Mehr als nur Traeume
ihrem Unterricht in der Schule, daß bis vor kurzem die Leute noch alle Konserven, Mittel und Gegenstände des täglichen Gebrauchs selbst hergestellt hatten.
»Das ist eine Substanz, mit der man sich die Haare wäscht.« Sie öffnete eine Flasche Shampoo, das ein Papaya-Aroma verströmte. »Riechen Sie mal.«
Nicholas hielt die Nase darüber und lächelte sie entzückt an.
»Gurkenmilch«, sagte sie, eine andere Flasche öffnend. »Und das ist eine nach Erdbeeren riechende Zahnpasta.« Danach zeigte sie ihm die Rasierwasser — Flaschen. »Sie denken wohl nicht daran, sich das da wegzurasieren, wie?«
Nicholas fuhr sich mit der Hand über den Bart. »Ich habe bisher noch keinen Mann mit Bart gesehen.«
»Es gibt einige; aber Bart ist nicht gerade die herrschende Mode.«
»Dann werde ich zu einem Barbier gehen und ihn mir abnehmen lassen.« Er hielt inne. »Es existierten doch in dieser Zeit noch Barbiere, oder?«
»Ja, es gibt sie noch.«
»Und der Barbier ist auch derjenige, der mir Silber in meinen wehen Zahn einsetzen soll?«
Dougless lachte. »Keineswegs. Barbiere und Dentisten sind heutzutage vollkommen voneinander getrennt. Suchen Sie sich ein Rasierwasser aus, während ich inzwischen für Sie Rasierkrem und Rasierklingen besorge.« Sie nahm einen Einkaufskorb und füllte ihn mit Shampoo, Gesichtswasser, Kämmen, Zahnbürsten, Haarspray und einem kleinen Reisenecessaire mit elektrischen Lockenwicklern. Sie betrachtete gerade vergnügt die Kollektionen von Schminkutensilien, als sie ein Geräusch hinter sich hörte. Nicholas versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Als sie um die Ecke herumbog, sah sie, daß er eine Tube mit Zahnpasta geöffnet und diese über das Regal und sich selbst ausgedrückt hatte.
»Ich wollte nur daran riechen«, sagte er steif, und Dougless spürte, wie peinlich ihm diese Panne war.
Sie nahm eine Schachtel mit Papiertüchern aus dem Regal, öffnete sie, nahm eine Handvoll Tücher heraus und begann die Regalbretter und sein Hemd damit zu reinigen.
Er nahm eines der dünnen Tücher aus der Schachtel. »Das ist Papier«, sagte er mit zugleich verwunderter und ehrfürchtiger Stimme. »Hört auf damit! Ihr könnt doch nicht so viel Papier verschwenden. Es ist zu kostbar, und dieses ist noch nie zuvor gebraucht worden.«
Dougless verstand nicht, wovon er überhaupt redete. »Man verwendet so ein Tuch nur einmal und wirft es dann weg.«
»Ist Euer Jahrhundert denn so reich?«
Dougless hatte immer noch Mühe, ihn zu verstehen; erinnerte sich nun aber daran, daß im sechzehnten Jahrhundert Papier durchweg in Handarbeit hergestellt wurde. »Ich schätze, daß wir reich an Produkten sind«, sagte sie dann, legte die geöffnete Schachtel mit den Papiertüchern in ihren Einkaufskorb und fuhr fort, die Sachen auszusuchen, die sie hier besorgen wollte. Sie kaufte Gesichtskrem, Rasierkrem, Rasierklingen, Deodorant, Waschlappen (denn die englischen Hotels stellten so etwas nicht zur Verfügung) und einen kompletten Satz Kosmetika.
Dann übernahm sie abermals die Kontrolle über Nicholas’ Papiergeld. Er konnte es nicht ertragen, mit anzuhören, was diese Dinge kosteten. »Ich kann mir ein Pferd für den Preis dieser Flasche kaufen«, murmelte er, als sie vorlas, was auf dem Etikett stand. Sie bezahlte an der Kasse und trug eine große Einkaufstüte voller Toilettenartikel aus dem Laden. Nicholas erbot sich nicht, ihr die Tüte abzunehmen.
»Lassen Sie uns diese Sachen ins Hotel bringen«, sagte sie. »Dann können wir ...« Sie brach ab, weil Nicholas jetzt vor dem Schaufenster eines anderen Ladens stand. Gestern hatte er nur Augen für die Straße gehabt, die Autos angegafft, hatte sich hin und wieder gebückt und den Asphalt befühlt und dann wieder Leute angestarrt. Heute bewunderte er die Auslagen der Läden, bestaunte das Glas der Schaufenster, befingerte die Buchstaben der Ladenschilder.
Er betrachtete nun im Schaufenster einer Buchhandlung eine herrliche großformatige illustrierte Ausgabe, die sich mit mittelalterlichen Waffen und Rüstungen befaßte. Daneben lagen Bücher über Heinrich den Achten und Elizabeth die Erste.
»Kommen Sie«, sagte sie lächelnd und zog ihn mit sich in die Buchhandlung hinein. Was sie selbst auch für Sorgen haben mochte - sie vergaß sie rasch, als sie die Freude und das Staunen auf Nicholas’ Gesicht sah, während er ehrfürchtig die Bücher in die Hand nahm. Sie ließ ihre Einkaufstüte bei der Kasse stehen und ging mit ihm durch
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