Meerjungfrau
Christians alte Adresse in Göteborg geschickt.«
Patrik starrte die Bilder an und legte sie sorgfältig zusammen. Was war ihr denn nun eingefallen? Er musste so bald wie möglich mit seiner Frau reden. Erica war ihm eine Erklärung schuldig. Andererseits konnte er nicht leugnen, eine gewisse Erwartung zu verspüren, als er die Zeichnungen sah. Es wäre nicht das erste Mal, dass Erica über ein entscheidendes Puzzleteil gestolpert war.
»Als Babysitter bist du ja in letzter Zeit ziemlich gefragt.« Dan betrat das Haus von Erica und Patrik. Er hatte Anna auf dem Handy angerufen und war sofort nach Sälvik gefahren, als er erfuhr, wo sie sich aufhielt.
»Ich habe auch keine Ahnung, was Erica treibt, aber vielleicht will ich es auch lieber gar nicht wissen.« Anna watschelte auf Dan zu und hielt ihm das Gesicht hin, damit er ihr einen Kuss gab.
»Haben Erica und Patrik wirklich nichts dagegen, wenn ich mich hier selbst einlade?« Im nächsten Augenblick wurde Dan beinahe von Maja umgerannt, die sich jubelnd in seine Arme stürzte. »Hallo, meine Kleine! Wie geht es meiner SüÃen? Das bist du doch, oder hast du jetzt einen neuen Freund?« Dan machte ein finsteres Gesicht. Maja verschluckte sich vor Lachen und rieb ihre Nase an seiner, was er als Beweis deutete, dass er bei ihr noch immer hoch im Kurs stand.
»Hast du mitbekommen, was passiert ist?« Auf einmal wurde Anna ernst.
»Was denn?« Dan stemmte Maja immer wieder in die Höhe. Bei seiner GröÃe war das zu Majas Entzücken eine ziemlich atemberaubende Reise.
»Wo Erica ist, weià ich nicht, aber Patrik wollte jedenfalls nach Badholmen. Christian Thydell wurde heute Morgen dort erhängt aufgefunden.«
Dan hielt mitten in der Bewegung inne. Maja hing gerade kopfüber von seiner Schulter. Sie hielt das für einen Teil des Spiels und juchzte noch lauter.
»Was sagst du da?« Langsam lieà er Maja auf den Teppich gleiten.
»Das ist alles, was Patrik gesagt hat, bevor er losgerast ist. Mehr weià ich auch nicht. Aber Christian ist tot.« Anna kannte Sanna Thydell nicht gut, lief ihr aber hin und wieder über den Weg. In Fjällbacka war das unvermeidlich. Nun sah sie die Gesichter der beiden kleinen Jungen vor sich.
Dan sank schwerfällig auf einen Küchenstuhl. Anna versuchte, die Bilder aus dem Kopf zu bekommen.
»ScheiÃe.« Er starrte aus dem Fenster. »Zuerst Magnus Kjellner und dann Christian. Und Kenneth Bengtsson liegt im Krankenhaus. Patrik hat einiges um die Ohren.«
»Stimmt.« Anna schenkte Maja Saft ein. »Aber jetzt sollten wir über etwas anderes reden.« Es ging ihr unheimlich nahe, wenn anderen Menschen etwas Schlimmes zustieÃ, und die Schwangerschaft schien diese Empfindlichkeit noch verstärkt zu haben. Das Leid anderer konnte sie überhaupt nicht ertragen.
Dan deutete die Zeichen richtig und zog sie an sich. Er schloss die Augen, legte die Hand auf ihren Bauch und spreizte die Finger.
»Bald, mein Liebling. Bald ist er da.«
Anna strahlte. Wenn sie an das Kind dachte, konnte ihr nichts etwas anhaben. Sie liebte Dan wahnsinnig, und seit sich in ihrem Bauch ein kleines Wesen befand, das sie beide vereinte, platzte sie fast vor Glück. Sie strich Dan über den Kopf und murmelte in sein Haar:
»Du musst aufhören, er zu sagen. Ich glaube nämlich, dass wir eine kleine Prinzessin hier drin haben. Die Tritte fühlen sich an wie Ballettsprünge«, neckte sie ihn.
Nach drei Mädchen sehnte sich Dan nach einem Jungen. Gleichzeitig würde er in jedem Fall überglücklich sein. Egal, was kam. Es war schlieÃlich ihr gemeinsames Kind.
Patrik setzte Gösta bei Badholmen ab. Nach kurzem Ãberlegen fuhr er nach Hause. Er wollte mit Erica reden, musste herausfinden, was sie wusste.
Im Haus holte er tief Luft. Anna war noch da, und er wollte sie nicht in den Disput zwischen Erica und ihm hineinziehen. Sie hatte die ärgerliche Angewohnheit, immer zu ihrer Schwester zu halten, und er wollte nicht zwei Frauen im Ring gegenüberstehen. Nachdem er sich bei Anna â und Dan, der offenbar zur Verstärkung angerückt war â bedankt hatte, machte er deutlich, dass er mit Erica allein sein wollte. Anna bemerkte den Wink und zog Dan mit sich, obwohl Maja ihn zuerst nicht gehen lassen wollte.
»Ich nehme an, Maja geht heute nicht mehr in den Kindergarten«, trällerte Erica nach
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