Mehr als nur ein sinnlicher Traum?
betrachtete ihn – zum ersten Mal in ihrem Leben – richtig. Sein Körper in der schwarzen Jeans und dem schwarzen T-Shirt wirkte kräftig und muskulös. Zu seinem sonnengebräunten Teint passten die dunklen Haare und glänzenden Augen. Die entschlossene Kinnlinie und die hohen Wangenknochen verliehen seinem Gesicht eine edle Ausstrahlung. Ja, er war ein sehr attraktiver Mann. „Und du siehst gut aus.“
Erschrocken stellte Amy fest, wie sie bei ihren Worten rot wurde.
„Charmant. Beliebt. Gut aussehend“, wiederholte Heath missbilligend. „Nach einem guten Charakter hört sich das wahrhaftig nicht an.“
Sie hatte ihn verärgert. „Ich wollte dich nicht verletzen.“
„Halb so wild. Du bist sonst immer so höflich und taktvoll. Jetzt weiß ich, was du wirklich von mir hältst.“
„Du verstehst mich völlig falsch …“
„Weißt du, Amy, es war sehr viel Arbeit, Chosen Valley zu neuem Glanz zu verhelfen, nachdem dein Vater das Gut so heruntergewirtschaftet hatte. Ich habe massenweise neue Rebstöcke gesetzt – viele davon mit meinen eigenen Händen. Wochen und Monate war ich fast rund um die Uhr damit beschäftigt.“ Nach kurzem Zögern fuhr er fort: „Wenn wir uns lange Zeit nicht gesehen haben, dann nicht, weil ich von einer Party zur nächsten unterwegs war, sondern einfach nur, weil ich zu tun hatte.“
Wollte er ihr einfach nur erklären, dass ihr Eindruck von ihm falsch war? Oder war es ein Seitenhieb auf die exklusive und kostspielige Art, mit der Roland ihr den Hof gemacht hatte?
Fragend betrachtete sie ihn, doch sie wusste nicht, was er dachte. Sie griff nach dem goldenen Medaillon, das sie um den Hals trug. „Du weißt ja, Vater hat es nie zugelassen, dass ich mich um geschäftliche Dinge kümmere.“ Er wollte, dass sie das Leben einer wahren Lady führte: Literatur. Shopping. Soziales Engagement. „Aber das Gut kann in keinem so schlechten Zustand gewesen sein. Vater sagte immer …“
„Es war bankrott.“
Auch wenn er nichts weiter sagte, an seinen fest aufeinandergepressten Lippen erkannte sie, dass es die Wahrheit war. Gedankenverloren blickte sie auf die See hinaus, die heute ruhiger war als sonst. Möwen flogen kreischend über den Strand hinweg. Vor Amys geistigem Auge tauchte der Bankangestellte auf, den sie damals um einen Kredit gebeten hatte, um auf Chosen Valley eine Frühstückspension einrichten zu können, mit der sie ihren Vater unterstützen wollte. Doch ihr Antrag wurde abgelehnt, mit der Begründung, dass die Bank ohne einen Bürgen keinen Cent mehr in das Weingut stecken würde.
Und dann war Heath gekommen mit seinem Vorschlag, das Gut mit allem Drum und Dran zu kaufen – und hatte ohne Weiteres die Zusage der Bank bekommen. Amy hatte gar keine Chance bekommen, ihrem Vater zu helfen. Insgeheim gab sie Heath die Schuld daran, obwohl sie wusste, dass dieser Gedanke vollkommen irrational war.
Schließlich sagte sie leise: „Dass es nicht zum Besten stand, wusste ich, aber dass es so schlimm war …“
„Du hast wohl gedacht, ich hätte ein gutes Geschäft gemacht? So war es nicht. Im Gegenteil, ich habe sogar mehr bezahlt …“ Abrupt verstummte Heath – er hatte schon zu viel gesagt.
„Mit meiner jetzigen Erfahrung könnte ich Dad weitaus besser helfen. Durch meine Arbeit auf Saxon’s Folly habe ich so viel gelernt.“ Und das hatte sie ihm zu verdanken. Leise fügte sie hinzu: „Danke, Heath.“
„Du brauchst dich nicht bei mir zu bedanken“, stieß er hervor. Kleinlaut sagte Amy: „Okay, tut mir leid.“
„Ach, Amy.“ Er schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er nicht mehr so ärgerlich aus. „Ich bin doch gar nicht auf dich wütend, sondern auf mich selbst.“
„Warum denn das?“
„Für das Durcheinander, das ich ausgelöst habe.“
„Wie meinst du das? Dein Leben ist doch nicht durcheinander, du hast doch alles, was du dir wünscht.“
„Als Teenager habe ich immer nur Ärger gemacht. Zu meinem Vater habe ich deshalb keine gute Beziehung, und ich weiß, wie sehr meine Mutter das belastet.“
„Aber sie lieben dich.“
Er ignorierte ihren Einwurf. „Und Rafael habe ich am Anfang auch alles andere als gut behandelt. Ich wollte einfach nicht glauben, dass er wirklich mein Halbbruder ist.“
„Er hätte ja auch ein Betrüger sein können.“
„Danke, dass du das sagst.“ Ein zaghaftes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Und Roland gegenüber war ich immer viel zu kritisch.“
Der letzte
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