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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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mich allein wollte. Sein Blick wurde flehend. Bitte, Elodie, das musst du mir glauben. Das Gleiche habe ich auch für Idis getan.
    Ich sah den mittlerweile so vertrauten Ausdruck von Verzweif lung in Gordians Augen, der sich immer dann zeigte, wenn er befürchtete, mir etwas nicht nachvollziehbar erklären zu können. Ein Gefühl der Rührung überkam mich.
    Es tut mir leid, flüsterte ich. Ich bin ein blödes Huhn.
    Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Wenn du ein Huhn wärst, wärst du längst ertrunken , und das wäre wirklich jammerschade. Seine Hände umfassten zärtlich meinen Nacken und seine Daumen stri chen sanft über meine Wangen. Vergiss Kirby, sagte er ernst. Denk einfach nicht mehr über sie nach. Okay?
    Nicht okay, erwiderte ich ebenso ernst. Wenn sie dir so wichtig ist, werde ich …
    Schsch. Gordy schloss seine Arme um mich und verbarg sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Versprich jetzt lieber nichts, was du am Ende womöglich doch nicht halten kannst.
    Ich versuchte mich aus seiner Umarmung zu lösen, damit ich ihm in die Augen sehen konnte, aber Gordian hielt mich so fest umschlungen, dass ich mich kaum rühren konnte.
    Mir ist klar, dass ich einen Fehler gemacht habe, wisperte er. Ich hätte dir längst von Kirby erzählen müssen. Irgendwie habe ich wohl die Gelegenheit verpasst.
    Schon gut, sagte ich leise und vergrub meine Hände in seinen blonden Locken. Ich wollte ihn küssen, doch nun musterte er mich so eindringlich, dass mir angst und bange wurde. Resigniert ließ ich die Hände sinken und wartete mit pochendem Herzen auf seine nächste Reaktion.
    Ich denke, es gibt eine Lösung für dieses Problem, sagte er. Und ich hoffe sehr, dass ich meinen Fehler wiedergutmachen kann.
    Entschlossen ergriff er meine Hand, drehte sich um und zog mich eilig in Richtung Meeresoberfläche, wo Kirby und Idis be reits ungeduldig auf uns warteten.
    Solch zeitraubendes Liebesgeplänkel können wir uns nicht leisten, fauchte Kirby Gordy an. Aber ich gehe mal davon aus, das ist dir selber klar.
    Du hast Elodie nicht gerade freundlich empfangen, erwiderte er. Das hat sie verunsichert.
    Oh, das tut mir leid. Kirby bedachte mich mit einem spöttischen Blick. Dabei liegt es doch auf der Hand, dass ein Hai bei uns nicht gerade willkommen ist.
    Gordy legte seinen Arm eng um meine Schulter. Elodie ist nicht unser Feind. Das weißt du ebenso gut wie ich.
    Um Kirbys Mundwinkel zuckte es. Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen und ihre zuvor aquamarinblaue Iris nahm den Ton von dunklem Lapislazuli an. Gut möglich, dass du dich eines Tages entscheiden musst, zischte sie. Vielleicht sogar schon bald.
    Das habe ich längst, Kirby, sagte Gordy mit fester Stimme.

Wir brauchten einen ganzen Tag, um die Küsten Spaniens und Portugals zu umschwimmen, und noch bevor wir die Ilhas Deser tas erreichten, ging die Sonne zum zweiten Mal unter, und schon bald schien die schmale weiße Sichel des zunehmenden Mondes wieder durch die Wellen der Meeresoberfläche zu uns herab.
    Kirby und Idis jagten nebenbei. Sie fingen Sprotten und Herin ge mit dem Maul ihrer Delfinhülle ein, und ich konnte beobach ten, wie sie die Fische beinahe zärtlich durch ihre menschlichen Finger gleiten ließen, bevor sie ihnen mit einer gezielten, ruckarti gen Handbewegung das Genick brachen. Einmal ließ Kirby sogar einen Hering wieder frei, nachdem sie ihn ausgiebig gestreichelt hatte.
    Ein Versehen, meinte Gordy lächelnd. Offenbar hat er nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass er noch nicht so weit ist.
    Tja, dann werde ich wohl verhungern müssen, gab ich halb bewun dernd, halb frustriert zurück.
    Wirst du nicht, erwiderte Gordian entschieden. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, werde ich für dich sorgen. Er zwinkerte mir zu. Zumindest vorläufig.
    Und das tat er. Keine Ahnung, wie er es hinbekam, aber er töte te haargenau so viele Fische für mich, wie ich brauchte, um mich satt und stark zu fühlen.
    Dennoch wurde ich mit jedem Kilometer, den wir uns von mei ner Heimat entfernten, schwermütiger, und mit einem Mal überfiel mich eine tiefe Sehnsucht nach Mam. Ich hätte niemals einfach aus Lübeck verschwinden dürfen, ohne ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Ganz sicher hatte sie inzwischen Tante Grace alarmiert und die hatte wahrscheinlich längst Ruby aufgeschreckt.
    Die Vorstellung, dass all diese Menschen sich nun schrecklich um mich sorgten, quälte mich. Am liebsten hätte ich auf der Stelle kehrtgemacht, aber dann hätte

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