Meerjungfrau
darauf steht alles, was du brauchst.«
»Ich bin gleich wieder da.« Annika stand auf.
»Sollten wir uns nicht noch einmal mit Kenneth unterhalten? Jetzt, wo Christian tot ist, redet er vielleicht doch«, sagte Martin.
»Gute Idee. Dann haben wir mit anderen Worten folgende Dinge zu erledigen: mit Kenneth reden und Christians Haus gründlich durchsuchen. AuÃerdem müssen wir Christians Vergangenheit bis ins kleinste Detail überprüfen. Gösta und Martin, redet ihr mit Kenneth?« Sie nickten, und Patrik wandte sich an Paula. »Dann fahren wir beide zu Christian nach Hause. Wenn wir etwas Interessantes entdecken, rufen wir die Kriminaltechniker.«
»Gut«, sagte sie.
»Mellberg, du hältst dich für eventuelle Anfragen der Presse bereit«, fuhr Patrik fort. »Und Annika wühlt weiter in Christians Vergangenheit. Nun haben wir ja eine Reihe von Anhaltspunkten.«
»Mehr, als du denkst.« Annika stand in der Tür.
»Hast du was gefunden?«, fragte Patrik.
»Und ob.« Aufgeregt sah sie ihre Kollegen an. »Zwei Jahre nachdem Lissanders Christian aufgenommen hatten, bekamen sie ein Kind. Er hat eine Schwester. Alice Lissander.«
»Louise?«, rief er laut vom Flur aus. Hatte er wirklich Glück, und sie war nicht zu Hause? In dem Fall brauchte er nicht nach vorgeschobenen Gründen zu suchen, sie eine Weile wegzuschicken. Denn er musste packen. Er fühlte sich fiebrig, als lechze er mit seinem ganzen Körper danach, sich endlich abzusetzen.
Alle praktischen Dinge waren erledigt. Morgen war auf seinen Namen ein Flug von Landvetter gebucht. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich eine falsche Identität zuzulegen. Das hätte zu viel Zeit gekostet, und wenn er ehrlich war, wusste er auch gar nicht, wie man so etwas anstellte. Warum sollte ihn jemand an der Abreise hindern? War er erst einmal weg, war es ohnehin zu spät.
Vor den Zimmern der Mädchen zögerte Erik. Er wäre gern hineingegangen, hätte sich umgesehen und Abschied genommen. Doch er konnte sich nicht dazu überwinden. Es war leichter, Scheuklappen anzulegen und sich auf das Notwendige zu konzentrieren.
Er legte den groÃen Koffer auf das Bett. Der stand immer im Keller, und er war längst über alle Berge, bis Louise das Fehlen des Koffers bemerkte. Er würde heute Abend fahren. Was er von Kenneth erfahren hatte, hatte ihn schwer erschüttert, und er wollte nun keine Minute länger bleiben als nötig. Er würde Louise die Nachricht hinterlassen, er habe eine dringende Geschäftsreise antreten müssen, würde dann mit dem Auto nach Landvetter fahren und sich dort ein Hotelzimmer nehmen. Morgen würde er in südlichere Gefilde fliegen. Wo ihn niemand erreichen konnte.
Erik warf ein Kleidungsstück nach dem anderen in den Koffer. Allzu viel konnte er nicht mitnehmen. Wenn Louise die Schubfächer und Schränke leer vorfand, begriff sie sofort, was hier vor sich ging. Er nahm so viel mit, wie er konnte. Dort unten würde er sich dann neue Sachen kaufen. Geld war kein Problem.
Die ganze Zeit horchte er, damit Louise ihn nicht überraschte. Falls sie nach Hause kam, musste er den groÃen Koffer unter das Bett schieben und so tun, als würde er das kleine Bordcase packen, das sie im Schlafzimmer aufbewahrten, weil er es dauernd für seine Geschäftsreisen brauchte.
Einen Augenblick lang hielt er inne. Die Erinnerung, die hochgekommen war, lieà sich nicht mehr einfach verdrängen. Er konnte nicht behaupten, dass ihn das belastete. Jeder machte Fehler, das war menschlich. Es faszinierte ihn jedoch, wie jemand derart zielstrebig vorgehen konnte. Die Sache war doch schon so lange her.
Dann schüttelte er sich. Grübeln brachte ihn auch nicht weiter. Ãbermorgen würde er sich in Sicherheit befinden.
Als sie ihn sahen, strömten die Enten sofort herbei. Inzwischen waren sie gute Freunde. Er blieb hier immer mit einer Tüte altem Brot stehen. Nun scharten sie sich ungeduldig um seine FüÃe.
Ragnar dachte an das Gespräch mit der Polizei und an Christian. Er hätte mehr tun sollen. Das hatte er damals schon gewusst. Sein Leben lang war er ein stummer Zuschauer gewesen, zu schwach zum Eingreifen. Ihr Zuschauer war er gewesen. Von Anfang an. Keinem von ihnen war es gelungen, die eingefahrenen Muster zu durchbrechen.
Iréne war vollkommen von ihrer eigenen Schönheit eingenommen gewesen. Sie
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