Meerjungfrau
und ich solle schon losfahren, falls es mir zu lange dauere. Er könne auch allein zur Arbeit fahren. Dann hat er aufgelegt. Ich habe eine Weile gewartet, und dann habe ich mich auf den Weg gemacht. Das war alles. Ich nehme an, dass sein Tonfall bei mir den Eindruck erweckt hat, bei ihm zu Hause habe es Ãrger gegeben.«
»Wissen Sie, ob es in der Ehe Probleme gab?«
»Ich habe Magnus nie ein schlechtes Wort über Cia sagen hören. Im Gegenteil, es schien bei ihnen auÃerordentlich gutzugehen. Man weià zwar nie genau, was in anderen Familien los ist, aber ich hatte immer das Gefühl, dass Magnus besonders glücklich verheiratet war. Wir haben allerdings nicht viel über solche Dinge geredet. Mehr über Wind und Wetter und schwedischen FuÃball.«
»Würden Sie sagen, dass Sie befreundet waren?«
Rosander zögerte einen Moment. »So würde ich das nicht nennen. Wir waren eine Fahrgemeinschaft und haben uns manchmal beim Mittagessen ein bisschen unterhalten, aber privat hatten wir keinen Kontakt. Eigentlich weià ich gar nicht, warum nicht, denn wir haben uns ganz gut verstanden. Aber jeder hat eben seinen eigenen Bekanntenkreis, und in dieser Hinsicht sind wir oft sehr festgelegt.«
»Er hätte sich Ihnen also nicht anvertraut, wenn er sich von jemandem bedroht gefühlt oder ihn etwas beunruhigt hätte?«, fragte Paula.
»Ich glaube nicht. Andererseits habe ich ihn fünfmal in der Woche getroffen und hätte es wahrscheinlich gemerkt, wenn er Sorgen gehabt hätte. Er war genau wie immer. Gutgelaunt und entspannt. Ein richtig netter Kerl.« Rosander blickte auf seine Hände. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
»Sie waren auÃerordentlich entgegenkommend.« Patrik stand auf und Paula ebenfalls. Sie gaben Rosander die Hand und verabschiedeten sich.
Im Auto gingen sie das Gespräch noch einmal durch.
»Was denkst du?« Paula blickte Patrik von der Seite an.
»Guck auf die StraÃe!« Patrik krallte sich an den Haltegriff an der Beifahrertür, weil Paula in der scharfen Kurve vor Mörhult nur knapp einen Lastwagen verfehlte.
»Hoppla«, entfuhr es Paula, als sie wieder durch die Windschutzscheibe blickte.
»Frauen am Steuer«, brummte Patrik.
Da Paula wusste, dass er die Bemerkung nicht ernst gemeint hatte, ging sie darüber hinweg.
AuÃerdem waren ihr Patriks Fahrkünste bekannt. Dass er einen Führerschein besaÃ, grenzte an ein Wunder.
»Ich glaube, Ulf Rosander hat nicht das Geringste mit der Sache zu tun«, beantwortete Patrik ihre Frage. Paula nickte.
»Das sehe ich genauso. In diesem Punkt ist Mellberg wirklich auf dem Holzweg.«
»Das müssen wir ihm nur noch klarmachen.«
»Es war trotzdem gut, dass wir hingefahren sind. Gösta muss das bei seinem letzten Besuch entgangen sein. Magnus kam nicht grundlos zum ersten Mal in fünf Jahren zu spät. Rosander hatte den Eindruck, er habe sich aufgeregt. Zumindest klang Magnus am Telefon nicht so wie immer. Es ist wohl kein Zufall, dass er am selben Morgen verschwunden ist.«
»Du hast recht. Ich weià nur nicht, wie wir jetzt weitermachen sollen. Cia habe ich auch gefragt, ob an diesem Morgen etwas Ungewöhnliches vorgefallen ist, aber sie verneinte das. Andererseits geht sie ja vor ihm zur Arbeit. Aber was kann in der kurzen Zeit, die er allein zu Hause war, passiert sein?«
»Sind die Verbindungsnachweise überprüft worden?«, fragte Paula, die nun gewissenhaft die Fahrbahn im Blick behielt.
»Mehrmals. An dem Morgen hat niemand bei ihnen angerufen. Auch nicht auf seinem Handy. Und er hat nur Rosanders Nummer gewählt. Danach nichts mehr.«
»Könnte jemand zu ihm nach Hause gekommen sein?«
»Glaube ich nicht.« Patrik schüttelte den Kopf. »Die Nachbarn hatten das Haus vom Frühstückstisch ganz gut im Blick, als Magnus ging. Natürlich könnte unbemerkt jemand geklingelt haben, aber das hielten sie für unwahrscheinlich.«
»Internet?«
Wieder Kopfschütteln. »Cia hat uns erlaubt, den Computer zu durchsuchen, aber wir haben keine interessante E-Mail entdeckt.«
Im Wagen wurde es eine Weile still. Beide waren in Gedanken versunken. Wie konnte Magnus Kjellner eines Tages spurlos verschwinden, um drei Monate später unterm Eis festgefroren wieder aufzutauchen? Was war an diesem Morgen geschehen?
Dummerweise hatte sie
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