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Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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bebauen und zu bewahren. Die Erzählung von der Sintflutkatastrophe und dem Neuanfang unter dem Regenbogen zeigt: Als Haushalterinnen und Haushalter ist uns die Erde anvertraut und Gott will sie mit uns erhalten. Dabei dürfen wir kreativ sein, Neues schaffen. Wir sind sozusagen Mitschöpferinnen und Mitschöpfer Gottes. Dennoch gefährden Menschen, was Gott als gut geschaffen hat. Wir sind dabei, den Bund, den Gott in Noah mit uns Menschen geschlossen hat, aufzukündigen.
    Nachhaltigkeit
    Als 1972 die Studie „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht wurden, zog sich der Exekutivausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen zum Gebet in die Kapelle des Ökumenischen Zentrums in Genf zurück. Es gab ein großes Erschrecken: Hatte bis dahin das biblische Wort „Machet euch die Erde untertan“ die Haltung der meisten Menschen und auch Kirchen bestimmt, so wurde nun deutlich, dass der biblische Auftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren, dringlich ist. Es entstand das Programm „For a just, sustainable and participatory society“ – „Für eine gerechte, überlebensfähige und partizipatorische Gesellschaft“. Es war das wohl erste Projekt der Kirchen weltweit, das Nachhaltigkeit in einem ethischen Konzept verankerte. Auf Deutsch wurde „sustainable“ damals noch mit „überlebensfähig“ übersetzt; der bereits im Gerechtigkeitskapitel benannte Begriff „Nachhaltigkeit“ etablierte sich erst wesentlich später. Aber schon damals war klar: Die ökologischen Herausforderungen haben immer auch mit Wirtschaft und sozialer Frage zu tun.
    Das hört sich extrem abstrakt an, ist in der Praxis aber leicht verständlich. Angefangen beim Ei: Wie kann ich ein Ei essen, das ein „glückliches Huhn“ produziert hat, an dem ein Landwirt genügend verdient und das ich mir finanziell leisten kann? Ein Spannungsgebilde, das austariert sein will. In dem Moment, in dem ich im Supermarkt vor dem Regal stehe und zugreife, 10 Eier für 1,49 Euro oder 10 Eier für 2,69 Euro, stehe ich vor einer Nachhaltigkeitsentscheidung. Ja, leider, Bio-Eier aus verantwortbarer Hühnerhaltung machen nur drei Prozent des Marktanteils aus. Aber Menschen, die Eier anbieten, die aus artgerechter Haltung stammen, und solche, die diese Eier kaufen, auch wenn sie mehr kosten, haben dazu beigetragen, dass Käfighaltung in Deutschland vollständig abgeschafft werden wird. Das Argument, dass in anderen Ländern all dies nicht gilt und immer mehr Eier importiert werden, wirkt schal, finde ich. Bei uns gelten die Menschenrechte auch dann, wenn sie woanders nicht in Kraft gesetzt sind.
    Bei alldem macht die soziale Komponente nachdenklich: Wer arm ist, wird die billigeren Eier kaufen müssen.
    Atomkraft
    Ein anderes Beispiel für das Ringen um Schöpfungsbewahrung ist Gorleben. 1977 wurde der kleine Ort in der Nähe von Dannenberg als Standort für ein „Nukleares Entsorgungszentrum“ benannt. Wie sollen wir handeln? Die einen sagten, der Salzstock sei als Endlager geeignet. Die anderen sagten, das sei keinesfalls so. Die Menschen vor Ort haben bis heute Angst davor, in der Nähe eines Endlagers zu leben. Viele Jahre lang wurden Gorleben-Gegner diffamiert. Der Protest gegen die Castortransporte wurde geradezu kriminalisiert. Das ist die soziale Komponente.
    Die ökologische Komponente besagt: Seit 1983 werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle und seit 1996 hochradioaktiver Müll in sogenannten Castorbehältern dorthin transportiert und zwischengelagert, obwohl immer wieder Zweifel daran geäußert wurden, dass der Salzstock dort tatsächlich eine sichere Endlagerung gewährleisten würde. Natürlich gibt es ökonomische Interessen: 1,6 Milliarden Euro wurden inzwischen in Gorleben verbaut 66 ; die Kosten für die mühevollen Transporte von Atommüll dorthin auf Schiene und Straße wurden allein für den 13. und letzten Transport mit hochradioaktivem deutschem Müll aus französischer Wiederaufbereitung auf 33,5 Millionen Euro geschätzt. 67
    Der so fantasievolle, aber auch kritisierte und missachtete Widerstand der „bäuerlichen Notgemeinschaft“ und anderer Gruppierungen hat langfristig Früchte getragen. Nach neuesten Informationen will die Bundesregierung den Salzstock dort nicht weiter e rkunden; die Arbeiten sollten beendet werden. 68 Ich habe bei Besuchen in der Region und einmal auch bei einem Gottesdienst mit Anwohnern, Polizisten und Demonstranten, während auf die Ankunft eines Castortransportes gewartet wurde, erlebt, was das

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