Mehr als nur Traeume
Ich kann mich darin weder bücken noch hocken. Hier, das.« Er schob die Hände in die Hosentaschen. »Ich kann darin nichts tragen. Und heute nacht fror ich im Regen darin und ...«
»Aber heute sind sie angenehm kühl«, sagte sie lächelnd.
»Und das.« Er zog vorne den Stoff auseinander, um ihr den Reißverschluß zu zeigen. »Das kann einen Mann verletzen.«
Dougless begann zu lachen. »Wenn Sie Ihre Unterhose angezogen hätten, statt sie auf dem Bett liegenzulassen, würde Ihnen der Reißverschluß möglicherweise nicht weh tun.«
»Unterhose? Was ist das?«
»Das mit dem elastischen Band. Erinnern Sie sich?«
»Ah, ja«, sagte er und begann ebenfalls zu lächeln.
Dougless dachte plötzlich: Was muß ich noch alles tun? Wieder ein bißchen weinen? Sechs ihrer Freundinnen hatten sie zu einem Dinner ausgeführt, um ihr alles Gute zu wünschen, ehe sie ihre romantische fünfwöchige Urlaubsreise antrat. Doch hier saß sie nun und wollte schon nach fünf Tagen wieder nach Hause fliegen.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Würde sie lieber noch viereinhalb Wochen mit Robert und Gloria verbringen oder diesem Mann bei der Nachforschung in einer Angelegenheit helfen, die vielleicht sein vergangenes Leben betraf oder auch nicht? Sein Anliegen erinnerte sie an eine Gespenstergeschichte, in der die Heldin in eine Bibliothek geht und dort in einem Buch etwas über einen Huch liest, der auf dem Haus lastet, das sie sich für die Sommerferien gemietet hatte.
»Ja«, hörte sie sich sagen, »ich werde Ihnen helfen.«
Nicholas setzte sich neben sie, nahm ihre Hand in die seine und drückte dann einen glühenden Kuß auf ihren Handrücken. »Ihr seid im Grunde Eures Herzens eine Lady.«
Sie lächelte auf seinen Scheitel hinunter, doch dann verging ihr plötzlich das Lächeln. »Im Grunde meines Herzens? Sie meinen, in jeder anderen Beziehung nicht?«
Er zuckte ein wenig mit den Achseln. »Wer kann schon ergründen, warum Gott mich mit einer Frau aus gewöhnlichem Stand zusammenspannte?«
»Wie? Sie unversch . . .« begann sie. Ihr lag die Antwort auf der Zunge, daß ihr Onkel der König von Lanconia sei und sie als Kind häufig den Sommer damit verbrachte, mit ihren sechs Kusinen und Vettern zu spielen - den Prinzen und Prinzessinnen. Aber etwas hielt sie von so einer Antwort ab. Mochte er doch denken, was er wollte. »Sollte ich Sie vielleicht mit Eure Lordschaft anreden?« fragte sie anzüglich.
Nicholas runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich habe diese Frage bereits bedacht. Ich kann mich jetzt bewegen, ohne mich einer Gefahr auszusetzen. Diese Kleider sehen aus wie alle anderen auch. Ich kann Eure Gesetze, den übermäßigen Kleideraufwand betreffend, nicht verstehen. Ich muß mir ein Gefolge zulegen; doch hier kostet ein Hemd so viel wie ein Jahreslohn für einen Gefolgsmann. Ich verstehe Eure Gebräuche nicht. Öfters mache ich mich .. .« Er blickte zur Seite. »Ich mache mich zum Narren.«
»Oh — das passiert mir auch, und ich bin in diesem Jahrhundert aufgewachsen.«
»Aber Ihr seid eine Frau.«
»Eines wollen wir hier mal gleich festhalten: In diesem Jahrhundert sind die Frauen nicht die Sklavinneri der Männer. Wir Frauen sagen, was wir wollen, und wir tun, was wir wollen. Wir sind nicht ausschließlich zu eurem Vergnügen auf die Welt gekommen.«
Langsam drehte ihr Nicholas das Gesicht zu und blickte sie an. »Ist es das, was man heute glaubt? Daß die Frauen in meiner Zeit lediglich zum Vergnügen der Männer auf der Welt waren?«
»Gehorsam, gefügig, irgendwo auf einer Burg eingesperrt, ständig schwanger, ohne Erlaubnis, eine Schule zu besuchen.«
Nicholas begann zu lachen. »Ich werde das meiner Mutter erzählen. Meine Mutter, die drei Ehemänner begraben hat. König Heinrich sagte, die Gatten meiner Mutter hätten sich ins Grab gewünscht, weil sie nicht halb so mannhaft waren wie sie. Gefügig? Nein, Lady, keineswegs gefügig. Keine Schulbildung? Meine Mutter spricht vier Sprachen und führt mit Gelehrten philosophische Streitgespräche.«
»Dann ist Ihre Mutter eine Ausnahme. Ich bin sicher, die meisten Frauen sind - waren - unterjocht und der Willkür ihrer Männer ausgeliefert.«
Er blickte sie durchbohrend an. »Und die Männer sind heute durchwegs nobel gesinnt? Sie lassen keine Frau hilflos in der Fremde zurück und liefern sie den Elementen aus?«
Dougless drehte sich errötend von ihm weg. Vielleicht war das nicht eine so günstige Zeit, mit ihm darüber zu diskutieren.
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