Hand wie eine Reliquie. «Hier hat er wohl versucht, vom Werkzeug unten einen Vergleich zu bekommen. Das ist jedenfalls Jonas’ Hammer, und hier ist das Graphikpulver noch.»
«Gra
phit.
»
Sie überhörten es beide. «Die Tasse hat er wohl auch untersucht.» Sie hob kopfschüttelnd das grau überstäubte Stück hoch. «Ich hoffe, das geht mit Geschirrspülmittel ab.»
«Und das hier?»
«Das?» Rose hob die Brauen. «Oh, das ist Adrians Handy! Wie kommt das denn hierher?»
«Adrians?», hauchte Ondra.
«Ja, sicher, ich erkenne es an dem Aufkleber. Ich habe ihn angebracht, um es von
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