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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Fenster, die dann bis März dort blieben, weil sie ihren sanften Schein so liebte. Dieses Jahr hatte ihr jedoch die Kraft gefehlt, und er hatte sich auch nicht dazu aufraffen können.
    Auf Zehenspitzen schlich Kenneth durch den Flur. Es war keine Einbildung gewesen. Hier war es etwas kälter. War die Haustür geöffnet worden? Er griff nach der Klinke. Nicht abgeschlossen. An und für sich nichts Ungewöhnliches, er vergaß öfter, abends die Tür zu verriegeln.
    Sicherheitshalber drehte er den Knauf und versicherte sich, dass die Tür nun fest geschlossen war. Er drehte sich um und wollte wieder ins Bett gehen, doch unter seiner Haut kribbelte es irgendwie. Etwas stimmte nicht. Er blickte zur Küche. Auch dort brannte kein Licht, nur die Straßenlaterne schien herein. Kenneth blinzelte und ging noch ein Stück weiter. Auf dem Küchentisch blitzte etwas Weißes, das vor dem Schlafengehen noch nicht dort gelegen hatte. Er ging weiter. Angst durchzuckte seinen Körper.
    Mitten auf dem Tisch lag ein Brief. Noch ein Brief. Und neben den Umschlag hatte irgendjemand eins ihrer Küchenmesser gelegt. Der Stahl schimmerte im Schein der Straßenbeleuchtung. Kenneth sah sich um. Doch wer immer der Eindringling gewesen war, er hatte sich aus dem Staub gemacht. Nur der Brief und das Messer waren noch da.
    Kenneth wünschte, er würde die Botschaft verstehen.

S ie lächelte ihn an. Ein breites Strahlen, das keine Zähne, sondern nur Zahnfleisch entblößte. Aber er ließ sich nicht hinters Licht führen. Er wusste, was sie wollte. Sie wollte ihm alles nehmen.
    Plötzlich roch er etwas. Diesen eklig süßen Geruch. Damals war er dort gewesen, und nun war er hier. Der Geruch musste von ihr stammen. Er blickte auf den kleinen, nassen, glänzenden Kinderkörper hinab. Alles an ihr widerte ihn an. Der dicke Bauch, der Spalt zwischen ihren Beinen, das dunkle Haar, das sich unregelmäßig über den Hinterkopf verteilte.
    Er legte ihr eine Hand auf den Kopf. Unter der Haut pochte es. Ganz nah und zart. Seine Hand drückte fester, und sie glitt tiefer. Noch lachte sie. Das Wasser bedeckte ihre Beine und spritzte auf, als sie sich mit den Fersen vom Boden abstieß.
    An der Haustür, ganz weit weg, hörte er Vaters Stimme. Sie wurde leiser und lauter und hörte sich nicht an, als ob er bald zurückkommen würde. Unter seiner Handfläche pulsierte es noch immer, und sie begann, leise zu wimmern. Das Lächeln kam und ging, als wäre sie nicht sicher, ob sie traurig oder froh sein sollte. Vielleicht spürte sie durch seine Hand, wie sehr er sie verabscheute, wie abgrundtief er jeden Augenblick hasste, den sie in seiner Nähe verbrachte.
    Ohne sie und das Geschrei wäre es so viel schöner gewesen. Er hätte das Glück in Mutters Augen beim Anblick von Alice nicht zu sehen brauchen, und dass sie sich nicht freute, wenn sie sich zu ihm umdrehte, hätte er auch nicht erfahren. Es war so deutlich. Wenn Mutter den Blick von ihr zu ihm schweifen ließ, schien eine Lampe ausgeknipst zu werden. Das Licht erlosch.
    Wieder horchte er, was Vater machte. Alice schien beschlossen zu haben, noch nicht in Tränen auszubrechen. Er lächelte zurück. Dann legte er ihr vorsichtig den Arm unter den Kopf, als Stütze, wie er es bei Mutter gesehen hatte. Mit der anderen Hand löste er die Halterung, mit der sie in der halb liegenden Position gesichert war. Das war nicht ganz einfach. Ihr Körper war glitschig und bewegte sich die ganze Zeit.
    Schließlich öffnete sich das Gestell. Vorsichtig schob er es zur Seite. Nun ruhte ihr gesamtes Gewicht auf seinem linken Arm. Der ekelerregende süßliche Geruch wurde immer intensiver, angewidert drehte er den Kopf zur Seite. Er spürte ihren bohrenden Blick auf seiner Wange, und ihre Haut berührte nass und schlüpfrig seinen Arm. Er hasste sie, weil sie ihm diesen Geruch ins Gedächtnis rief. Weil sie ihn zwang, sich zu erinnern.
    Sachte zog er den Arm weg und sah sie an. Ihr Kopf fiel rücklings in die Wanne. Kurz bevor er untertauchte, schnappte sie nach Luft, um laut zu schreien, aber da war es schon zu spät. Ihr kleines Gesicht versank. Durch die unruhige Wasseroberfläche starrten ihn ihre Augen an. Sie ruderte mit Armen und Beinen, kam aber nicht hoch, sie war zu klein und zu schwach. Er brauchte ihren Kopf nicht einmal nach unten zu drücken. Der Kopf lag schwer auf dem

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