Mehr als nur Traeume
zusammengerollt auf einem Strohballen. Sie weinte wieder einmal.
»Nun, Madam«, sagte er. »Ihr habt mich aus einem warmen Bett hierhergerufen. Was verlangt Ihr diesmal von mir?«
»Gehen Sie weg«, schluchzte sie. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
Sein Zorn verließ ihn. Ihre Zähne klapperten heftig aufeinander, und sie fror offensichtlich sehr. Er bückte sich und hob sie auf seine Arme. »Ich weiß nicht, wer von uns beiden hilfloser ist - Ihr oder ich.«
»Lassen Sie mich los«, sagte sie; aber sie wehrte sich nicht allzu heftig. Ihr Schluchzen wurde lauter. »Ich konnte nirgends eine Bleibe für die Nacht finden. Alles hier in England ist so teuer, und ich weiß nicht, wo Robert ist. Ich werde Elizabeth anrufen müssen, und sie wird mich auslachen.«
Er legte sie sich über die Schulter, als er sich wieder über den Zaun schwang, und überquerte dann das Feld. Sie hörte nicht auf zu weinen, als sie ihm die Arme um den Hals legte. »Ich gehöre nirgendwo hin. Meine Familie ist perfekt; aber ich bin es nicht. Alle Frauen in meiner Familie sind mit wunderbaren Männern verheiratet; aber mir gelingt es nicht einmal, einen wunderbaren Mann kennenzulernen. Robert war ein großartiger Fang; aber ich konnte ihn nicht festhalten. Oh, Nick, was soll ich nur tun?«
»Zunächst, Madam, solltet ihr mich nicht Nick nennen. Ihr könnt mich Colin rufen, wenn Ihr das müßt; aber nicht Nick. Da es uns offenbar bestimmt war, uns kennenzulernen, sollte ich auch Euren Namen wissen. Wie heißt Ihr?«
»Dougless«, sagte sie, sich an ihn klammernd. »Dougless Montgomery.«
»Ah, ein guter, vernünftiger Name.«
»Ich bin nach Dougless Sheffield genannt, die das illegitime Kind des Grafen von Leicester unter dem Herzen trug.«
Nicholas blieb stehen. »Sie trug was?«
»Das Kind des Grafen von Leicester unter dem Herzen.«
Er setzte sie auf den Boden ab und funkelte sie an, während ihnen beiden das Regenwasser über das Gesicht lief. »Und wer ist der Graf von Leicester?«
»Robert Dudley - der Liebhaber von Königin Elizabeth.«
Nicholas’ Gesicht verfärbte sich vor Zorn, als er sich von ihr wegdrehte und davonstampfte. »Die Dudleys sind Verräter und wurden geköpft. Alle. Und Königin Elizabeth soll den König von Spanien heiraten.«
»Nun, das wird sie nicht tun«, rief Dougless, rannte ihm nach und schrie dann vor Schmerz auf, als ihr Knöchel umknickte und sie der Länge nach auf den Boden hinschlug, wobei sie sich Knie und Hände aufscharrte.
Nicholas kam zu ihr zurück. »Frau, Ihr macht einem verdammt viel Ärger«, sagte er und hob sie wieder auf seine Arme.
Sie wollte wieder etwas sagen; aber er gebot ihr, still zu sein, und sie gehorchte.
Er trug sie zurück zu dem Haus, wo er ein Zimmer gemietet hatte, und als er die Vordertür aufstieß, sah er seine Herbergswirtin in einem Sessel sitzen und auf ihn warten.
»Da sind Sie ja«, sagte sie. »Ich hörte Sie Weggehen und wußte sofort, daß etwas nicht stimmen könne. Oh, ihr Armen! Ihr seht ja schrecklich aus. Bringen Sie sie nach oben und machen Sie ihr erst einmal ein hübsches, warmes Bad.«
Nicholas folgte der Frau die Treppe hinauf, Dougless wieder auf den Armen tragend, ohne ihr mehr als unbedingt nötig Beachtung zu schenken, und kam nun in einen Raum, den er noch nicht gesehen hatte. Er war mit seltsamen tönernen Gefäßen ausgestattet, von denen eines eine Badewanne war. Doch er sah keine Wassereimer im Raum.
Er hätte seine Last fast zu Boden fallen lassen, als die Herbergswirtin an einem Knauf drehte und Wasser herauskam. Ein Wasserfall mitten in einem Haus!
»Es wird gleich heiß werden. Ziehen Sie sie aus und legen Sie sie in die Badewanne. Ich besorge inzwischen frische Badetücher. Sie sehen mir auch so aus, als könnten Sie ein heißes Bad gut gebrauchen.« Sie verließ den Raum.
Nicholas blickte interessiert auf Dougless hinunter.
»Machen Sie sich bloß keine warmen Gedanken«, warnte ihn Dougless. »Sie verschwinden so lange, bis ich gebadet habe.«
Er setzte sie ab und blickte sich um. »Was ist das für ein Zimmer?«
»Ein Badezimmer.«
»Ich sehe die Badewanne; aber was ist das? Und das da?«
Dougless verkniff sich die Frage, was er denn benutzt hatte, wenn er nicht wußte, was eine Toilette war. Er mußte wirklich sehr, sehr hart studiert haben, wenn er sich an so grundlegende Dinge nicht mehr erinnern konnte. Sie zeigte ihm, wie man das Waschbecken und die Hähne darüber benützte und dann die Funktionsweise einer
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