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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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ich Gordian zurücklassen müssen, und das brachte ich noch weniger übers Herz.
    Wie weit ist es noch?, fragte ich.
    Gordy berührte sanft meinen Arm. Bist du erschöpft?
    Nein. Es ist nur … Ich stockte, aber ich brauchte gar nicht weiter zusprechen, denn er hatte meinen Kummer längst erspürt.
    Du sehnst dich nach deiner Familie und nach Guernsey zurück, stimmt’s?
    Ich nickte. Ilhas Desertas … Das klingt nicht so, als ob diese Inseln bewohnt wären, tastete ich mich vor.
    Gordian musterte mich forschend. Nein. Warum?
    Ich möchte meine Mutter anrufen. Sie weiß doch überhaupt nicht, warum ich so plötzlich von zu Hause verschwunden bin, und ich will auf keinen Fall, dass sie sich um mich ängstigt.
    Du hast recht, das wäre nicht gut. Niemand sollte dich vermissen. Jetzt wirkte auch er bedrückt. Die Hauptinsel ist nur ein paar Kilometer entfernt. Wir könnten die Jagd in den Morgenstunden nutzen und auf Madeira an Land gehen. Ich verspreche dir: Wir werden einen Weg finden.
    Okay. Ich schob meine Hand in seine und drückte sie leicht.
    Kirby und Idis waren ein ganzes Stück vorausgeschwommen, nur an der Strömung, die ihre Flossenschläge verursachten, war auszumachen, wo sie sich befanden. Mir war das sehr recht, es tat gut, mit Gordy allein zu sein und seine Nähe zu genießen. Alles fühlte sich richtig an, wenn wir für uns waren – wenn kein anderer den verbindenden Strom unserer Gedanken durchbrach. Und dennoch: Obwohl oder vielleicht gerade weil die letzten Wochen und Tage, die ich mit meiner Mutter verbracht hatte, eine emotionale Berg- und Talfahrt gewesen waren, vermisste ich sie so sehr, dass mir das Herz schmerzte.
    Und was ist mit deinem Vater? Hast du dich inzwischen von ihm verabschiedet?
    Gordians Frage berührte die wundeste Stelle meiner Seele.
    Er fehlt mir am meisten, Gordy, er fehlt mir so sehr.
    Die Erkenntnis platzte völlig ungebremst in mich hinein und der Schmerz traf mich mit seiner ganzen Wucht. Doch anders als bisher hielt ich ihm stand. Mehr noch, ich sehnte mich geradezu danach, all die Trauer über Pas Unfalltod und die Qual, den die ser unermessliche Verlust für mich bedeutete, endlich zuzulassen.
    Es ist das Meer. Gordian schlang den Arm um meinen Rücken und schob seine Hand unter meine Achsel. Es gibt dir Kraft und es trägt dich … und deinen Schmerz.
    Ich sah ihn an und begriff, wie tief er tatsächlich in mich hi neinschauen konnte – und wie gut er mich verstand.
    Gordy, murmelte ich. Du bist …
    Was?
    … einfach unglaublich.
    Er lachte leise. Und ich dachte schon, du wolltest mir wieder einmal vorwerfen, dass ich mich als Gedankenspion betätige.
    Tja, gab ich grinsend zurück, so gesehen hast du natürlich recht …
    Das Scherzen tat gut. Denn es ließ mich für einen Moment vergessen, dass wir alles andere als heiter oder gar glücklich wa ren. Schreckliche Ereignisse lagen hinter und schwere, unbere chenbare Zeiten vor uns. Noch während ich in Gordians lachende Augen sah, wurde mir genau das schmerzlich bewusst. Ich hatte diesen Gedanken genauso verdrängt wie meine Angst, ohne den Beistand meines Vaters nicht weiterleben zu können – und nicht erkannt, dass ich genau das mittlerweile sogar sehr gut konnte.
    Du weißt doch, so bist du eben … ziemlich schizo … hätte mei ne gute alte Freundin Sina aus Lübeck jetzt wahrscheinlich gesagt, und im Grunde erwartete ich, genau in diesem Moment einen solchen Kommentar von ihr zu empfangen. Aber so sehr ich auch in mich hineinlauschte, Sina schwieg beharrlich. – Als hätte man sie einfach aus meinen Gedanken, meiner Seele, meinem Leben herausgeschnitten.
    Mit einem Mal fühlte ich mich verlassen, entwurzelt und auf eine merkwürdige Weise schwerelos. Nichts und niemand gab mir mehr eine Richtung. Aber gleichzeitig empfand ich auch Gebor genheit, so etwas wie die Überzeugung, dass ich, ganz egal, was geschah, niemals ins Bodenlose stürzen würde.
    Es ist das Meer, wiederholte Gordy und musterte mich noch im mer lächelnd. Wasser hat eine größere Dichte als Luft. Es trägt dich auf eine sehr spezielle Weise.
    Du hast mich hineingezogen, wisperte ich und umschloss sein Ge sicht zärtlich mit den Händen. Und bist meinetwegen an Land gekommen und zum Plonx geworden.
    Dann hat das Meer es wohl so gewollt, flüsterte Gordy. Es hat dafür gesorgt, dass du mir folgst und ich dir.
    Ich dachte an Cecily Windoms schreckliche Prophezeiung und an die vielen Toten. An Lauren, Bethany und auch an Elliot, Liam,

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