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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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Weile, bis sie, mit veränderter Stimme, weitersprach. «Du denkst, du bist schlau. Aber die Sache hat einen Haken. Du gehst davon aus, dass ich nur Geld will.
Und
dass ich mich vernünftig verhalten werde. Aber vielleicht will ich das ja gar nicht, hm? Schon mal daran gedacht?»
    Adrian fiel blitzartig das T-Shirt eines Studienfreundes ein.
I tried to be reasonable,
stand darauf.
But I didn’t like it.
Auf dem Shirt war das Bild einer missgelaunten Katze zu sehen. Maud wirkte eher wie eine Tigerin vor dem Sprung.
    «Maud, hallo.» Rose kam aus dem Haus. Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. «Wie bemerkenswert, dass Sie uns einmal besuchen kommen.»
    «Tante», fiel Adrian rasch ein, «bitte!»
    Rose ignorierte ihn und lächelte Maud strahlend an. «Ich würde Sie ja gerne hereinbitten.»
    Die Tigerin zeigte kurz die Zähne in einem schlampig gefälschten Lächeln.
    Doch noch ehe sie etwas erwidern konnte, fuhr Rose Ames fort: «Aber ich fürchte, ich kann Sie dafür einfach nicht genügend leiden.»
    Mauds Mund wurde zu einem schmalen Strich. Sie nickte. «Du hörst von mir», sagte sie zu Adrian. Dann rauschte sie davon, so schnell es ihre Stöckelschuhe zuließen.
    «Das war vielleicht jetzt nicht so schlau», sagte Adrian, der tief durchatmete und versuchte zu ignorieren, dass seine Hände zitterten.
    «Aber es hat gutgetan», stellte Rose Ames fest.
    «Tante, manchmal bist du beängstigend», sagte Adrian.
    Sie tätschelte ihm die Wange und ging hinein.
    Er hob noch einmal den Kopf, als er den Motor von Mauds Wagen aufheulen hörte. Er fragte sich, wer den Preis für ihre Wut zahlen würde, und fluchte innerlich. Eben noch hatte er das Hochgefühl gespürt, Maud und ihre Intrigen für immer los zu sein. Und jetzt hatte sie es wieder geschafft, ihn an die Kette zu legen. Was hatte sie gesagt? ‹Was, wenn ich mich unvernünftig verhalte?› oder so ähnlich. Ja, fragte Adrian sich: Was, wenn sie die Kette der Polizei übergab, ohne an ihren finanziellen Vorteil zu denken? Wenn sie die Gans eben schlachtete, die ihr keine goldenen Eier legen wollte. Was, wenn sie das Scheißding einfach nur dazu benutzte, ihn zu ruinieren? Einfach so, weil sie es konnte.
    Adrian strich sich über die Oberlippe, wo das erste Drittel eines Dreitagebartes spross. Verdammt, er hätte nicht mit ihr schlafen sollen.
    Adrian hatte ein ganz schlechtes Gefühl im Bauch. Er legte die Hand auf die nackte Haut über seinem Gürtel, als könnte er so seine Angst verjagen. Er wollte sich nicht fürchten. Angst war der schlechteste Ratgeber von allen. Er sollte nicht aus Furcht heraus handeln. Aber konnte er überhaupt irgendetwas tun?
    Sei’s drum, dachte er dann. Vorerst konnte er nichts anderes tun, als seine Sorgen bei der Arbeit wegzuschwitzen. Er packte die nächste Kiste mit Gerümpel, schleppte, bis er keuchte, und wünschte sich, er könnte seine Probleme ebenso entsorgen. Er schuftete, bis seine Tante ihn zum Essen hereinrief. Es gab Fischauflauf und grüne Bohnen.
    «Und: nein», sagte Rose, während sie ihm auftat. «Sie hat nicht angerufen.»
    Missmutig stocherte Adrian in dem halbgaren Grünzeug. «Ich finde es nicht richtig, dass du mir verschweigst, wo sie ist», sagte er. «Und auch das mit dem Warten ist Quatsch. Was, wenn sie sich nicht meldet?»
    Rose musste ihm da insgeheim recht geben. Es war unwahrscheinlich, dass Christy anrief. Schließlich konnte sie gar nicht mit einem Telefon umgehen. Sie fand es aber richtig, dass ihr Neffe noch ein wenig im eigenen Saft schmorte. Erst die große Liebe, dann Hopp-Adieu und jetzt wieder die unbezähmbare Leidenschaft, das war nicht die feine englische Art.
    «Woher soll sie denn wissen, dass ich sie liebe, wenn ich es ihr nicht sagen kann?»
    «Keine Sorge, ich hab’s ihr gesagt.» Rose fischte die restlichen Kartoffeln aus dem Topf.
    «Na, ganz großartig, Tante, du begreifst nicht …»
    «Und was wollte Maud schon wieder hier?»
    Bei dieser Frage verging Adrian endgültig der Appetit. «Du enthältst mir meine Eltern vor, du verschweigst mir mein Vermögen. Und jetzt nimmst du mir Christy!» Er sprang auf. «Sie ist bei irgendeinem Kerl, und ich weiß nicht mal, ob es ihr gutgeht.»
    «Es geht ihr sehr gut», versuchte Rose ihn zu beschwichtigen. Aber Adrian schob den Stuhl beiseite und rannte hinaus.
    «Adrian, wo willst du hin? Und das Essen?» Rose fuchtelte mit dem Kochlöffel. «Ach, das verrückte Kind. Es geht ihr gut! Hörst du?»

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36.

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